22.05.2024
Eröffnung der Ausstellung "Gefährliche Grenze" am 6. Juni
Einladung zur Ausstellung
Die europäischen (Außen)Grenzen sind von Gewalt geprägte Räume. Dabei war Grenzgewalt noch nie so sichtbar wie heute, denn zahlreiche oftmals verstörende Bilder von Ereignissen an den Grenzen werden medial zirkuliert. Illegalisierte und gefährdete Körper an Zäunen, in Lagern oder auf Booten stehen hochgerüsteten Grenzpolizist:innen gegenüber. Tumultartige Videoaufnahmen, Bilder von gewaltvollen Pushbacks, von verletzten und leblosen Körpern – es hat sich ein komplexes Bildphänomen der gefährlichen Grenze herausgebildet.
Dabei sind Herkunft und Ästhetiken der Bilder aus den Grenzräumen sehr unterschiedlich. Sie können von Überwachungskameras stammen, von Kameras professioneller Nachrichtenteams und NGOs, oder von den Smartphones geflüchteter Menschen. Ihre Bildpolitiken sind höchst unübersichtlich und ambivalent. Für eine kontrovers geführte öffentliche Debatte über Flucht und Asyl spielen sie oft die zentrale Rolle und werden von Befürworter:innen wie von Gegner:innen von Migration instrumentalisiert. Eine Reflexion mediatisierter Grenzregime ist deshalb dringend
notwendig.
Die Ausstellung versammelt mit Davor Konjikušić, Tamara Kametani und der Rechercheagentur Border Forensics drei künstlerische Positionen, die sich mit Bildern aus den Grenzzonen Europas auseinandersetzen. Ihre Arbeiten eröffnen eine neue Perspektive auf Migration: Wer darf oder kann Grenzen überschreiten? Wie konstituieren sich Grenzen? Und welche Funktionen erfüllen dabei die Bilder?
Davor Konjikušić (*1979, lebt und arbeitet in Zagreb) greift in seiner Serie „Aura: F37“ (2015) auf die Ästhetik staatlicher Überwachungsbilder zurück, die mit Nachtsichtkameras aufgenommen werden. Diese Technik der Sichtbarmachung klandestiner Migration erfasst mehr als das menschliche Auge und kann dadurch Bewegungen auch in völliger Dunkelheit oder undurchdringlicher Vegetation orten. Seine Bilder von der ungarischen Grenze, die für brutale Pushbacks bekannt ist, zeigen Menschengruppen in Grauabstufungen, die abstrahiert und geistergleich erscheinen. Trotz oder
gerade wegen ihres hohen Abstraktionsgrades rufen die Bilder die omnipräsente Ikonografie migrantischer Körper an der gefährlichen Grenze auf: Es besteht kein Zweifel, dass wir hier keine Spaziergänger:innen sehen, sondern Geflüchtete, die ungesehen die „grüne Grenze“ passieren möchten. Die Fotografien werden von einer Audiospur begleitet, auf der ein Migrant von seiner Flucht erzählt.
Die Künstlerin Tamara Kametani (*1988, lebt und arbeitet in Athen) zeigt ihre Videoinstallation „The Sea Stayed Calm for 180 Miles“ (2017). Darin setzt sie sich mit der Übertragung von Grenzräumen per Google Earth auseinander. Sie greift Bildmaterial auf, das angeblich das Meer vor Lampedusa in Echtzeit zeigt, jedoch auf einer computergenerierten Animation basiert, die Google hier einsetzt. Die Wasseroberfläche bewegt sich stets sanft und die Bilder machen weder Boote noch Migrant:innen sichtbar. Es handelt sich um eine Projektion, die Authentizität nur vorgibt. Die Ausstellung präsentiert eine begehbare, immersive Medieninstallation dieser Arbeit.
