Projekt: Residenzbauprojekte unter August dem Starken
Der König plant mit – die Dresdner Residenzbauprojekte unter August dem Starken (reg. 1694 – 1733). Analyse, Interpretation und Katalogisierung des historischen Planmaterials zu Residenzschloss und Zwinger
Zeitraum: November 2020 – Oktober 2022
Art der Finanzierung: Drittmittel
Projektverantwortlicher: Prof. Dr. Henrik Karge
Finanzierungseinrichtung: Gerda Henkel Stiftung
Bearbeiter:
als Stipendiaten: Dr. Silke Herz, Dr. Peter Heinrich Jahn
auf Werkvertragsbasis: Dr. Ing. Tobias Knobelsdorf
Das von der Gerda Henkel Stiftung finanzierte Forschungsprojekt analysiert die Planungen zur Neugestaltung des Dresdner Residenzareals, die unter dem berühmten sächsischen Kurfürst-König August dem Starken (reg. seit 1694 in Sachsen als Kurfürst Friedrich August I., seit 1697 in Polen als König August II., gest. 1733) bis zur eine Planungs- und Bauzäsur setzenden Prinzenhochzeit des Jahres 1719 produziert wurden. Zu diesen Planungen gehört neben den vielen das Residenzschloss betreffenden, an der Realisierung jedoch gescheiterten Erweiterungsentwürfen als verwirklichte Bauleistung der berühmte „Zwinger“, ein architektonisch äußerst prunkvoll eingefasster, dabei von Kronentor und Wallpavillon akzentuierter Gartenhof, der ohne Übertreibung zu den Barockbauwerken europäischen Ranges gezählt werden darf. Hinzu kommen Theaterbauten, eine Hofkirche und das Taschenbergpalais, welches vom Mätressensitz in die Residenz des Kurprinzen mutiert. Das bei den Dresdner Residenzplanungen in großer Zahl entstandene zeitgenössische Planmaterial ist als seltener Glücksfall historischer Überlieferung umfangreich in Dresden erhalten geblieben, aufbewahrt in dortigen Archiven und Sammlungen (SLUB, Hauptstaatsarchiv, Landesamt für Denkmalpflege sowie Kupferstich-Kabinett und Münzkabinett der Staatlichen Kunstsammlungen), dabei eine Größenordnung von ca. 350 Blatt umfassend, wovon ca. 240 in den gewählten Untersuchungszeitraum (1694–1719) fallen.
Das Forschungsprojekt versteht sich als Fortsetzung und Konkretisierung einer bislang von der Fritz Thyssen Stiftung für Wissenschaftsförderung finanzierten mehrjährigen Forschungskampagne, die noch ganz auf den Dresdner Hofbaumeister Matthäus Daniel Pöppelmann fokussiert war (hier klicken für weiter Informationen). Diese Forschungen haben nun allerdings erwiesen, dass neben diesem Protagonisten noch weitere Planungsakteure das Planungsgeschehen mitbestimmten. Ein solcher ist der bislang kaum berücksichtigte Kurfürst-König selbst, der seinen Hofarchitekten in Form von Skizzen die Konzepte lieferte und korrigierend in deren Entwürfe eingriff. Neben dem genannten Pöppelmann lassen sich unter den Hofarchitekten als weitere Planungsakteure Marcus Conrad Dietze, Johann Friedrich Karcher und Johann Christoph Naumann nachweisen (gerade die Rolle der beiden letztgenannten lässt sich gegenüber dem bisherigen Kenntnisstand noch präzisieren und ausweiten). Seine behördliche Organisation fand dieses Planungskollektiv im kursächsischen Oberbauamt, das in dem vom Residenzschloss als Zentrum bestimmten Dresdner Residenzareal angesiedelt war.
Vorrangiges Forschungsziel ist die Katalogisierung des überlieferten Planmaterials und die damit einhergehende logische Rekonstruktion der einzelnen Planungsabläufe. Daneben bietet die mediale Diversität dieses Planmaterials die einmalige Gelegenheit, exemplarisch die kollektivistischen Entwurfs- und Arbeitsprozesse eines barocken Hofbauamts im Detail zu untersuchen und deren mediale Bedingtheiten zu ergründen. Eine weitere fundamentale Fragestellung will im Sinne aktueller transdisziplinärer Residenzkulturforschung die Korrelation der Dresdner Residenzplanungen mit der zeitgenössischen Hofkultur klären.
