Wer wir sind und was wir wollen
Die John-Dewey-Forschungsstelle für die Didaktik der Demokratie (kurz: JoDDiD) ist eine Einrichtung an der Professur für Didaktik der politischen Bildung. Sie wird von 10 Mitarbeiter:innen getragen, welche Expertisen aus ganz unterschiedlichen Bereichen mitbringen: Fachdidaktische Forschung, Beratung, Aus- und Weiterbildung, Kunst-, Museums- und Theaterpädagogik und natürlich politische und demokratische Bildung. Am Wichtigsten an der John-Dewey-Forschungsstelle ist uns: Wir wollen keine Forschung und Entwicklung im Elfenbeinturm betreiben. Es geht uns nicht um einen erhabenen Blick. Vielmehr ist es unser Anspruch, in partizipatorischen Prozessen gemeinsam mit den Aktiven im Feld der außerschulischen und non-formalen politischen Jugend- und Erwachsenenbildung nach Lösungen für Probleme zu fahnden, für die in den zumeist eng gesteckten Grenzen der Projektarbeit vor Ort zu wenig Zeit geblieben ist.
von Dewey lernen
John Deweys (radikal-) demokratischer Ausrichtung trägt die Forschungsstelle durch ihre Namensgebung Rechnung. Anstelle der eingeführten Fachbezeichnung Didaktik der politischen Bildung wird die Bezeichnung Didaktik der Demokratie gesetzt. Während "politische Bildung" in akademischen Debatten häufig schulbezogen diskutiert und gedacht wird, ist die Arbeit der Forschungsstelle stark auf außerschulische und non-formale Jugend- und Erwachsenenbildung gerichtet. Mit dieser begrifflichen Akzentuierung soll allerdings nicht angedeutet werden, dass politische Bildung nicht ebenfalls als Arbeit an der Demokratie verstanden werden kann und muss oder sich eine scharfe begriffliche Differenz zwischen einerseits politischer und andererseits demokratischer Bildung begründen ließe. Sowohl politische als auch demokratische Bildung finden – wie bereits Dewey betont hat – im Alltag der Menschen statt und dürfen nicht auf intendierte Vermittlungsprozesse von Politik reduziert werden. Die Demokratie und das Politische werden in konkreten Lebenssituationen, an spezifischen Problemen und in realen Konflikten erfahren. Die politischen oder demokratischen Selbstbildungen der Menschen können und müssen aus diesem Grund als Prozesse der Politisierung und der Subjektivierung von Menschen gelesen werden, in denen Interessen, Werte, Anerkennung und Ressourcen gesellschaftlich verhandelt werden. Politische und damit demokratische Bildung – als politisches Selbst- und Weltverstehen – findet in Form von Positionierungen innerhalb dieser gesellschaftlichen Aushandlungsprozesse statt. Dabei ist es wichtig Folgendes anzuerkennen:
Politik ist kein rein rationaler Akt, sondern ist verbunden mit emotionalen Komponenten. Empathie, Engagement und Begeisterung, aber auch Verärgerung, Wut und Enttäuschung sind Bestandteile des Politischen und werden auch sinnlich und körperlich verarbeitet (vgl. Besand 2019). Deshalb kann politische Bildung auch nicht ausschließlich auf die kognitive politische Analyse- und Urteilsfähigkeit abzielen. Sie muss in die Milieus eingebettet sein, in denen Politik erlebt und erfahren, Konflikte ausgehandelt und Krisen durchgestanden werden. Diesem Selbstverständnis trägt die Arbeit an der John-Dewey-Forschungsstelle für die Didaktik der Demokratie Rechnung.
Als politische Bildungsangebote werden in diesem Sinne nicht nur Angebote zur Vermittlung politischen Wissens verstanden, sondern vor allem all jene pädagogischen und didaktischen Prozesse, die darauf gerichtet sind, Menschen bei der Entwicklung selbstbestimmter politischer Urteils- und Handlungsfähigkeit auf der Grundlage der freiheitlich demokratischen Grundordnung zu unterstützen. Wesentliche Ziele politischer Bildung sind die Förderung der Motivation zur Mitgestaltung politischen Lebens, die Förderung der Fähigkeit zur politischen Selbstpositionierung, politischer Urteilsfähigkeit, Ambiguitätstoleranz und Geschichtsbewusstsein und die Aneignung von Werkzeugen zu Partizipation, Teilhabe und Deliberation unterschiedlicher Meinungen. Politische Bildung ist ein von Subjekten – und damit den Adressat:innen – getragener Prozess der Bildung von Mündigkeit, der sich an demokratischen Grundwerten wie Menschenwürde, Gerechtigkeit, Gleichheit, Frieden, Solidarität, Emanzipation und Freiheit orientiert. Politische Bildung fördert die Kraft, die politische Wirklichkeit im Hinblick auf die Durchsetzung demokratischer Prinzipien kritisch und reflektiert zu beurteilen. Sie entwickelt die Fähigkeiten zur politischen Partizipation und zur Gestaltung von Demokratisierungsprozessen. Im Unterschied zu anderen – vor allem historisch bekannten – Formen politischer Erziehung (Staatsbürgerkunde) ist politische Bildung damit weder affirmativ noch neutral.