Im Cabinet des Dr. Caligari
Lehrkraft | Prof. Dr. Jürgen Müller |
Termin | Do., 7. DS |
Ort | |
Beginn | 10.04.2025 |
Einschreibung | OPAL |
Module |
EM 2 / AM PhF-KG-MA-TMH-B MAKU-KG-VT1 |
Inhalt der Lehrveranstaltung
10.04.2025
Prof. Dr. Jürgen Müller (Technische Universität Dresden)
Im Cabinet des Dr. Caligari. Die Geburt des Horrorfilms in der Weimarer Republik
Horrorfilme faszinierten schon in der Frühzeit des Kinos ein breites Publikum. Mit Klassikern wie Paul Wegeners Der Golem, wie er in die Welt kam (1920), Robert Wienes Das Cabinet des Dr. Caligari (1921) und F. W. Murnaus Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens (1922) prägten deutsche Filmschaffende nicht nur das Genre des Horrorfilms, sondern beeinflussten auch die visuelle Ästhetik der bekannten Hollywoodproduktionen der 1930er-Jahre. Die Vorlesung widmet sich ausgewählten Werken, um die Ursprünge des Horrorfilms nachzuzeichnen und zugleich für die kulturelle Bedeutung dieses Genres zu sensibilisieren.
17.04.2025
Anna Drum, M. A. (Technische Universität Dresden)
"Freaks" (1932). Horror, Realität und die Sehnsucht nach dem Verbotenen
Tod Brownings Kultklassiker Freaks gilt als eines der umstrittensten Werke der Filmgeschichte und berührt einen empfindlichen Punkt: die Darstellung von ‚Andersartigkeit‘ im Horrorfilm. Die Besetzung mit Schauspielerinnen und Schauspielern, die reale körperliche oder kognitive Besonderheiten aufweisen, verlieh dem Film eine beispiellose Authentizität – und führte zugleich zu massiver Ablehnung, Zensur und dem Mythos einer verlorenen Originalfassung. Der Vortrag beleuchtet die vielschichtige Rezeptionsgeschichte des Films und fragt: Welche Ängste und Projektionen löste Freaks beim Publikum aus? Und wie prägt der Film bis heute unser Verständnis von Inklusion und Sensation im Kino?
24.04.2025
Dr. Jan-David Mentzel (Museum betont, Kellinghusen)
Bad miracles. Jordan Peeles Horrorfilme
Mit Get Out (2017), Us (2019) und Nope (2022) hat Jordan Peele drei Horrorfilme vorgelegt, die auf äußerst intelligente Weise aus einer afroamerikanischen Perspektive über die rassistischen Strukturen der US-amerikanischen Gesellschaft nachdenken. Wie Peele bestehende Horrortraditionen unter der Prämisse eines Schwarzen Unbehagens, gesellschaftlicher Rassismen und unhinterfragter Blickregime neudeutet, will der Vortrag anhand der oben genannten Filme in den Blick nehmen.
08.05.2025
Prof. Dr. Lorenz Engell (Bauhaus-Universität Weimar)
"The Shining" (1980). Der Horror des Raums
Stanley Kubricks The Shining ist auch nach 45 Jahren ein perfekter, wirk- und prägsamer Horrorfilm, einer der ganz großen Vertreter dieses Genres. Das Schreckliche und das Unheimliche, das Psychologische und das Übernatürliche, das Historische und das Wiederkehrende, Angst, Schrecken und Spannung füllen geradezu überpräsente Licht- und Bewegungsbilder und zugleich unfassbar kontrollierte Räume des Grauens. Dabei kommt dem Raum selbst die entscheidende Handlungsmacht zu; er ist es, der die Figuren, die Dinge, die Kamera und die Erzählung und nicht zuletzt die Zuschauer*innen antreibt und in den Abgrund führt.
15.05.2025
Dr. Michael Klipphahn-Karge (Zentralinstitut für Kunstgeschichte, München)
Agentinnen des Teufels. Hexen im Horrorfilm
Zumindest in der Fiktion des Films erheben sich aus den Feuern des historischen Hexenwahns jene angeblich maliziösen Frauen, die eigentlich auf den Scheiterhaufen der alten Welt verbrannt werden sollten: Hungrig nach Kindern, von entfesselter Schamlosigkeit und in Buhlschaft mit dem Teufel nehmen sie Rache an den Verteidigern vermeintlich abendländischer Vernunft. Anhand von Klassikern wie Häxan (1922), der Welle von ‚Witch-Cult-Movies‘ der 1960er- und 70er-Jahre, Kultfilmen wie The Witches (1990) und Blair Witch Project (1999) oder neueren Produktionen wie The Witch (2015) widmet sich der Vortrag der Bedeutung und Ambivalenz von Figuren wider der sittlichen Norm: Hexen.
