30.11.2023
ChatGPT-4 in der Finanzberatung: Wie KI bei Anlageentscheidungen unterstützt
Die Wahl einer geeigneten Kapitalanlage stellt für viele Anleger:innen eine große Herausforderung dar. Forscher um Professor Lars Hornuf von der TU Dresden haben untersucht, ob und inwieweit KI-Tools wie ChatGPT bei der Anlageentscheidung beraten können. Die Ergebnisse zeigen, dass die Portfoliovorschläge der künstlichen Intelligenz mit denen professioneller Anlageberater vergleichbar sind.
Die Entscheidung für eine Kapitalanlage ist eine komplexe Angelegenheit, die bei Anleger:innen schnell zu Überforderung führen kann. Nicht selten machen Investierende deshalb kostspielige Fehler oder verlassen sich auf die Empfehlung eines Anlageberaters. „Finanzberater unterliegen jedoch häufig Interessenkonflikten und empfehlen Produkte, an denen sie mehr verdienen. Das sind aber nicht zwangsläufig die besten Produkte für ihre Kundinnen und Kunden“, erläutert Lars Hornuf, der an der TU Dresden die Professur für Betriebswirtschaftslehre (BWL), insb. Finanzdienstleistungen und Finanztechnologie leitet.
Gemeinsam mit Forschern der KU Eichstätt-Ingolstadt und der Hochschule Bremen hat der Wirtschaftswissenschaftler untersucht, inwieweit KI-Tools wie GPT-4 zu einer unverzerrten Finanzberatung beitragen, den Informationsstand von Investierenden erhöhen und das Anlageergebnis verbessern können. Grundlage der Forscher war die Annahme, dass wenig informierte Investierende eine einfache, passive Anlagestrategie verfolgen sollten. Das bedeutet im Kern, dass die Anleger:innen auf ein breitgefächertes Marktportfolio setzen und dieses halten sollten. Die Vermutung der Forscher: GPT-4 könnte dabei helfen, die großen Informationsmengen, die Investierende bei ihren Entscheidungen sonst leicht überwältigen können, zu sichten und besser zu verstehen.
Um zu untersuchen, ob GPT-4 individuell zugeschnittene Portfolioempfehlungen geben kann, hat das Forscherteam insgesamt 48 hypothetische Anlegerprofile gesammelt. Bei den von GPT-4 vorgeschlagenen Produkten handelte es sich ausschließlich um kostengünstige Exchange Traded Funds (ETFs), die von namhaften Vermögensverwaltern geführt werden. Als Vergleichsmaßstab dienten Portfoliovorschläge aus der automatisierten Finanzberatung eines etablierten US-amerikanischen Finanzberatungsunternehmens.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass GPT-4 Portfoliovorschläge in ähnlichen Regionen und Anlageklassen macht wie professionelle Anlageberater. GTP-4 ist dabei auch in der Lage, die Risikotoleranz, den Anlagehorizont und das Alter des Anlegerprofils zu berücksichtigen. Zur Verbesserung der Akzeptanz von GPT-4 als Finanzberater könnte zudem beitragen, dass GPT-4 begründet, warum es eine bestimmte Anlage empfiehlt. „GPT-4 wurde nicht spezifisch für die Finanzberatung trainiert, liefert aber dennoch sehr vernünftige Ergebnisse für diese Aufgabe ab", fasst Lars Hornuf die Ergebnisse der Studie zusammen. Auch Folgestudien hat der Finanzwirtschaftler bereits im Blick: „In einem nächsten Schritt möchten wir Large Language Models auch in Robotern implementieren und testen, ob dies die Anlageentscheidung eines Investierenden beeinflusst. Wir vermuten, dass sich Investierende vor einem Roboter weniger als Experten ausgeben, um ein positives Selbstkonzept zu erhalten. In der Folge gehen sie vermutlich weniger Risiken ein und treffen insgesamt eine bessere Anlageentscheidung.“
Über die Studie hat Lars Hornuf auch im Videoformat »Kurze Frage« der TU Dresden gesprochen:
Link zum Arbeitspapier: https://ssrn.com/abstract=4499485
Kontakt:
Prof. Lars Hornuf
Professur für BWL, insb. Finanzwirtschaft und Finanztechnologie
Fakultät Wirtschaftswissenschaften
Tel.: +49 351 463-35572