Assessing the value of flexibility options for least-cost decarbonization pathways in sector-coupled energy systems
Inhaltsverzeichnis
- 1. Was ist der Titel Ihrer Dissertation? Wie ist die Idee entstanden, sich in der Promotion gerade mit diesem Thema zu beschäftigen?
- 2. Was sind die zentralen Forschungsfragen, die Sie sich in der Dissertation stellen und mit welchen Methoden versuchen Sie, diese Fragen zu beantworten?
- 3. Was sind die Ihrer Meinung nach spannendsten Ergebnisse Ihrer Forschung?
- 4. Erst kürzlich ist Ihnen eine Veröffentlichung im Journal of Cleaner Production gelungen, die in internationaler Kooperation mit dem Institute for Renewable Energy at the EURAC Research Center (Bolzano, Italy) entstanden ist. Wie ist es zu dieser internationalen Zusammenarbeit gekommen? Waren Sie in Italien, um dort zu forschen?
Steffi Misconel, M.Sc.
https://tu-dresden.de/bu/wirtschaft/bwl/ee2/die-professur/beschaeftigte/steffi-schreiber https://orcid.org/my-orcid?orcid=0000-0003-2005-4316
1. Was ist der Titel Ihrer Dissertation? Wie ist die Idee entstanden, sich in der Promotion gerade mit diesem Thema zu beschäftigen?

Steffi Misonel ist Doktorandin an der Professur für Energiewirtschaft. Sie plant, ihre Dissertation im kommenden Jahr abzuschließen.
Der Titel meiner Dissertation lautet “Assessing the value of flexibility options for least-cost decarbonization pathways in sector-coupled energy systems”. Um eine weitreichende Dekarbonisierung zu erreichen, wird das Energiesystem der Zukunft durch sehr hohe Anteile an Erneuerbaren Energien und einen hohen Elektrifizierungsgrad der nachfrageseitigen Sektoren gekennzeichnet sein. Da die Erzeugung aus wetterabhängigen Erneuerbaren Energien und die Stromnachfrage zeitlich oftmals auseinanderfallen, sind Flexibilitätsoptionen gefragt, welche die Integration der Erneuerbaren Energien ermöglichen und das zeitliche Ungleichgewicht von Stromangebot und -nachfrage ausgleichen.
In meiner Arbeit geht es um die Bestimmung von Dekarbonisierungspfaden für das deutsche und europäische sektorengekoppelte Energiesystem und um die Analyse des Wechselspiels verschiedener Flexibilitätsoptionen (z.B. Energiespeicher, Lastmanagementanwendungen, Power-to-Heat, Power-to-Gas, Elektromobilität etc.) und deren Beitrag zur Dekarbonisierung und Erneuerbarer-Energien-Integration.
Die Idee zur Promotion ist während der Erstellung meiner Masterarbeit entstanden. 2017 hatte ich meine Abschlussarbeit beim regionalen Energieversorger ENSO AG (heute SachsenEnergie AG) im Bereich der Geschäftsfeldentwicklung geschrieben. In der viermonatigen Bearbeitungszeit merkte ich wie dynamisch und vielfältig das Thema ist und wie viele Fragen noch zu klären sind. In meiner Promotion wollte ich mir bewusst Zeit nehmen, um mithilfe von fundierten Methoden der Energiesystemanalyse auf dem Gebiet zu forschen.
2. Was sind die zentralen Forschungsfragen, die Sie sich in der Dissertation stellen und mit welchen Methoden versuchen Sie, diese Fragen zu beantworten?
Ich verfasse eine kumulative Dissertation bestehend aus 6-8 Papieren. Sechs Papiere sind gesetzt, die letzten zwei befinden sich im Bearbeitungsprozess und passen gut in die Storyline. Die Forschungsfragen sind vielfältig und lauten u.a.:
- Which flexibility options facilitate the integration of intermittent renewable energy sources into electricity systems? What is the role of flexibility options in different electricity systems with a focus on Europe and selected countries?
- How does the increasing electrification of the demand side affect the generation adequacy in the electricity sector? Does the potential flexibility provision of battery electric vehicles and heat pumps in combination with heat storage systems help to avoid critical electricity supply situations?
- What is the optimal energy portfolio in a decarbonized power sector with increasing demand-side electrification? What are the trade-offs and interrelations between the different flexibility options?
- What is the potential role of demand response and its impact on the optimal combinations of flexibility options within the decarbonization pathways for the European energy system with 100% renewables and sector coupling?
- What is the marginal CO2 abatement cost curve of the optimal combination of renewables and flexibility options for the decarbonization pathway of the German sector-coupled energy system? What is the impact of vehicle-to-grid on the CO2 abatement potential and costs of renewables and flexibility options?
- What is the impact of different flexibility options on the capacity needs for hydrogen power plants to achieve 100% renewable power generation?
Die Fragen wurden größtenteils mit einem fundamentalen linearen Optimierungsmodell beantwortet, welches in einer Basisversion (ELTRAMOD) an der Professur für Energiewirtschaft der TUD entwickelt wurde und welches ich während meiner Promotion weiterentwickelt und für meine spezifischen Anwendungsfälle angepasst habe. Das Modell ist mithilfe des Software Systems GAMS (General Algebraic Modeling System) formuliert.
3. Was sind die Ihrer Meinung nach spannendsten Ergebnisse Ihrer Forschung?
Das ist wirklich eine schwierige Frage. Im Endeffekt führt jedes der Papiere zu interessanten und aufschlussreichen Erkenntnissen. Die Ergebnisse verschiedener Papiere zeigen entscheidende sektorübergreifende Wechselwirkungen unterschiedlicher Flexibilitätsoptionen und deren Einfluss auf optimale Investitions- und Einsatz-Entscheidungen aus Strommarkt-Perspektive auf.
