ESF-Nachwuchsforschergruppe Indiv‐Implant: Individualisierte Implantate und Ersatzgewebe durch Additive Fertigungsmethoden
Projektleiter:
Prof. Dr. Michael Gelinsky (Koordinator), Dr. Anja Lode, Prof. Dr. Ralph Stelzer, PD Dr. Christine Schöne, Prof. Dr. Stefan Odenbach
Laufzeit:
01. 07. 2017-30. 6. 2020
Projektbeschreibung:
Das Thema der Nachwuchsforschergruppe „Indiv-Implant“ (ESF-NFG IndivImp) vereint zwei der derzeit interessantesten und sich rasant entwickelnden Forschungs- und Entwicklungsfelder: das der Additiven Fertigung („Additive Manufacturing“, AM) und das der personalisierten Medizin. Ersteres bezeichnet ganz generell die Erzeugung von Werkstücken aller Art durch additive Verfahren wie dem 3D-Druck oder dem Selektiven Lasersintern bzw. Laserschmelzen (im Unterschied zu klassischen, abtragenden Methoden wie dem Fräsen), was von vielen Experten als die nächste industrielle Revolution angesehen wird. Unter der personalisierten Medizin versteht man Bestrebungen, Therapien auf die individuellen Bedürfnisse der Patienten einzustellen um damit bessere Behandlungserfolge zu erzielen. Beide Ansätze sind in ersten Anwendungen bereits erfolgreich zusammengeführt worden. So werden beispielsweise schon heute AM-Techniken genutzt, um auf Basis von CT-Daten-sätzen individuell geformte und dimensionierte Implantate für Defekte des Schädelknochens zu erzeugen, da sich solche Defekte mit standardisierten Implantaten nicht adäquat verschließen lassen. Derzeit wird weltweit intensiv an der Erweiterung solcher Technologien auf biodegradable Biomaterialien geforscht, die eine vollständige Regeneration eines Gewebedefektes erlauben und nicht als Fremdkörper im Organismus verbleiben. Darauf aufbauend entwickelt sich die Biofabrikation als zukunftsweisendes Forschungsfeld: hierbei werden biologische Komponenten wie Medikamente, stimulierende Faktoren oder sogar patienteneigene Zellen in den AM-Prozess integriert, um die Geweberegeneration zu beschleunigen bzw. gezielt zu verbessern.
Individualisierte Implantate sind insbesondere für alternde Gesellschaften relevant, wie sie in den meisten europäischen Staaten vorliegen. In Sachsen ist der erwartete demographische Wandel besonders ausgeprägt und gekennzeichnet durch einen deutlich steigenden Anteil der über 65-Jährigen und insbesondere der Hochbetagten (http://www.demografie.sachsen.de/ 21742.htm). Zum einen haben alte Menschen ein deutlich höheres Risiko, z. B. Knochenfrakturen zu erleiden; zum anderen heilen Gewebsdefekte mit zunehmendem Lebensalter generell schlechter. In solchen Situationen erhöht ein patientenindividuelles Implantat, das sowohl anatomisch optimal an den Defekt als auch an den allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten (z. B. bei Diabetes) angepasst ist, die Heilungschancen. Darüber hinaus besteht ein dringender Bedarf an Implantaten aus biodegradablen Materialien, die eine Geweberegeneration nicht behindern sondern diese im Idealfall sogar unterstützen und stimulieren. Solche Implantate könnten eine wirkliche Heilung von Gewebsdefekten ermöglichen und nicht nur den dauerhaften Ersatz durch ein synthetisches Material realisieren. Mittelständische Unternehmen (Medizinprodukte-Hersteller, Anbieter individuell gefertigter Implantate) sehen hier einen großen Bedarf, verbunden mit sehr guten Chancen für eine entsprechende Marktentwicklung.
Ziel des im MINT-Bereich angesiedelten Vorhabens ist es, individualisierte Implantate aus biologisch abbaubaren Biomaterialien zu entwickeln und die für deren Herstellung relevanten Prozessketten zu etablieren. Für eine Stimulation der Regeneration von Gewebsdefekten durch das Implantat selbst sollen komplexe Designs durch Verarbeitung von Materialien verschiedener Werkstoffklassen (z. B. (Bio)-Polymere, Calciumphosphat-Phasen) realisiert und Methoden zur Integration von die Heilung unterstützenden Wirkstoffen und Zellen entwickelt werden. Darüber hinaus sollen auch personalisierte künstliche Gewebe erzeugt werden, die vermittels einer externen magnetischen (und damit induzierten mechanischen) Stimulation auch unter besonders schwierigen Bedingungen (alte, multimorbide Patienten) eine nachhaltige Geweberegeneration ermöglichen.
Im Rahmen der beantragten ESF-NFG soll die weitreichende Expertise auf den Gebieten der Erzeugung von Patienten-individuellen Biomaterial-Implantaten und Tissue Engineering-Konstrukten mit dem innovativen AM-Verfahren des 3D-Plottens (AG Gelinsky) zusammengeführt werden mit der langjährigen Erfahrung der AG Stelzer hinsichtlich der Berechnung und Simulation von Struktur-optimierten Implantaten auf Basis von 3D-Patientendaten (CAD/CAM) und den umfassenden Kenntnissen der AG Odenbach bezüglich der Herstellung, Charakterisierung und Verarbeitung von magnetischen Mikro- und Nanopartikeln. Damit wird ein hochgradig interdisziplinäres Team geschaffen, das optimale Bedingungen für die Qualifizierung junger Wissenschaftler auf dem sich rasant entwickelnden Gebiet der Additiven Fertigung für die Medizin bietet. Durch Kontakte mit regionalen KMUs soll das Forschungsvorhaben eine direkte Praxisorientierung erhalten.
Übergeordnetes Ziel der NFG ist es, an der TUD einen international sichtbaren Forschungsverbund auf dem Gebiet der Additiven Fertigung für die Medizin in Sachsen zu etablieren, der zunächst mit Hilfe zusätzlicher, gemeinsamer DM-Vorhaben ausgebaut und mit weiteren, auch außeruniversitären Partnern (z. B. Fraunhofer IWS, regionale KMUs) vernetzt, langfristig aber in eine permanente, Fakultäts-übergreifende Struktur überführt werden soll. Damit soll die Grundlage dafür gelegt werden, dass Sachsen auf dem Zukunftsmarkt der Entwicklung und Anwendung patienten-individueller Implantate sowohl wissenschaftlich als auch in Bezug auf die wirtschaftliche Umsetzung gut aufgestellt sein wird.
Projektbearbeiter/innen:
Rania Abdelgaber, Janina Spangenberg, David Kilian
Kooperationspartner:
Prof. Dr. Ralph Stelzer, PD Dr. Christine Schöne, Lehrstuhl für Konstruktionstechnik/CAD, Fakultät Maschinenwesen, TU Dresden
Prof. Dr. Stefan Odenbach, Lehrstuhl für Magnetofluiddynamik, Fakultät Maschinenwesen, TU Dresden