EXTRUSO - Extreme events in small and medium sized catchments
New monitoring and forecasting approaches for collaborative flood-risk management
Table of contents
Project info
Die kontinuierliche Erwärmung der Atmosphäre durch den Klimawandel führt zu einer Intensivierung des Wasserkreislaufes und damit zu einer erhöhten Variabilität des zukünftigen Klimas. Deshalb muss in Zukunft mit einer höheren Eintrittswahrscheinlichkeit von Starkregenereignissen und den daraus resultierenden hydrologischen Extremereignissen gerechnet werden. Diese in der Regel kleinräumig auftretenden Extreme sind schwierig zu beobachten. Weder das sächsische Niederschlagsmessnetz noch das Pegelmessnetz Sachsen weisen eine ausreichende Messnetzdichte für die Erfassung und Vorhersage solcher Ereignisse auf. Weiterhin sind Daten aus dem Niederschlagsradar mit zu großen Unsicherheiten verbunden, während Satellitenfernerkundung und numerische Wettervorhersagemodelle zu grob aufgelöst sind. So fehlt in Sachsen ein Hochwasserfrühwarnsystem für kleinräumige Extremereignisse. Hier setzt das Projekt EXTRUSO an: Am Beispiel kleiner und mittlerer Einzugsgebiete werden innovative Techniken zur räumlich und zeitlich hochaufgelösten Beobachtung und Simulation kleinräumig auftretender Extremereignisse entwickelt.
Im Rahmen einer Kooperation zwischen den Professuren Hydrologie, Meteorologie, Photogrammetrie und Geoinformatik, werden auf Grundlage anwendungsspezifischer Fernerkundungstechniken, moderner low-cost Sensorik und Geoinformationstechnologien neue Formen operationeller Monitoringsysteme zur effizienten Verdichtung der vorhandenen Beobachtungsnetze erzeugt. Gleichzeitig sollen historische Analysen und prädiktive Modellierung kleinräumiger Extremereignisse mit unterschiedlichen Klimaszenarien helfen, die zu erwartenden Effekte des Klimawandels besser abzuschätzen. Die entstehenden Informationsgrundlagen dienen als Basis zu entwickelnder Frühwarnsysteme und zukünftiger Anpassungsstrategien.
Projektlaufzeit: 07/2016 bis 06/2019
Finanziert durch den Europäischen Sozialfonds für Deutschland
Drei verschiedene, hochwassergefährdete Pilot-Einzugsgebiete mit langen Beobachtungsreihen hydro-meteorologischer Größen werden einerseits durch hochauflösende Messmethoden sowie andererseits durch massiven Einsatz von low-cost Sensoren und kamerabasierten Pegeln aufgerüstet und intensiv bei Starkregenereignissen beobachtet. Die erhobenen einzigartigen Datensätze sind Grundlage für die Parametrisierung, Kalibrierung und Validierung von Modellen zur Vorhersage von hydro-meteorologischen Extremereignissen; die Erstellung von Hintergrundfeldern zur Verbesserung der Radardaten und Identifizierung von Lücken im Messnetz, die durch low-cost Sensoren geschlossen werden können.
Hochaufgelöste Erfassung hydro-meteorologischer Daten
In den Pilot-Einzugsgebieten werden meteorologische Daten durch Klimastationen in hoher zeitlicher Auflösung gemessen. Die Bestimmung der Niederschlagsintensitäten in hoher räumlicher Auflösung gelingt durch die Anwendung neu entwickelter Radaralgorithmen, die Radardaten des DWD und die Niederschlagsmessungen von Bodenstationen kombinieren. Zur Erfassung des Gebietszustandes (Vorfeuchte) werden Verdunstungsmessungen mittels Eddykovarianz-Methode über typischen Landnutzungen im Osterzgebirge genutzt und durch weitere Bodenfeuchteprofile sowie ein mobiles, hochauflösendes hydrologisches Monitoringsystem (u.a. mit ERT) ergänzt. Diese zusätzlichen Daten werden erstmals online in die Ermittlung des Sturzflutrisikos integriert. Die hier zu entwickelnden low-cost Sensoren werden speziell die räumliche Auflösung des Niederschlags bzw. Vorfeuchtemonitoring verbessern.
Multitemporale 3D-Datenerfassung
Durch Kombination photogrammetrischer Verfahren (structure-from-motion, Extraktion von Wasserlinien) sollen Geländemodelle kleiner Einzugsgebiete mit Genauigkeiten im Zentimeterbereich generiert werden. Dazu kommen eine Kamera und ein Kompaktlaserscanner auf einem UAV (unmanned aerial vehicle) und einem UWV (unmanned water vehicle) zum Einsatz. Detaillierte Informationen über die Landnutzung und -bedeckung werden mit Hilfe fernerkundlicher Methoden aus Satellitendaten, geometrisch höchstaufgelösten UAV-Daten sowie weiteren administrativen Geodaten (z.B. ATKIS) erhoben. Das UWV wird zusätzlich mit einer 360°-Kamera zur Umgebungskartierung und einer Unterwasserkamera zur Erfassung der Geometrie und Bedeckung des Gewässergrundes ausgestattet. Eine Veränderungsdetektion auf der Basis von Aufnahmen vor und nach Extremereignissen erlaubt Rückschlüsse auf die Mechanismen in Hydrosystemen.