22.05.2025
Dr. Kristina Jaspers (Deutsche Kinemathek, Berlin)
Transformation. Body Horror bei Lynch und Cronenberg
Körperliche Veränderungen, Mutationen und physische Transformationen werden zumeist als verstörend erlebt. Bei den Regisseuren David Lynch und David Cronenberg sind sie Ausdruck psychischer Instabilität und Identitätskrisen. Der Kontrollverlust über den eigenen Leib ist meist mit Gefühlen wie Ekel, Schuld und Scham behaftet. Doch Transformationen bieten auch die Chance zur Selbsterfindung und zum Neuanfang.
05.06.2025
Dr. Frank Schmidt (Technische Universität Dresden)
American Gothic. Edgar Allan Poe und die Ästhetik des Horrorfilms
Kein anderer Autor hat die Abgründe der menschlichen Seele so umfassend erforscht wie Edgar Allan Poe. Die Kurzgeschichten des „father of the modern horror tale“ (Stephen King) haben nicht nur die Literatur des 19. Jahrhunderts, sondern auch die visuelle und narrative Ästhetik des Horrorfilms maßgeblich geprägt. Seit Alice Guy-Blachés The Pit and the Pendulum (1913) sind über 450 Filmadaptionen nach Werken Poes entstanden, darunter die populäre Reihe Roger Cormans (1960–1964). Der Vortrag fragt danach, welche Anziehungskraft von Themen wie Tod, Wahnsinn, Identitätsverlust und unfreiwilligen Begräbnissen heute noch ausgeht und stellt Anknüpfungspunkte zu aktuellen Diskursen her.
19.06.2025
Prof. Dr. Hans Richard Brittnacher (Freie Universität Berlin)
Blutrausch als Bilderrausch. "Bram Stoker's Dracula" von Francis Ford Coppola (1992)
Den Roman Dracula des anglo-irischen Schriftsteller Bram Stoker, die Geschichte eines zu einem Leben in ewiger Nacht Verdammten, Blut trinkenden und Tod verbreitenden transsylvanischen Despoten, hat schon Murnaus Nosferatu (1922) und etlichen Filmen der Hammer-Produktion als Vorlage gedient. Coppolas Verfilmung gelingt mit charakteristischen Veränderungen am düsteren Plot und in Bildern von unerhörter Opulenz eine Versöhnung von Opernästhetik und Horrorfilm.
26.06.2025
Prof. Dr. Gertrud Koch (Freie Universität Berlin)
Der Schreck, der aus der Kälte kam. Horror zwischen Psyche und Materie.
Horrorfilme bewegen sich auf einer großen Skala, die von der Psyche (gemäß Hitchcocks legendärem Filmbeitrag zum Genre) bis in die Natur reicht (The Birds, 1963). The Horror of Nature (so der Titel des Philosophen Noël Carroll) und der Psychohorror geben eine beunruhigende Bilanz dessen, was als ‚natürliche‘ und ‚unnatürliche‘ Phänomene gesehen werden. Sie bringen die alltäglichen Bilder einer ‚guten Natur‘ durcheinander, und zwar sowohl im metaphorischen wie im materiellen Sinn und verweisen so auf die Durchdringung von erster und zweiter Natur.
03.07.2025
Prof. Dr. Lisa Gotto (Universität Wien)
Unheimliche Übergangszonen. Zum Horror des Liminalen in "The Exorcist" (1973)
Nebelschwaden, Kruzifixe, Schreie, Zuckungen, Besessenheit: Wovon William Friedkins Film The Exorcist handelt, scheint ausgemacht. Und doch geht es um mehr als um Teufelsaustreibung. Die eigentliche Kampfzone ist eine Schwellenort, genauer: der pubertierende Körper der Hauptfigur Regan, der kontrollier- und messbar gemacht werden soll. Was das mit ADHS, Ritalin, Adoleszenz und weiblicher Sexualität zu tun hat, möchte der Vortrag thematisieren und als filmästhetisches Umkreisen des Krisenhaften reflektieren.
10.07.2025
Maxi Wollner, M. A. (Dresdner Neueste Nachrichten)
Das Grauen unter der Sonne. Midsommar (2019) von Ari Aster
Gehüllt in das gleißende Licht einer nie untergehenden Sonne, wird in Ari Asters Midsommar (2019) ein vermeintlicher Urlaub in Schweden für eine Gruppe von US-Studenten sukzessive zum Horrortrip. Wie bereits in seinem Debüt Hereditary (2018) bedient sich der US-Amerikaner in seiner zweiten Regiearbeit gekonnt der Ikonografie von Horrorfilmklassikern. Besonders die Bezüge zu subgenreprägenden Folk-Horrorfilmen wie Robin Hardys The Wicker Man (1973) verdeutlichen, dass Midsommar weit über eine bitterböse Trennungsgeschichte hinausgeht, als die Aster seinen Film in zahlreichen Interviews beschrieben hat. Der Vortrag will aufzeigen, wie der Film zugleich gegenwärtige gesellschaftliche Ängste und Gefahren thematisiert und sich darüber hinaus als politische Allegorie interpretieren lässt.
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Professur für Mittlere und Neuere Kunstgeschichte
NameProf. Dr. Jürgen Müller
Institut für Kunst- und Musikwissenschaft
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