04.06.2019
Leichtbau durch Luft - Türverkleidung demonstriert die enorme Funktionalisierbarkeit von Partikelschaum
Gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Industrie haben Forscher des Instituts für Leichtbau und Kunststofftechnik (ILK) der TU Dresden im FOREL-Technologieprojekt SamPa eine innovative Fahrzeug-Seitentür entwickelt, an dem die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Partikelschäumen im Verbundsystem demonstriert werden. Dabei wurde eine neue Prozesskette zur kombinierten Verarbeitung von Kunststoffen im Partikelschäumen und Spritzgießen entwickelt und umgesetzt.
Die großen Einsatzpotentiale, die sich aus den guten thermischen Eigenschaften und dem hohen Energieaufnahmevermögen ergeben, werden insbesondere im Bausektor und der Verpackungsindustrie genutzt. In den letzten Jahren zeigt sich darüber hinaus ein Trend hin zu weiteren Anwendungsfeldern, die vom Sport- und Freizeitbereich bis hin zum Automobil- und Flugzeugbau reichen. Gerade für die hohen Anforderungen in derartigen Branchen ist jedoch eine umfassende Kenntnis der Prozess-Struktur-Eigenschafts-Beziehungen erforderlich. In diesem Zusammenhang widmeten sich die Projektpartner verschiedenen Forschungsschwerpunkten von der Werkstoffcharakterisierung, der durchgängigen Prozess- und Struktursimulation, der Prozessführung über den Werkzeugbau und die Qualitätssicherung bis hin zur werkstoffgerechten Fügetechnik.
Die Entwickler des SamPa-Konsortiums haben dazu expandiertes Polypropylen (EPP) mittels vielfältiger Analysemethoden ausführlich charakterisiert. Dabei wurde etwa unter Verwendung der Computertomographie die Schaumzellstruktur umfangreich analysiert und in der Struktursimulation in Form von repräsentativen Volumenelementen abgebildet. Auf diese Weise konnte eine einzigartige virtuelle Prüfmethode entwickelt werden, die es erlaubt, dichteabhängige, mechanische Materialkennwerte simulativ zu ermitteln.
Darüber hinaus konnten die Forscher eine neuartige Berechnungsmethodik erfolgreich erproben, die es ermöglicht den Formfüllvorgang des Partikelschäumens nachzubilden. Dadurch ist es zukünftig möglich, die Positionen zur Befüllung der Kavität zu optimieren, um die Qualität der Bauteile und die Reproduzierbarkeit des Prozesses zu erhöhen.
Anhand von insgesamt sieben Formwerkzeugen für die Verarbeitung im Partikelschäumen und Spritzgießen konnten die Werkzeugbauer erfolgreich neuartige Konzepte zur Funktionalisierung von Partikelschäumen umsetzen. Dazu wurden unter anderem neue Laserstrukturierungen der Werkzeugoberfläche zur Erhöhung der Kratzfestigkeit des Partikelschaums entwickelt. Zudem konnte die flächige Funktionalisierung des EPP mittels Spritzgießen erfolgreich an einem Türdemonstrator im Griffbereich umgesetzt werden. Dazu bedarf es neben einer prozessangepassten Temperierung des Spritzgießwerkzeugs einer speziell angepassten Prozessführung, um eine gute Verbindung zwischen Partikelschaum und Spritzgießmasse zu realisieren.
Zur Erhöhung des Prozessverständnisses wurden Qualitätssicherungsmethoden erarbeitet und umgesetzt, welche unter anderem den Partikeltransport beim Formfüllen überwachen und etwaige Prozessschwankungen frühzeitig detektieren können.
Türkonzept für die Mobilität der Zukunft
Türkonzept für die Mobilität der ZukunftTürkonzept für die Mobilität der Zukunft
Die Ergebnisse des Vorhabens werden im Technologiedemonstrator, einer Fahrzeug-Seitentür (siehe Abbildung), präsentiert. Dieses mehrteilig ausgeführte Konzept einer Türverkleidung demonstriert die enorme Funktionalisierbarkeit von Partikelschaum. Zur Montage der Komponenten sind an die Belastung angepasste Inserts in die Schaumkomponenten eingeschäumt worden. Dabei handelt es sich sowohl um Kunststoffinserts zur Montage als auch um metallische Inserts, die eine werkstoffgerechte Lastaufnahme vom Griff direkt in den Türquerträger ermöglichen. Dieser ist hier in Form einer bionisch inspirierten und einschäumbaren Aluminium-Tragstruktur umgesetzt worden, die es unter Maximierung des Leichtbaugrads erlaubt, die Lasten an die Fahrzeugkarosserie abzuleiten. Darüber hinaus wird die Flexibilität hinsichtlich der Integration von elektronischen Elementen in Partikelschaumstrukturen aufgezeigt. So finden Display, Mini-PC, Beleuchtung und Kabel ausreichend Platz im EPP-Grundkörper der Tür. Auch die großflächige Überflutung mittels Polyurethan konnte an einem Konzept für die Tür-Außenseite erfolgreich umgesetzt werden.
Das Potential von Partikelschaum im Verbundsystem wird im Rahmen des Projektabschlusses auf dem FOREL-Kolloquium am 28. / 29.08.2019 in Dresden der Öffentlichkeit vorgestellt. Mehr Informationen sind verfügbar unter: https://plattform-forel.de/kolloquium/