08.03.2024
International Women’s Day: Interview mit Dr. Anna Taubenberger
Am Internationalen Frauen Tag, feiern wir alle Frauen die am Center for Molecular and Cellular Bioengineering (CMCB) der TU Dresden arbeiten. Heute möchten wir unsere Gruppenleiterin, Dr. Anna Taubenberger (BIOTEC) hervorheben.
Erzähl uns etwas über deine wissenschaftliche Reise? Wie hat deine Karriere bisher ausgesehen?
Nach meiner Schulzeit in Bayern entschied ich mich für ein Ingenieurstudium, Verfahrenstechnik, später mit der Vertiefungsrichtung Bioverfahrenstechnik. Ich mochte Naturwissenschaften und stellte mir den Beruf eines Ingenieurs irgendwie interessant vor.
An eine wissenschaftliche Karriere hatte ich da überhaupt nicht gedacht. Erst relativ spät im Studium kam ich mit der wissenschaftlichen Forschung in Berührung, bei der ein oder anderen Projektarbeit und bei meiner Diplomarbeit in der Biophysikgruppe von Prof. Daniel Müller (ehemals TUD, jetzt Eidgenössische Technische Hochschule, kurz ETH, in Zürich). Damals haben wir die Adhäsion von einzelnen Zellen mit dem Rasterkraftmikroskop charakterisiert, bis hin zu Interaktion einzelner Integrine mit extrazellulären Matrix Proteinen. Das Thema hat mich begeistert und ich habe beschlossen, in der gleichen Arbeitsgruppe zu promovieren.
Während meiner Promotion fand ich mehr und mehr die Projekte spannend, die einen biomedizinischen Bezug hatten, wie zum Beispiel ein Projekt zu adhäsiven Interaktionen von Leukämiezellen. Ich entschied, für einen Postdoc an die Queensland University of Technology (QUT) in Brisbane, Australien, zu gehen, und zwar in die Arbeitsgruppe von Prof. Dietmar Hutmacher, einem Tissue Engineering Labor. Mein Partner (jetzt Mann) begleitete mich damals, obwohl er dort nicht gleich von Beginn an einen Job hatte.
An der QUT kam ich mit einem Postdoc-Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) an. Ich arbeitete an verschiedenen Krebsmodellen, mit denen beispielsweise Interaktionen von Krebszellen mit der metastatischen Nische im Knochen untersucht werden konnten. Nach 3 Jahren kehrte ich zurück nach Dresden, als Postdoc in der Arbeitsgruppe von Prof. Jochen Guck, in der ich mich mit den mechanischen Eigenschaften von Zellen und Geweben beschäftigte. Während dieser zweiten Postdoc Phase habe ich auch meine beiden Kinder bekommen.
Mit meiner eigenen Arbeitsgruppe, die ich vor ca. 3,5 Jahren startete, arbeiten wir an einer Schnittstelle von Biophysik und Bioengineering. Wir untersuchen mithilfe von in vitro Modellen und geeigneten Biomaterialien, wie Zellen, insbesondere Krebszellen, auf mechanische Reize ihrer 3D Mikroumgebungen reagieren. Wir möchten auch dazu beitragen herauszufinden, inwieweit mechanische Eigenschaften von Zellen und Geweben komplementäre Informationen liefern können, um damit zum Beispiel besser abschätzen zu können, wie eine Krebserkrankung verläuft.
Warum hast du dich für die Wissenschaft entschieden?
Auf der einen Seite mag ich praktische Anwendungen und Problemlösungen, dafür bin ich ja Ingenieurin geworden. Ich mag es aber fast noch mehr zu entdecken, als zu entwickeln. Besonders Spaß macht es mir, den Ursachen für ein bestimmtes Phänomen auf den Grund zu gehen und dafür ein Experiment zu entwerfen. Was ich auch sehr an der Wissenschaft schätze, ist das Arbeiten in einem internationalen Umfeld, der Austausch mit Kollegen, und das Arbeiten im Team.
Was war dein Traumberuf als Kind?
Ich wollte eine Zeitlang Pilotin werden, danach kam nochmal der Traumberuf Tierärztin (für Pferde natürlich).