Eine Analyse ergibt bspw., dass der kostengünstigste Kapazitätsmix maßgeblich vom Einsatz verschiedener Demand-Side-Management-Maßnahmen (DSM) beeinflusst wird. Zusätzlich zu den Wechselwirkungen mit DSM-Anwendungen sind Speicher insbesondere von der sektorübergreifenden Elektrifizierung betroffen. Da ein Anstieg der Stromnachfrage durch nachfrageseitige Elektrifizierung die Häufigkeit niedriger oder negativer Residuallasten verringert, werden auch die Anreize für strommarktbasierte Speichertechnologien reduziert. Von großer Bedeutung für den optimalen Flexibilitätsmix im Stromsystem ist auch der Einsatz von Power-to-X-Technologien. Neben Flexibilitätsoptionen (wie PtX, DSM, Batteriespeicher) sind weiterhin Back-up-Kapazitäten zur Bereitstellung von Systemflexibilität notwendig. Hohe Brennstoff- und CO2-Preise können entscheidende Anreize schaffen, welche die Wettbewerbsfähigkeit kohlenstoffarmer/-neutrale Technologien (z.B. Wasserstoffkraftwerke, Elektrolyseure, Batteriespeicher etc.) erhöhen. Dennoch ermöglicht nur ein ehrgeiziger Ausbau der erneuerbaren Energien eine zusätzliche Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen deutlich zu reduzieren und gleichzeitig den Wert von Speichertechnologien zu erhöhen sowie einen Mix aus verschiedenen Flexibilitätsoptionen in einem sektorübergreifenden Energiesystem zu etablieren. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Mix der installierten Flexibilitätsoptionen im Elektrizitätssektor stark von der Stromnachfrage und der EE-Einspeisung sowie von der Elektrifizierung der nachfrageseitigen Sektoren abhängt.
https://doi.org/10.1007/978-3-030-60914-6_10
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4. Erst kürzlich ist Ihnen eine Veröffentlichung im Journal of Cleaner Production gelungen, die in internationaler Kooperation mit dem Institute for Renewable Energy at the EURAC Research Center (Bolzano, Italy) entstanden ist. Wie ist es zu dieser internationalen Zusammenarbeit gekommen? Waren Sie in Italien, um dort zu forschen?
Im Juli 2021 habe ich einen Forschungsaustausch am EURAC Research Center am Institut für Erneuerbare Energien in Bozen begonnen. Die Kooperation ist durch einen ehemaligen Projektpartner aus den Niederlanden von der Universität Utrecht entstanden, welchen ich in dem EU Horizon Projekt REFLEX kennengelernt habe. Der Kollege erzählte mir, dass er seinen Post-Doc am EURAC Research Center beginnen würde. Das weckte mein Interesse, da das EURAC Institut für Erneuerbare Energien Anfang 2021 eine neue Forschungsgruppe zum Thema Energiesystemmodellierung und Elektromobilität gegründet hatte, was sehr gut zu meiner an der Professur für Energiewirtschaft der TUD erworbenen Expertise passte. Nach meiner Anfrage, ob ein Forschungsaustausch zwischen EURAC und der TUD möglich sei, ging alles ganz schnell. Zusammen mit den EURAC-Kollegen Matteo Prina und Wolfram Sparber sowie mit Hannes Hobbie und Prof. Dominik Möst von der Professur für Energiewirtschaft der TUD haben wir in der Zeit meines Forschungsaustausches zwei Publikationen verfasst (Links zu den Publikationen: https://doi.org/10.1016/j.jclepro.2022.133173 und http://hdl.handle.net/10419/260472)
Auch aus persönlichen Gründen zog es mich nach Italien. Mein Mann ist Italiener und stammt aus der Region Trentino. Die Region Südtirol und Trentino ist wunderschön und lädt zu jeder Jahreszeit zum Verweilen in der Natur ein, sei es zum Wandern oder Skifahren in den Dolomiten. Von daher war die Möglichkeit zum Forschungsaustausch für mich ein absoluter Glücksfall. Hinzu kam, dass die Graduiertenakademie meinen Aufenthalt mit einem Reisekostenzuschuss für Kurzforschungsaufenthalte gefördert hat, wofür ich sehr dankbar bin. Ich kann tatsächlich nur jedem Doktoranden empfehlen, die Möglichkeit für einen Kurzforschungsaufenthalt und die Fördermöglichkeiten der Graduiertenakademie wahrzunehmen. Mich persönlich hat es in einer wichtigen Phase meiner Promotion gefördert und mir neue Türen geöffnet.
5. Was sind die nächsten Schritte auf dem Weg zum Abschluss der Promotion und haben Sie schon Pläne für die Zeit nach der Promotion?
Ich hoffe, meine Promotion Anfang 2023 abschließen zu können. Ab Januar 2023 werde ich am EURAC Research Center am Institut für Erneuerbare Energien in der Gruppe für Energiesystemmodellierung anfangen. Das Institut ist größtenteils über EU Horizon Projekte finanziert. Von daher hoffe ich auch in Zukunft in der internationalen Energiewirtschafts- und Energiesystemmodellierungsgemeinschaft tätig zu sein und vor allem auch das Netzwerk zur Professur für Energiewirtschaft der TUD nutzen zu können. Ich freue mich auf die neuen Aufgaben, auch wenn ich zeitgleich sehr traurig bin, dass meine Tage an der Professur für Energiewirtschaft der TUD gezählt sind. Aber wie gesagt, durch die Themennähe bleiben wir sicher in engem Kontakt und Austausch, was den Abschied etwas erleichtert.