Siglo de Oro. Architektur, Skulptur und Malerei in Spanien, 15.-17. Jahrhundert (mit Exkursion nach Madrid und Zentralspanien)
Lehrkraft | Prof. Dr. Henrik Karge |
Termin | Di., 6. DS |
Ort | ABS/114/U |
Beginn | 16.04.2024 |
Einschreibung | OPAL |
Module |
PhF-KG-MA-FR MAKU-KG-VT 1 PHF-SEMS-KU-KG3 |
Inhalt der Lehrveranstaltung
In den Jahrzehnten um 1500 entwickelte sich Spanien durch die Verbindung mit dem habsburgischen Kaiserhaus und die Entdeckung und Eroberung Amerikas zur beherrschenden Weltmacht der Frühen Neuzeit. Die politische Dominanz war zunächst mit einer starken kulturellen Abhängigkeit von Italien und den (spanischen) Niederlanden verbunden, doch entfaltete sich seit dem späten 16. Jahrhundert in Spanien eine eigenständige künstlerische Kultur von großer Vielfalt. Dieses sog. Goldene Zeitalter (Siglo de Oro) brachte vor allem auf den Gebieten der Literatur (Cervantes, Calderón, Gracián), der Architektur und der Malerei überragende Leistungen hervor.
Da die künstlerische Komplexität des Siglo de Oro nicht in einer einzigen Lehrveranstaltung erfasst werden kann, wird sich das Seminar vor allem auf die großen Sakral- und Residenzbauten Zentralspaniens und ihre bildnerische Ausstattung konzentrieren, die im Rahmen der Jahresexkursion besichtigt werden sollen. Im Kirchenbau blieb die gotische Tradition bis ins 16. Jahrhundert hinein lebendig, wie die Kathedralen von Segovia und Salamanca zeigen. Die älteren Kathedralen von Burgos und Toledo erhielten in dieser Zeit spektakuläre Turmbauten und wurden mit Altarretabeln, Chorgestühlen und Grabmälern reich ausgestattet. Zahlreiche Künstler aus den Niederlanden, Deutschland, Frankreich und Italien zogen nach Spanien und sorgten zusammen mit einheimischen Künstlern in den Jahrzehnten um 1500 für vielfältige Verbindungen von Spätgotik und Renaissance. Die spanische Frührenaissance, der sogenannte „platereske Stil“, ist von außerordentlicher Qualität und in ihrer europäischen Bedeutung noch zu entdecken.
Für die Aufnahme und Anverwandlung der italienischen Renaissance in Spanien waren die königlichen Schlossbauten in Granada, Madrid, Toledo und Aranjuez besonders wichtig. Die größte europäische Bedeutung besaß die Klosterresidenz Philipps II., der Escorial, der von Juan Bautista de Toledo und Juan de Herrera nach der Vorstellung des Salomonischen Tempels in Jerusalem errichtet wurde. Diesem Idealbau der Renaissance, seiner bildnerischen Ausstattung und medialen Nachwirkung durch die Kupferstichserie Herreras gilt ein besonderer Fokus des Seminars. Daneben wird das spanische Werk El Grecos behandelt, der von Philipp II. nicht als Hofmaler akzeptiert wurde, sich aber in Toledo erfolgreich etablieren konnte.
Die spanische Malerei des 17. Jahrhunderts wird vor allem unter dem Aspekt der monarchischen Repräsentation und der Ausstattung der königlichen Schlösser betrachtet. Hier steht die überragende Persönlichkeit von Diego Velázquez, des Hofmalers Philipps IV., mit den Werken für den Alcázar und den Buen Retiro-Palast in Madrid im Mittelpunkt. Dazu gehört mit den „Meninas“ eines der komplexesten Bilder der Kunstgeschichte. Einen letzten Kulminationspunkt der Malerei vor dem Ende der habsburgischen Herrschaft stellen die Gemälde von Claudio Coello und Luca Giordano im Escorial dar. So vermittelt das Seminar vertiefte Kenntnisse zum räumlich-funktionalen Zusammenwirken der Künste und zur Vielfalt stilistischer Richtungen im Spanien der Frühen Neuzeit.