Das Forschungsprojekt im Überblick:
Laufzeit: 2 Jahre
Forschungsgegenstand:
Untersuchung und Katalogisierung von ca. 240 historischen Planungseinheiten zum Dresdner Residenzareal (Residenzschloss, Zwinger, Stallhof und Taschenbergpalais) im Zeitraum 1694-1719 sowie Erklären von deren Zustandekommen hinsichtlich Entwurfsprozessen, Planungsabläufen sowie Zweckbestimmungen gemäß Funktionen, Typologien und Semantiken.
An den Dresdner Residenzbauprojekten bis 1719 beteiligte professionelle Architekten:
Johann Friedrich Karcher (1650-1726; Garten- und Zivilarchitekt)
Marcus Conrad Dietze (1658-1704; Bildhauer-Architekt)
Matthäus Daniel Pöppelmann (1662-1736; Zivilarchitekt)
Johann Christoph Naumann (1664-1742; Militär- und Zivilarchitekt)
Alessandro Mauro (tätig 1709-48; Theaterarchitekt, 1717-20 in Dresden)
Arbeitsziele/Fragestellungen/Methoden in Schlagworten:
Autopsie von Planmaterial, Catalogue raisonné, Entwurfsforschung, digitaler 2D-Vergleich von Plänen und Aufrissen, digitale 3D-Modellierung nicht realisierter Bauprojekte, Archivalienauswertung, Motiv- und Typenkomparatistik, Entwurfsgenese, Bau- und Entwurfslogiken, Residenzkulturforschung, Kulturtransfer, Einbeziehung von Raum-, Performanz-, Medien-, Modell- und Transformationstheorien, material turn, historische Rhetorik und Eklektik, Architekturikonologie.
Die Darlegung der Forschungsergebnisse einschließlich Katalog soll in Buchform erfolgen.
Projektleitung bzw. Antragsteller:
Prof. Dr. phil. habil. Henrik Karge (Bearbeitungsbereich: Escorial-Rezeption unter August dem Starken)
Projektbearbeiter bzw. Stipendienempfänger:
Dr. phil. Peter Heinrich Jahn (Bearbeitungsbereiche: nicht ausgeführte Zwinger- und Schlossplanungen, Planungsverfahren, architekturhistorische Kontextualisierung)
Dr. Silke Herz (Bearbeitungsbereiche: Taschenbergpalais, Bauvorgänge im Residenzschloss, Residenzkulturforschung)
Werkvertrag:
Dr. Ing. Tobias Knobelsdorf (Aufgabe: Dechiffrieren von vier komplexen ,Palimpsest‘-Plänen)
Gastbeiträger:
akad. Rat a. D. Dr. Hans Lange (Thema: Theaterbau im Dresdner Residenzareal)
Juliane Pech M.A. (Themen: Überlieferungsgeschichte des Planmaterials, Forschungsgeschichte zu Zwinger und Residenzschloss)
Dipl. Ing. Dr. Hartmut Olbrich (Thema: Archäologie und Baugeschichte des Zwingers)
Prof. Dr. phil. Stefan Schweizer (Thema: Gartenkunstgeschichte des Dresdner Zwingers)
Kooperationen mit Dresdner Institutionen:
● Staatliche Kunstsammlungen Dresden
● Sächsisches Staatsarchiv – Hauptstaatsarchiv
● Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (SLUB)
● Landesamt für Denkmalpflege Sachsen
● Schlösserland Sachsen – Staatliche Burgen, Schlösser und Gärten Sachsen gGmbH
Internationale Kooperation:
● Institut für Kunst der Polnischen Akademie der Wissenschaften, Warschau: Forschungsprojekt „Das gemeinsame polnisch-sächsische Erbe. Polonica in Sammlungen architektonischer Zeichnungen des 18. Jahrhunderts in Dresden“ (Leitung: Prof. Dr. habil. Jakub Sito)
Verfasser: Peter H. Jahn