Als dritte Position präsentiert die Ausstellung die Arbeit der Rechercheagentur Border Forensics, die Charles Heller (* lebt und arbeitet in Genf) 2021 gründete. Für ihre Investigationen verwenden Border Forensics unterschiedlichstes digital zur Verfügung stehendes Bildmaterial, das sie so lange synchronisieren und übereinanderlegen, bis ein lesbares Bild und eine Narration entsteht. Ergebnis ihrer Arbeit sind Videos, die den Tathergang von gewaltvollen Grenzereignissen rekonstruieren und eine visuelle Beweisführung darstellen. Diese Videos werden nicht nur vor Gericht verwendet, sondern zunehmend auch im Kunstfeld präsentiert, wo sie eine medienreflexive Perspektive auf
Grenzgewalt ermöglichen. Die Ausstellung zeigt ihre jüngste Investigation „The Nador-Melilla Border Trap - A Counter-Investigation Into the Racist Massacre of 24 June 2022“. Sie ist in Kollaboration mit Irídia und AMDH entstanden.
Das Booklet zur Ausstellung können Sie hier herunterladen.
Das Rahmenprogramm zur Ausstellung
Donnerstag, 6.6. 2024: Vernissage der Ausstellung "Gefährliche Grenze"
| ab 19 Uhr
| Kunstverein Dresden e.V., Neustädter Markt 8, 01097 Dresden
Freitag, 7.6. 2024: „Ist eine Alternative möglich? Von der Gewalt an den Grenzen zu einer neuen Vorstellung der EU-Migrationspolitik“ - Podiumsgespräch
| 18-20 Uhr
| Scheune e.V., Alaunstrasse 36–40, 01099 Dresden
Podiumsgespräch in Kooperation mit Border Forensics, Rosa-Luxemburg-Stiftung, Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen
Die Veranstaltung wird simultan übersetzt in Deutsch und Englisch.
Freitag, 14.6. 2024: Kuratorinnenrundgang zur Dresdner Langen Nacht der Wissenschaften
| 17-22 Uhr
| Kunstverein Dresden e.V., Neustädter Markt 8, 01097 Dresden
Zur Dresdner Langen Nacht der Wissenschaften führt die Kuratorin Tanja-Bianca Schmidt zu jeder vollen Stunde durch die Ausstellung.
Für mehr Informationen besuchen Sie gern die Seite der Dresdner Langen Nacht der Wissenschaften.
Mittwoch, 19.6. 2024: „Survival and Witness at Europe’s Border“ - Buchvorstellung
| 18-20 Uhr
| Kunstverein Dresden e.V., Neustädter Markt 8, 01097 Dresden
"Survival and Witness at Europe’s Border“ Buchvorstellung durch die Autorin Karina Horsti, moderiert von Kerstin Schankweiler.
Die Veranstaltung findet in englischer Sprache statt.
Donnerstag, 20.6. 2024: 17. Lange Nacht der Galerien und Museen Dresden
| 18-24 Uhr
| Kunstverein Dresden e.V., Neustädter Markt 8, 01097 Dresden
Mittwoch, 10.7. 2024: Gefährliche Grenze – ein Podiumsgespräch über Demokratie, Migration und Medien
| 18-20 Uhr
| Projekttheater Dresden, Louisenstraße 47, 01099 Dresden
Nicole Vögele und Volker Heins sprechen über Demokratie,
Migration und Medien, moderiert von Tanja-Bianca Schmidt.
Die Veranstaltung wird in Deutsche Gebärdensprache übersetzt.
Donnerstag, 25.7. 2024: Green Border - Filmvorführung mit Diskussion
| 18-20 Uhr
| Zentralkino Dresden, Kraftwerk Mitte 16, 01067 Dresden
Der Film Green Border begleitet eine syrische Familie, einen
Englischlehrer aus Afghanistan und einen jungen Grenzbeamten, die alle an der polnisch-belarussischen Grenze aufeinandertreffen.
Unsere Kooperationspartner:innen und Förder:innen
Recht herzlich wollen wir uns bei unseren Förder:innen bedanken, die dieses Projekt ermöglichten:
- Amt für Kultur und Denkmalschutz
- Deutsche Forschungsgemeinschaft
- Kulturstiftung des Landes Sachsen
- Lokales Handlungsprogramm ür ein vielfältiges und weltoffenes Dresden
- Rosa Luxemburg Stiftung
- Technische Universität Dresden
Besonderer Dank gilt unserem Kooperationspartner dem Kunstverein Dresden e.V.