13.05.2019
Viel Wirbel: Physik-Nobelpreisträger Michael Kosterlitz an der TU Dresden am 15.05.
Viel Wirbel wird Michael Kosterlitz, Physik-Nobelpreisträger 2016, am 15.5. erzeugen: Um 19 Uhr wird er im Audimax die Dresdner Hörer mit Nobelwissenschaft elektrisieren in seinem öffentlichen Vortrag: "A Random Walk Through Physics To The Nobel Prize".
Mit der Pionierarbeit der Nobelpreisträger Michael Kosterlitz, David J. Thouless und F. Duncan M. Haldane begann die Erfolgsgeschichte der Topologie in ihrer Anwendung auf physikalische Probleme. Die mathematische Disziplin ist aus der Festkörperforschung heute nicht mehr wegzudenken und spielt eine wichtige Rolle in der Charakterisierung neuer exotischer Materialien, was den Physikern 2016 den Nobelpreis einbrachte.
Die jüdische Abstammung seines Vaters ließ Michael Kosterlitz‘ Familie aus Deutschland nach Schottland fliehen, wo er 1943 geboren wurde. Sein Talent in Physik und Mathematik schreibt der spätere Nobelpreisträger der Notwendigkeit zu, mit logischem Denken sein nicht verlässliches Erinnerungsvermögen kompensieren zu müssen. Seine wortwörtliche Experimentierfreude in Chemie führte mehrmals zur Evakuierung des Labors. In Cambridge studierte er Physik, Mathematik, Chemie und Biochemie, und entdeckte seine Leidenschaft fürs Klettern, die ihn viele Lernstunden kostete und so manche akademische Ernüchterung einbrachte. Trotz dem Spaß an der experimentierfreudigen Chemie entschied sich Kosterlitz, auch wegen einer im Labor hinderlichen Rot-Grün-Schwäche, für die Physik. Mehr aus Pflichtgefühl denn aus Leidenschaft bewarb sich der Wissenschaftler nach seinem Doktor in Oxford und einer Zwischenstation in Italien am Institut für Mathematische Physik der Universität Birmingham, wo er David Thouless kennenlernte – und die Ideen rund um zweidimensionale Kristalle, Wirbel und Topologie, die zu seiner Nobel-gekrönten Forschung führten.
In Festkörpern finden sich Phasenübergänge verschiedener Arten, beispielsweise bei der Änderung des Aggregatzustands, bei magnetischen, elektrischen oder elastischen Merkmale. Besonders interessant sind solche Übergänge an Oberflächen oder in Stoffen aus wenigen atomaren Schichten. In diesen effektiv zweidimensionalen Systemen fluktuieren die Materialeigenschaften oft so stark, dass Phasenübergänge unterdrückt werden. Es war die Erkenntnis von Michael Kosterlitz und David J. Thouless, dass hiervon wichtige Ausnahmen bestehen. In bestimmten Fällen bilden sich stabile Wirbel auf der Quantenebene aus, ähnlich Strudeln in Flüssigkeiten; ein Phasenübergang tritt auf, wenn sich die Wechselwirkung zwischen diesen Wirbeln entscheidend ändert, wodurch unter anderem – wie in Supraleitern – der elektrische Widerstand reduziert werden kann. Ob solche Wirbel auftreten können, lässt sich mit Hilfe der Topologie bestimmen. Sie beschreibt die globalen Eigenschaften eines Objekts, die auch erhalten bleiben, wenn es zusammengedrückt, ausgedehnt oder verdreht wird. Ihre Anwendung in der Physik könnte zukünftig etwa die Realisierung von robusten Quantencomputern ermöglichen.
Alle an Nobel-Wissenschaft Interessierten sind herzlich zu dem öffentlichen Vortrag eingeladen. Es wird um Anmeldung gebeten unter: tu-dresden.de/mn/nobel