Karriere in der Wissenschaft kann anstrengend sein. Was motiviert dich, diesen Herausforderungen zu stellen?
Ich bin ein ziemlich optimistischer Mensch. Klar zieht es mich mal etwas herunter, wenn ein Paper oder Grant abgelehnt wird, aber meistens nicht lange. Meistens überwiegen die positiven Momente, bei denen ich Spaß an der Forschung habe und an der Arbeit in einem tollen Team.
Was denkst du ist heutzutage die größte Herausforderung für Frauen in der Wissenschaft?
Das klingt sehr pauschal, ich denke die Schwierigkeiten können ganz unterschiedlich sein, zum Beispiel in welchem Umfeld man sich befindet, in welcher familiären Situation man lebt, und wie selbst- und sicherheitsbewusst man ist.
Ich persönlich kann bisher nicht sagen, in dieser Hinsicht negative Erfahrungen gemacht zu haben. Ich habe immer viel Unterstützung von Familie (insbesondere meinem Mann), Mentoren und auch guten Kollegen erhalten.
Prinzipiell gibt es ja viele altbekannte Probleme, wie die lange Ungewissheit mit befristeten Stellen und mangelnde längerfristige Perspektiven in der Forschung. Das sind aber natürlich Probleme, die nicht nur Frauen betreffen, da kenne ich auch genügend männliche Kollegen. Ohne das generalisieren zu wollen, könnte es aber sein, dass diese Umstände Frauen etwas öfter treffen.
Ganz klar gibt es im Verhältnis immer noch zu wenige Professorinnen. In manchen Bereichen, wie dem Ingenieurwesen, kann man den geringen Anteil von Professorinnen fast noch nachvollziehen, da auch die Anzahl der weiblichen Studienanfänger sehr viel niedriger ist (weit unter 20% als ich studierte). Aber das ist ja häufig auch in Fakultäten, in denen viel mehr Frauen studieren, der Fall.
Nicht zuletzt braucht es auch weibliche Vorbilder für jüngere Wissenschaftlerinnen. Als ich Postdoc in Brisbane war, gab es dort einige auch schon etwas ältere Professorinnen, die Kinder hatten, und mich beeindruckten. Das war ein deutlicher Kontrast zu meiner Studienzeit, von der ich mich an keine Professorin erinnern kann, bei ich Vorlesung gehabt hätte. Auch als ich aufwuchs, waren die meisten Mütter meiner Schulfreunde nicht berufstätig oder arbeiteten nur Teilzeit, solange die Kinder jung waren.
Vielleicht liegt es an der Rekrutierung selbst, wahrscheinlich fängt das Problem aber schon früher an, z.B. in der Postdoc Phase oder bei der Bewerbung um die erste unabhängige Stelle. Vielleicht müssten Frauen im Schnitt etwas selbstbewusster an die Sache rangehen bei ihren Bewerbungen oder weniger sicherheitsbewusst sein, wenn es um Stellen geht, die einen Schritt weiter bedeuten, die aber nicht permanent sind, oder die Rahmenbedingungen müssten entsprechend verändert werden. Das wird aber ja gerade viel diskutiert. Einige Frauen, die ich kenne, zögern auch, eine Postdoc Stelle im Ausland oder Professur woanders anzunehmen, wenn diese mit Pendeln oder einem Umzug der kompletten Familie verbunden ist. Vielleicht sind da Männer im Schnitt schmerzfreier. Aber am Ende sind das ja individuelle Entscheidungen.
Hast du Tipps für Studierende die gerade erst mit Ihrer wissenschaftlichen Karriere beginnen?
Geht nicht nach dem Weg des geringsten Widerstandes, sondern sucht Euch ein spannendes Forschungsthema in einem guten wissenschaftlichen Umfeld. Gebt nicht zu schnell auf, wenn Ihr gut in dem seid, was Ihr macht und auch Spaß dran habt- für Plan B und C ist noch später Zeit. Es gibt sicherlich auch viele andere tolle Jobs, falls Ihr feststellt, dass Wissenschaft auf die Dauer nichts für Euch ist. Sucht Euch gute Mentoren und seid optimistisch. Stellt Euch auf harte Arbeit ein. 🙂