14.04.2022
Studentisches Ehrenamt des Monats: Franz Riedel von „AIAS Dresden e.V.“ im Interview
Die studentische Initiative AIAS Dresden e.V. setzt sich für den Kampf gegen Blutkrebs ein. In vielen Fällen ist eine Stammzelltransplantation für Blutkrebspatienten die einzige Chance auf Heilung. Doch da Gewebemerkmale möglichst identisch sein müssen, finden viele Betroffene keinen passenden Spender. Franz Riedel ist Mitglied der Hochschulgruppe und möchte aktiv auf die Thematik Blutkrebs aufmerksam machen. Über seine persönlichen Erfahrungen mit der Stammzellspende und warum besonders junge Spender so wichtig sind, berichtet er im Interview.
Was bedeutet die Abkürzung AIAS?
Der Name “AIAS” steht nicht etwa für eine Abkürzung, sondern bezieht sich auf den Helden „Aias“ aus der griechischen Mythologie, der sich im Trojanischen Krieg durch seine Loyalität und enorme Tapferkeit auszeichnete. Um ein richtiger Held zu sein, braucht es aber nicht immer große Taten. Manchmal reichen auch kleine Gesten, wie eine Blutspende oder eine Typisierung, um für Andere ein wahrer Held und Lebensretter zu sein.
Wie bist du dazu gekommen, dich neben deinem Forstwissenschafts-Studium noch ehrenamtlich zu engagieren – und warum ist deine Wahl auf diese Hochschulgruppe gefallen?
Ich wollte Leute außerhalb der Uni kennenlernen, die nicht das Gleiche studieren wie ich, und gleichzeitig etwas Sinnvolles leisten. Da sind Hochschulgruppen und Vereine die erste Anlaufstelle. Ich habe mich z.B. auch bei der „Bühne“ oder bei elbMUN engagiert, was mir großen Spaß gemacht hat. Es gibt aber nur eine Initiative, die aktiv Leben rettet: AIAS! Die Energie der Leute dort und das unglaubliche Gefühl, die Welt selbst ein Stück besser zu machen, haben mich sofort überzeugt meine Zeit in dieses Projekt zu stecken, als ich an einem Infostand angesprochen wurde. Am Ende des Tages muss man sich fragen, was man mit seiner Freizeit machen möchte: etwas Soziales und Sinnvolles oder Rennautos und Betonboote bauen.
Die Möglichkeiten sich bei AIAS zu engagieren sind sehr vielfältig. Was machst du genau?
Bei AIAS gibt es vier verschiedene Ressorts, die alle unverzichtbare Aufgaben übernehmen – vom Marketing bis hin zu IT und Personal. Ich selbst kümmere mich um die Events, die wir für Aufklärungszwecke oder im Zuge von Registrierungsaktionen organisieren. Zusammen mit den anderen Mitgliedern bin ich verantwortlich für Förderanträge, Logistik und Planung kreativer Veranstaltungen. Dabei gibt es keine Grenzen des Möglichen! Wir haben beispielsweise vor vier Jahren in Kooperation mit der DVB eine eigene Straßenbahn genutzt und Fahrgäste während der Fahrt über das Thema Leukämie aufgeklärt.
Darüber hinaus bin ich Schatzmeister im Vorstand, d.h. ich habe die Aufsicht und Verantwortung über unsere Ausgaben und Einnahmen durch Spenden oder Sponsoring.
Blutkrebs kann jeden treffen, deshalb ist eure Arbeit so wichtig. Kannst du uns kurz erklären, wie eine Registrierung bei euch abläuft?
Das ist schnell erklärt: Mund auf, Stäbchen rein, Spender sein! Anhand der entnommenen Speichelproben kann man die Informationen extrahieren, die für die Merkmale der Blutkörperchen von Nöten sind. Diese Infos werden zusammen mit persönlichen Daten, wie Körpergewicht und Alter, bei der DKMS (Deutschen Knochenmark Spenderdatei) hinterlegt, um bei übereinstimmenden Merkmalen – einem Match – als passende:r Spender:in kontaktiert zu werden. Deswegen sind aktuelle Adresse und Telefonnummer essenziell! Ein rechtzeitiger Beginn der Blutkrebs-Therapie ist sehr wichtig – je schneller ich mit dem:der Spender:in in Kontakt komme, desto besser stehen die Überlebenswahrscheinlichkeiten des:der Patient:in.
Du bist ebenfalls als potenzieller Lebensretter gegen Blutkrebs registriert. Hast du bereits eine Übereinstimmung mit einem Patienten erlebt? Wärst du bereit für eine Spende, wenn du in diesem Moment einen Anruf erhalten würdest?
Ja, ich habe bereits ein Match mit einer Patientin gehabt. Das erste Gefühl beim Anruf der DKMS war Freude und diese unglaubliche Verantwortung für einen anderen Menschen. Ihre Gesundheit und ihr Leben lagen plötzlich in meinen Händen! Wenn man einmal in dieser Situation steckt, einem Menschen bei einer Krebstherapie helfen zu können, dann wird es kein „Nein“ geben. Ich stelle mir immer vor, dass es genauso meine Familie oder Freunde treffen könnte, und da würde ich auch sofort alle Hebel in Bewegung setzen. Denn Krebs kann jede:n erwischen.
