Bachelorarbeit Daniel Mädler
Titel der Arbeit:
Untersuchungen zur photogrammetrischen Erfassung eines Justiergestells für Röntgen-Aufnahmen mit einer Kossel-Kamera
Betreuer:
Dr.-Ing. Danilo Schneider, Dipl.-Math. Stefan Enghardt (Institut für Werkstoffwissenschaften)
Beschreibung:
Aufgabe dieser Bachelorarbeit ist die Vermessung eines Justiergestells, welches für die Referenzierung von Röntgenaufnahmen einer Kossel-Kamera benötigt wird. Mittlerweile wurden auch rein mathematische Ansätze für die Referenzierung der Aufnahmen entwickelt, diese müssen jedoch erst mit Hilfe des Gestells validiert werden. Dafür ist es notwendig die Kreuzungspunkte der durch das Gestell aufgespannten Drähte auf 0,01 mm oder genauer zu vermessen. Zusätzlich soll das Gestell auf zeitliche Stabilität untersucht werden.
Da es sich bei dem Justiergestell scheinbar um ein sehr fragiles Gebilde handelt, wird zunächst eine Aufnahmekonfiguration für eine berührungslose photogrammetrische Erfassung des Gestells konzipiert. So wird ein Referenzfeld erstellt, welches mit Passpunkten (AICON 12-bit Codemarken), deren Näherungswerte bekannt sind, und zusätzlichen unbekannten Punkten (uncodierte Punkte), zur Stabilisierung einer folgenden Ausgleichung, versehen wird. Außerdem sollte für gute Lichtverhältnisse (indirektes, diffuses Licht) gesorgt werden. Dafür können, falls notwendig, auch künstliche Leuchtmittel, wie Scheinwerfer, genutzt werden.
Nachdem der Aufbau erfolgt ist, wird das Justiergestell auf dem Referenzfeld so positioniert, dass möglichst viele Messmarken nicht verdeckt werden. Danach wird eine Kamera mit einem geeigneten Objektiv (z.B. 50 mm Brennweite) ausgestattet und Kameraeinstellungen vorgenommen. Da das Gestell aus der Nähe fotografiert wird, muss die Blendenzahl möglichst hoch eingestellt werden (z.B. 16 oder 22) um eine hohe Schärfentiefe zu erreichen. Außerdem wird der ISO-Wert auf einen kleinen Wert (200 oder 400) gestellt, um ein so rauscharmes Bild wie möglich aufnehmen zu können. Dies hat zur Folge, dass die Aufnahmen dunkel werden, was über die Belichtungszeit (Verschlusszeit; ca. 1/2 sec) korrigiert werden kann. Da Belichtungszeiten notwendig werden, in denen der Aufnehmende zwangsläufig die Aufnahme verwackelt, wird auf ein Stativ zurückgegriffen. Zusätzlich wird ein geringes Selbstauslöseintervall von etwa zwei Sekunden eingestellt, um auch ein Verwackeln durch die Betätigung des Auslösers zu verhindern.
Nachdem alle Einstellungen vorgenommen worden sind folgt die Aufnahme eines Mehrbildverbandes. Dazu wird aus einem schrägen Betrachtungswinkel zunächst das Gestell so fokussiert, dass möglichst alle Drahtkreuzungspunkte annähernd gleich scharf abgebildet werden. Ist die Fokussierung abgeschlossen, darf sie nicht mehr verändert werden, da sich damit auch die innere Orientierung der Kamera ändern würde. Um eine versehentliche Verstellung des Fokus zu vermeiden, kann bspw. ein Klebestreifen über das Fokussierrad geklebt werden. Nun werden etwa acht Aufnahmen aus dem selben Abstand, aber aus unterschiedlichen Richtungen gemacht. Fokussiert wird dabei über den Abstand der Kamera zum Messobjekt. Danach werden mindestens drei Bilder aus einer senkrechten Perspektive aufgenommen, wobei diese jeweils um 90° zueinander verdreht sein sollten. Hier muss das Stativ in der Höhe verstellt werden, um den notwendigen Fokussierabstand zu erreichen. Im Anschluss können noch weitere Aufnahmen, zum Beispiel aus flacheren Aufnahmewinkeln, gemacht werden, sodass ein Bildverband aus ca. 25 Aufnahmen entsteht.
Nachdem der Verband aus Messbildern auf einen Rechner geladen wurde, wird erst einmal jede Aufnahme grob kontrolliert (Verwacklung, Fokus, Licht, etc.). Danach werden die Aufnahmen mit Hilfe von Aicon relativ orientiert, indem codierte und uncodierte Punkte detektiert und Punkten in anderen Bildern zugeordnet werden. Durch eine Bündelblockausgleichung werden 3D-Objektkoordinaten des Referenzfeldes berechnet. Durch die Punktdetektion werden Bildkoordinaten in jedem Bild erfasst und in einer PHC-Datei gespeichert. Aicon bietet mit dem Feature-Messmodul eine Toolbox, mit der sich weitere Punktkoordinaten messen lassen. So werden mit Hilfe des Cursormesstools nun die Bildkoordinaten der Drahtkreuzungspunkte in den aufgenommenen Bildern ermittelt. Wurden alle Bildkoordinaten gemessen, folgt eine weitere Ausgleichung, nach der auch die Objektkoordinaten der Kreuzungspunkte mit ihren Standardabweichungen erhalten werden. Sind die Genauigkeiten an diesem Punkt der Auswertung zufriedenstellend, ist die 3D-Koordinatenbestimmung beendet.
Zur Steigerung der Genauigkeiten der Kreuzungspunkte kann die Bildkoordinatenmessung durch verschiedene Ansätze gesteigert werden (flächenbasierte Ansätze, Hough-Transformation, etc.). Für die Vermessung wird ein least square matching (LSM), welches Genauigkeiten im Subpixelbereich (bis auf 1/50 Pixel) erreichen kann, genommen. Dafür werden die per Cursormessung gemessenen Bildkoordinaten als Näherungswerte genutzt. Für das LSM werden die Bildkoordinatendatei (erweitert um Scherungsparameter für Affintransformation), die Aufnahmen und ein Template aus dem ein Patch ausgeschnitten werden kann gebraucht (Template-Matching). Das Template wird künstlich auf den zu findenden Punkt zugeschnitten (helles Kreuz auf dunklem Grund, eventuell Gaußrauschen) und radiometrisch angepasst. Mit Hilfe der in der PHC-Datei zu findenden Näherungswerte (für Koordinaten und Scherungsparameter) wird das LSM durchgeführt und es werden subpixelgenaue Bildkoordinaten (im Durchschnitt ca. 1/20 Pixel) für die Kreuzungspunkte erhalten.
Die durch das LSM erhaltenen Bildkoordinaten werden wieder in Aicon eingelesen und erneut ausgeglichen. Als Ergebnis erhält man genauere 3D-Objektkoordinaten.
Zusätzlich kann das Gestell auf zeitliche Stabilität getestet werden, indem Objektkoordinaten mehrerer Messepochen miteinander verglichen werden (z.B. Aicon Deformationsmesstool).
Dabei hat sich gezeigt, dass die so ermittelten Koordinaten jedoch nicht als „fest“ angesehen werden können, da es zwischen zwei Messepochen zu Verformungen im hundertstel Millimeterbereich kommt. Die genauen Ursachen müssen noch ermittelt werden. Vermutungen beziehen sich auf Temperaturschwankungen und der damit verbundenen Verformung der verarbeiteten Werkstoffe, oder auf Druckeinwirkungen, entweder durch sein Eigengewicht bei Bewegungen oder den Messenden.