Passend zur Thematik des Hauptseminars soll die große Exkursion dieses Jahres nach Madrid mit dem Prado und zu den Städten und Schlössern Kastiliens und der Extremadura (bes. Burgos, Toledo, Segovia, Salamanca, Guadalupe, Escorial, Aranjuez) führen.
Anforderungen: Referat und Seminararbeit.
Spanische Sprachkenntnisse sind sehr nützlich, aber keine Voraussetzung.
Auftaktsitzung mit Verteilung der Referatsthemen: 16. April 2024.
Frühe Referatsthemen können bereits vorweg mit dem Seminarleiter vereinbart werden: .
Grundlegende Literatur:
- Marcelin Defourneaux, Spanien im Goldenen Zeitalter. Kultur und Gesellschaft einer Weltmacht, Stuttgart 1986
- Fernando Checa Cremades / Mercedes Aznar López (Hrsg.), Reyes y mecenas. Los reyes católicos – Maximiliano I y los inicios de la Casa de Austria en España, Ausst.kat. Toledo 1992, Barcelona 1992
- Hugo Soly (Hrsg.), Karl V. und seine Zeit: 1500-1558, Köln 2003
- Sylvaine Hänsel / Henrik Karge (Hrsg.), Spanische Kunstgeschichte. Eine Einführung, 2 Bde., Berlin 1992
- Marjorie Trusted, The Arts of Spain. Iberia and Latin America 1450-1700, London 2007
- Spaniens goldene Zeit. Die Ära Velázquez in Malerei und Skulptur, Ausst.kat. Berlin / München 2016, München 2016
- Henrik Karge, “Spanish Medieval Architecture: European Currents and Regional Solutions on the Fringe of the Christian World”, in: Richard A. Etlin (Hrsg.), The Cambridge Guide to the Architecture of Christianity, Bd. 1, Cambridge 2023, S. 467-488
- Javier Gómez Martínez, El Gótico español de la Edad moderna. Bóvedas de crucería, Valladolid 1998
- Begoña Alonso Ruiz / Juan Clemente Rodríguez Estévez, 1514. Arquitectos tardogóticos en la encrucijada, Sevilla 2016
- Dorothee Heim, Rodrigo Alemán und die Toledaner Skulptur um 1500. Studien zum künstlerischen Dialog in Europa, Kiel 2006
- Cornelia von der Osten Sacken, San Lorenzo el Real de El Escorial. Studien zur Baugeschichte und Ikonologie, Mittenwald / München 1979
- Henry Kamen, The Escorial. Art and Power in the Renaissance, New Haven / London 2010
- Catherine Wilkinson-Zerner, Juan de Herrera: architect to Philip II of Spain, New Haven 1993
- Fernando Checa Cremades (Hrsg.), El Real Alcázar de Madrid : dos siglos de arquitectura y coleccionismo en la corte de los reyes de España, Ausst.kat. Madrid 1994
- Jonathan Brown / J. H. Elliott, A Palace for a King. The Buen Retiro and the Court of Philip IV, New Haven / London 1980
- Jonathan Brown, The Golden Age of Painting in Spain, New Haven / London 1991
- Guillaume Kientz (Hrsg.), Velázquez, Ausst.kat. Paris 2015
- Judith Wellen, Bilder wider das Ende der Dynastie. Kunst als Vermittlungsform der königlichen Herrschaft Karls II. von Spanien in El Escorial, Frankfurt a. M. 2015 (Ars Iberica et Americana, 16)
- Friedrich Polleroß, Die Repräsentation der Habsburger (1493-1806), Petersberg 2023
Kontakt
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Professur für Kunstgeschichte
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