25.03.2021
#09 Die Fremdgehberatung: Zwischen spontan grüner Merkelverliebtheit und heimatlosen CDUlern
Es begann mit der SPD und den starken Zustimmungseinbrüchen nach der kurzzeitigen Martin-Schulz-Begeisterungswelle und hört auch nicht mit der Corona-Pandemie und der immer wieder von unterschiedlichsten Seiten gelobten oder hart kritisierten Vorgehensweise der Regierung auf: das langejährige Erfolgskonzept der sogenannten Volksparteien, die über breite Zustimmung in großen Teilen der Bevölkerung verfügten, scheint endgültig verloren.
Dass dies besonders für die Parteien SPD und CDU einen enormen Veränderungsprozess auslöst und auch die Formen der Regierungsbildung und repräsentativen Demokratie in Deutschland maßgeblich verändert, wird viel diskutiert und medial aufgearbeitet.
Doch was bedeutet das eigentlich für die Wähler:innen? Eine bisher vielleicht persönlich unumstrittene und möglicherweise auch traditionell leichte politische Entscheidung erscheint in eben solchen Zeiten für viele Bürger:innen nicht mehr passfähig. Eine Wahlentscheidung zur Bundestagswahl 2021 mag daher vielen deutlich schwerer und aufwändiger erscheinen als jemals zuvor. Gerade in einer globalen Pandemie-Zeit, in der ohnehin so viele grundlegende und bisher selbstverständliche Überzeugungen, Werte, Orientierungen und Entscheidungen neu bewertet werden müssen – gesellschaftlich wie auch ganz persönlich – soll nun auch noch eine politische Neuorientierung stattfinden? Wir spüren selbst und glauben, dass es für einen solchen Neuorientierungsprozess Unterstützungsangebote braucht. Dabei sollten politisch bildnerisch nicht nur zentrale Fragen verhandelt werden, wie: wofür die verschiedenen politischen Parteien eigentlich noch stehen, wer welche Kompetenzen mitbringt und wie gesellschaftliche Krisensituationen bewältigt oder wirtschafts- und sozialpolitische Aspekte vertreten werden, sondern es sollte einem möglichen Gefühl auch bewusst Raum gewährt werden: dem selbstsamen Gefühl des Fremdgehens einer politischen Partei oder Ausrichtung nachdem mensch möglicherweise jahrelanger eben jene Partei als sicheren politischen Hafen und durchaus auch identitätsstiftenden Orientierungspunkt wahrgenommen hat.
Politische Bildung kann hier Menschen unterstützen und sie folglich in diesem oft auch als entscheidungsunmöglichen Raum abholen und so das Ansteigen der Nichtwähler:innenzahlen vermeiden, sowie Bürger:innen im Kontext der Bundestagswahl sinnvolle und notwendige Angebote zur politischen Orientierung in Krisenzeiten bieten.