Ich würde es jederzeit wieder tun. Der Eingriff bestand bei mir aus einer Blutspende bei einem Arzt und war wirklich gut zu bewältigen – und ehrlich gesagt, hat es richtig Spaß gemacht!
Bereits seit drei Jahren engagiert du dich bei AIAS. Was treibt dich an?
Ich selbst habe vor etwa vier Jahren Stammzellen an eine Patientin gespendet, kurz nachdem mein bester Freund an Krebs gestorben ist. Ihm konnte ich nicht helfen, dafür aber einer wildfremden Person aus Osteuropa. Das war schon ein seltsames Gefühl, aber gleichzeitig auch unfassbar tröstend und bestärkend. Ich glaube, viele Menschen haben Angehörige durch Krebs verloren und ebenfalls diese lähmende Hilflosigkeit gespürt. Viele Krebsarten sind nicht heilbar, aber Blutkrebs ist oft durch eine Transplantation der Stammzellen gut zu therapieren. Diese Möglichkeit muss man nutzen, um so vielen Menschen wie möglich das Leben zu retten, auch wenn man sich nicht direkt kennt. Denn stell dir vor, es geht um deinen Vater oder deine Oma. Dann würdest du es auch versuchen.
Wie können sich Studierende bei euch engagieren und was sollten sie dafür mitbringen?
Wenn man Lust auf Öffentlichkeitsarbeit, Freude am Fotografieren oder einfach Motivation zur Organisation von spannenden Events hat, ist man bei uns richtig. Man muss kein spezielles Wissen mitbringen – nur Freude und eine positive Einstellung, Leben zu retten.
Warum ist wichtig, gerade junge Menschen als potenzielle Spender:innen zu gewinnen?
Je jünger ein:e Spender:in, desto vitaler und anpassungsfähiger die Stammzellen des Körpers. Es ist wichtig, dass junge Menschen einen längeren Zeitraum in der Datenbank bleiben. Wenn ich mich mit 18 Jahren registrieren lasse, werden meine Gewebemerkmale fast vierzig Jahre lang in der Datenbank gespeichert. Ob ein Mensch im ersten Jahr oder erst nach zwanzig Jahren in Frage kommt, weiß ich im Vorfeld nicht. Wenn ich mich erst mit 40 Jahren typisieren lasse, ist die Zeitspanne zum Leben retten also kürzer. Sobald man 55 Jahre alt ist, fällt man aus der DKMS raus. Und je länger man bei DKMS registriert ist, desto wahrscheinlicher ist es als Stammzell-Spender:in in Frage zu kommen.
AIAS Dresden ist besonders bekannt für die großen Typisierungsaktionen, unter anderem 2020 im Hörsaalzentrum mit 2549 neuen potenziellen Stammzellspender:innen. Aufgrund der Pandemie konnten diese zuletzt nicht vor Ort stattfinden. Habt ihr jetzt Pläne für Veranstaltungen auf dem TUD-Campus?
Solange wir Corona nicht loswerden, können wir anderen Menschen natürlich keinen Abstrich im Mund machen. Eine große Registrierungsaktion ist also leider bisher nicht geplant. Deswegen konzentrieren wir uns derzeit auf Aufklärung zu dem Thema und promoten unsere Online-Kampagne, bei der man das Spender-Set coronakonform nach Hause bekommt.
Kannst du dir vorstellen, dich auch nach Abschluss deines Studiums noch aktiv für den Kampf gegen Blutkrebs einzusetzen? Was sind deine Wünsche für die Zukunft?
Selbstverständlich! Andere Leute zur Registrierung bei DKMS zu motivieren und Vorbehalte gegenüber der Transplantation aus der Welt zu räumen, kann man auch unabhängig von Studium und Beruf. Auch Typisierungsaktionen wie wir sie an der TUD organisieren, müssen nicht immer groß angelegt sein
Sich typisieren zu lassen ist kein großer Aufwand. Ich würde mir wünschen, dass die Aufklärung über das Thema beim Hausarzt präsenter umgesetzt wird und man automatisch registriert wird, außer wenn man aktiv widerspricht. Das gilt genauso für die Ausstellung eines Organspendeausweises.
Wenn du anderen Studierenden, die gerade noch überlegen, einer ehrenamtlichen Tätigkeit nachzugehen, eine Botschaft mit auf den Weg geben müsstest – welche wäre es?
Es ist egal für welches Ehrenamt ihr euch entscheidet – Das Engagement allein zählt und ist nicht selbstverständlich. Werdet Held:innen des Ehrenamts! Und der DKMS.
Der nächste Infostand von AIAS Dresden e.V. findet am 21. April vor der Alten Mensa statt. Bei gutem Wetter lädt die Lokalgruppe am darauffolgenden Tag ab 17:00 Uhr zum Wikinger-Schach auf dem Nürnberger Ei ein. Am Montag, dem 16. Mai zeigt das Kino am MTZ am Uniklinikum anlässlich zum Themenabend “Fighting blood cancer” den Film „Beim Leben meiner Schwester“. Zuvor gibt es einige Informationen zum Thema von einem Arzt aus dem Bereich der Hämatologie des Uni-Klinikums.
Das Interview führte Lu Ann Bahmann, studentische Mitarbeiterin in der Pressestelle.