Entwicklung und Erprobung kamerabasierte Pegel als Ergänzung zu Wasserstands-, Abfluss- und Feuchtemessungen
Durch die automatische Erkennung von Wasserständen in Bildern soll eine räumlichzeitliche Verdichtung von Pegelnetzwerken erfolgen. Dies ist insbesondere für das Monitoring in kleinen Einzugsgebieten relevant, die keine ausreichende Pegelausstattung aufweisen. Hierzu werden aus Aufnahmen von fest installierten Kameras mit einem Telemetriemodul oder von Smartphone-Aufnahmen mit Methoden der Bildverarbeitung Wasserlinien extrahiert, die durch photogrammetrische Verfahren in Wasserstände transformiert werden.
Auswertung historischer hydro-meteorologischer Extremereignisse
Das Projekt kann auf einen bis zu 80-jährigen, geprüften und z.T. durch eigene Messungen ergänzten Bestand der Antragsteller an Niederschlags- und Abflussdaten, Radardaten und Stationsdaten des DWD sowie Pegeldaten der amtlichen Einzugsgebiete des LfULG zurückgreifen. Hinzu kommen Daten dreier Pilot-Einzugsgebiete und mikrometeorologische Daten zur Beschreibung der Vorfeuchte. Aus diesem Datenbestand können Extremereignisse extrahiert werden, die auch historische Hochwasserereignisse im Erzgebirge abdecken. Gleichzeitig werden Eintrittswahrscheinlichkeiten dieser Ereignisse untersucht und für die Einordnung in zukünftige
Klimaverhältnisse vorbereitet.
Die Entwicklung neuer Modelle zur Vorhersage von hydro-meteorologischen Extremereignissen erfolgt auf der Basis einer verbreiterten Informationsgrundlage, die sich neben den verbesserten Beobachtungsdaten auch auf Ergebnisse neuer Verfahren zur Integration von Daten unterschiedlicher Quellen und Qualität sowie Methoden der inversen Modellierung stützt.
Entwicklungsplattform für Vorhersagemodelle kleinräumiger Extremereignisse
Zum Aufbau von Frühwarnsystemen wird eine Bibliothek zur modularen Erstellung von Vorhersagemodellen entwickelt. Die Modellkomponenten beruhen auf analytischen Lösungen hydrologischer Modelle oder Methoden des maschinellen Lernens und sind sehr performant. So lassen sich viele Szenarien für die Unsicherheitsbewertung operativer Kurzfristdurchflussvorhersagen berechnen. Testläufe mit historischen Daten für hochwassergefährdete Gebiete in Sachsen dienen der Validierung. Dabei wird auch untersucht, welcher minimale Umfang an Messdaten operativ erhoben werden muss, um eine zuverlässige operationelle Hochwasservorhersagen mit hydrologischen Modellen zu erzielen. Fehlende Eingangsdaten und Parameter, die zum Betrieb eines Vorhersagemodells benötigt werden, werden durch Methoden der inversen Modellierung ergänzt. Hierbei werden mittels statistischer Verfahren und Optimierungsmethoden, Modelle mit Beobachtungen von simulierten Ergebnisgrößen verknüpft, um aus den vorhandenen Informationsquellen die fehlenden Daten zu erhalten. Die Komplexität der inversen Modellierung verlangt den Einsatz von Höchstleistungsrechnern der TU Dresden.
Entwicklung neuer Methoden zur Informationsgewinnung aus mehreren, verteilten Datenquellen
Es wird ein Werkzeugkasten unterschiedlicher Verfahren zur Datenintegration realisiert (Kombination von Niederschlagsradar- und Stationsdaten, zeitlich-räumliches Downscaling historischer Niederschlagsdaten), der u.a. auf Methoden der Geostatistik und des maschinellen Lernens basiert. Für die Entwicklung der geplanten Informationsinfrastruktur und der Warnsysteme gilt es insbesondere die Unsicherheiten bzw. Unterschiede in der Datenqualität bei der kombinierten Anwendung von Daten aus offiziellen Messnetzen und den durch Bürgerwissenschaftler/innen erhobenen Crowdsourcing-Daten zu beachten. Hier ist es nötig, die Herkunft der Daten und die Historie der angewandten Verarbeitungsschritte zu dokumentieren und bezüglich der zu erwartenden Aussagequalität zu verwerten. Ein weiterer Aspekt soll die Kombination von Messnetzplanung und hydrologischer Modellierung sein, um beispielsweise mittels virtueller Messstrategien (zeitlich, räumlich) einen maximalen Informationsgewinn für die Vorhersage von hydro-meteorologischer Extremereignissen abzuleiten und in den Piloteinzugsgebieten anzuwenden und zu validieren.
