Vorlesung: Staatlichkeit in der frühen griechischen Antike
Ort: ABS/E08/H
Zeit: Montag, 6. DS (16:40–18:10 Uhr)
Die Frage, was eigentlich (ein) Staat ist, beschäftigt nicht nur Historikerinnen und Historiker seit langem, sondern auch Politikwissenschaftler und Juristinnen. Im Zentrum stehen die Debatten um Rolle und Struktur der EU oder die Phänomene sogenannter „failing“ und „failed states“; beide Bereiche führen zu einer Neubewertung des Konzepts der Souveränität sowie der klassischen Trias von Staatsvolk, Staatsgebiet und Staatsgewalt. An die Stelle einer teleologischen und meist positiv konnotierten Entwicklungslinie hin zum Staat westlicher Prägung treten in der jüngeren Governance-Forschung die Vorstellung vom „Staat als Prozess“, worin ein Aufweichen der starren Dichotomie „Staat oder NichtStaat“ angelegt ist. Damit können nicht nur gegenwärtige Phänomene besser erfasst werden, sondern es bietet sich auch an, für die Alte Geschichte alte Fragen neu zu stellen. Dazu wird ein Modell entwickelt, welches vier Dimensionen von Staatlichkeit unterscheidet: statehood, state-organization, stateness, state-capacity. Solcherart „ausgerüstet“ soll ein neuer Blick auf die frühe griechische Antike geworfen werden. Im Zentrum stehen die Epen Homers, Rechtsinschriften von 650 bis 450 sowie die Antigone des Sophokles. Damit bietet die Vorlesung sowohl einen Überblick über einige der Kernquellen der archaischen Zeit als auch den Versuch, aktuelle Debatten und Fragestellungen produktiv mit der Alten Geschichte zu verknüpfen.
Einführende Literatur
Zur Epoche: J.M. Hall: A History of the Archaic Greek World, ca. 1200–479 BCE, Malden/MA 2007; R. Osborne: Greece in the Making 1200-479 BC, London 2009; E. Stein-Hölkeskamp: Das Archaische Griechenland. Die Stadt und das Meer, München 2015. Zu den Themen: D. Cairns: Sophocles: Antigone, London 2016; D. Elmer: The Poetics of Consent. Collective Decision Making & the Iliad, Baltimore 2013; H.-J. Gehrke: Gesetz und Konflikt. Überlegungen zur frühen Polis, in: J. Bleicken (Hg.): Colloquium aus Anlass des 80. Geburtstages von Alfred Heuss, Kallmünz 1993, S. 49-67; J. Grethlein: Die Odyssee. Homer und die Kunst des Erzählens, München 2017; C. Ulf: Homerische Strukturen: Status – Wirtschaft – Politik, in: A. Rengakos / B. Zimmermann (Hg.): Homer Handbuch. Leben – Werk – Wirkung, Stuttgart/Weimar 2011, S. 257-278. Zum Modell: Ph. Genschel / B. Zangl: Metamorphosen des Staates – vom Herrschaftsmonopolisten zum Herrschaftsmanager, Leviathan 36, Baden-Baden 2008, S. 430-454; C. Lundgreen: Staatlichkeit als analytische Staatsdiskurse in Rom? Staatlichkeit als analytische Kategorie für die römische Republik, in: ders. (Hg.): Staatlichkeit in Rom? Diskurse und Praxis (in) der römischen Republik, Stuttgart 2014, S. 15-61; U. Walter: Der Begriff des Staates in der griechischen und römischen Geschichte, in: T. Hantos / G. A. Lehmann (Hg.): Althistorisches Colloquium zum 70. Geburtstag von J. Bleicken, Stuttgart 1998, S. 9-27. Generell zu empfehlen sind dazu vor allem Textausgaben von Ilias, Odyssee und der Antigone.
Verwendung:
Hist AM 1, Hist Erg M 1, Hist GM 2, Hist Erg GM 2, Hist ErgM 1, Hist Hum ErgM 1, Hist EM 1, Hist Erg EM 1
PhF-Hist-MA-SM1, PhF-Hist-MA-SM2, PhF-MA-FMEW, PhF-MA-FMSW, SLK-MA-EB-FM, SLK-MA-FaEBEFM, PhF-AK 2b, PhF-AK 4, PhF-AK 5, PhF-AK 6
Hist-MA-LA-AG, PHF-SEGY-Hist-AG, PHF-SEMS-Hist-AG, PHF-SEBS-Hist-AG