Die internetbasierte Informationsinfrastruktur wird aus einer Kollaborationsplattform, die Datenpublikation, -recherche und einfache Analysen der verteilt erhobenen und verwalteten Beobachtungsdaten unterstützt, sowie einem operativen Vorhersagesystem bestehen. Zusätzlich wird die geplante Nutzung von Crowdsourcingstrategien erarbeitet und bewertend begleitet.
Entwicklung einer kollaborativen Informationsinfrastruktur
Grundlage der zu entwickelnden Dienste sind aktuelle Standards (z.B. OpenGIS Sensor Web Enablement) und Internettechnologien. Die entwickelten Konzepte zur Beschreibung von Datenqualität, -herkunft und -unsicherheit werden in der Informationsinfrastruktur prototypisch für den interoperablen Datenaustausch und Anwendungsbeispiele in den Pilotgebieten implementiert. In einer weiteren Ausbaustufe soll diese dann um die aktive Suche nac neuen Inhalten, etwa nach neuem Bildmaterial aus verschiedenen Social-Media-Kanälen Kanälen (z.B. Flickr, Instagram) erweitert werden. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Entwicklung und Erprobung geeigneter low-cost Sensorik, mobiler Apps und serverbasierter Anwendungen für das Crowdsourcing. Unter Nutzung der Prototypen werden Bürger-, Schüler- und Studenten- Workshops organisiert, die einerseits die Rekrutierung und Aktivierung interessierter Nutzer und Datenlieferanten sicherstellen und andererseits der Erprobung und Validierung der Crowdsourcing-Ansätze dienen.
Integration eines Vorhersagesystems für kleinräumige hydro-meteorologische Extremereignisse
Als Teil der Informationsinfrastruktur wird eine Plattform zur modularen Erstellung von Vorhersagemodellen entwickelt, in der neben Messwerten zu Durchfluss und Niederschlag auch Niederschlagsvorhersagen verarbeitet werden können, um möglichst frühzeitig Warnung und Handlungsempfehlungen geben zu können. Testläufe mit historischen Daten für hochwassergefährdete Gebiete in Sachsen dienen der Validierung. Dabei wird auch untersucht, welcher minimale Umfang an Messdaten operativ erhoben werden muss, um eine zuverlässige operationelle Hochwasservorhersagen mit hydrologischen Modellen zu erzielen. Die so entstehende Wissensbasis „Extremereignisse“ wird kontinuierlich erweitert und über entsprechende Dienste in die Informationsinfrastruktur integriert.
Research domains
The Hydrologie deals with the scientific analysis of hydrological processes under consideration of complex interactions between flows of energy and materials in micro- to mesoscale resolution
The Meteorology analyses and models the physical and chemical processes in the atmosphere. It targets a profound process knowledge on the various interconnections and backcoupling effects in the climate system
The Geoinformatics deals with the development and application of integrative methods to describe spatiotemporal phenomena. Interoperability and usability plays a major role in th is context
The Photogrammetry targets the extraction of 3-dimensional information from images. It uses advanced image analysis to automate measurements as well as statistical optimization
News
Im Rahmen der EGU 2017 (23-28. April) in Wien wurden erste Zwischenergebnisse des EXTRUSO Projektes vorgestellt. Dazu gehörten:
- die allgemeine Projektvorstellung (Text, Poster)
- erste Tests zur Bestimmung der initialen Bodenfeuchte am Beispiel des Einzugsgebietes Wernersbach (Text)
- die hydrologische Modellbildung am Beispiel des Einzugsgebietes Große Ohe im Bayerischen Wald (Text)
- eine Analyse der Phasenverschiebung bei der datengetriebenen Hochwasservorhersage (Text)
- die Ermittlung hydrologischer Parameter mittels kamera-basierter low-cost Sensorik (Text)
Die vorgestellten Teilprojekte sind eine wichtige Grundlage für kommende Arbeiten im EXTRUSO Projekt. Auf der nächsten EGU (07-12. April 2019) werden wir auf jeden Fall wieder vor Ort sein, um den Projektfortschritt zu dokumentieren.
Am 9. Mai wurde unser neues unbemanntes Wasserfahrzeug (unmanned water vehicle - UWV) zum ersten Mal zu Wasser gelassen. Als Plattform dient das ferngesteuerte Katamatan HyDrone von Seafloor Systems. Die HyDrone erreicht Höchstgeschwindigkeiten von 20 km/h und kann mit 11,3 kg Sensorik beladen werden.
Die Jungfernfahrt fand auf dem Heidemühlenteich bei Dippoldiswalde, südlich von Dresden statt. Als Sensor war eine 360° Kamera an Bord, die sekündlich Bilder aufgenommen hat (360° Video). Aus den Aufnahmen der Kamera kann mit photogrammetrischen Methoden eine 3D-Punktwolke des Uferbereichs berechnet werden. Das Bild zeig die 3D-Punktwolke des Schleusenbereichs am westlichen Rand des Sees.
Der EXTRUSO Zwischenbericht, Stand Juni 2017, kann hier heruntergeladen werden.
Der EXTRUSO Zwischenbericht, Stand September 2017, kann hier heruntergeladen werden.
Der EXTRUSO Zwischenbericht, Stand Juni 2018, kann hier heruntergeladen werden.