14.08.2024
Start eines bundesweit einzigartigen Studiengangs
Dagmar Möbius
Im Oktober 1998 startete der erste Bachelorstudiengang Internationale Beziehungen an der TU Dresden. Die Vorgeschichte dauerte rund zehn Jahre.
„Es ist nicht ganz einfach, an einer staatlichen deutschen Universität einen interdisziplinären Studiengang zu etablieren, an dem Fächer an unterschiedlichen Fakultäten beteiligt sind“, sagt Stefan Robel. Der Politikwissenschaftler ist seit 2005 Geschäftsführer des Zentrums für Internationale Studien (ZIS) und blickt für „Kontakt-online“ zurück. 1998 war Stefan Robel Assistent am Lehrstuhl für Internationale Politik der TUD. Gründungssprecherin des neuen Studiengangs war die Lehrstuhlinhaberin, Professorin Monika Medick-Krakau. Das Zentrum für Studien (ZIS) existierte noch nicht. Nur ein kleines Büro, in dem der damalige Geschäftsführer Herbert Sirois, eine für die Fremdsprachenausbildung zuständige Mitarbeiterin und eine Sekretärin tätig waren.
Grundständig und interdisziplinär
Der damals neu eingeführte Bachelor-Studiengang war grundständig und interdisziplinär. Die klassische Konstellation Haupt- und Nebenfach gab es nicht, sondern die Fächer wurden gleichberechtigt studiert. „Es gab eine integrierte Fremdsprachenausbildung mit zwei modernen Fremdsprachen; Englisch verpflichtend und einer zweiten Fremdsprache“, berichtet Stefan Robel. Diese Noten gingen damals wie heute in die Bachelor-Abschlussnote ein. Eine dritte Besonderheit waren 1998, also noch vor der Bologna-Reform, die studienbegleitenden Prüfungen. Zudem war ein Auslandssemester obligatorisch, vor 25 Jahren ein Alleinstellungsmerkmal. Auch heute liegt das Zentrum für Internationale Studien neben der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät in Statistiken zur Anerkennung von Auslandsleistungen auf Platz 1.
Alleinstellungsmerkmal
„Die genuine Interdisziplinarität ist wahrscheinlich heute noch unser Alleinstellungs-merkmal“, sagt Stefan Robel. Bewerbende für den Bachelor-, aber auch für den Master-Studiengang Internationale Beziehungen der TUD geben als Grund für ihre Studiengangwahl nicht selten an, dass es ein vergleichbares Angebot in dieser Form an staatlichen Universitäten nicht gibt. Es existieren verwandte, teils private Studiengänge im deutschsprachigen Raum: „Auf jeden Fall ist St. Gallen zu nennen, die wirklich auch interdisziplinär unterwegs sind, aber dort wird BWL statt VWL gelehrt. Dann gibt es Kleve, eine Fachhochschule in Nordrhein-Westfalen, die ein sehr gutes englischsprachiges Angebot haben, übrigens von zwei ehemaligen Dresdner Kollegen dort etabliert.“ Auch 25 Jahre nach Gründung ist das ZIS der TU Dresden Marktführer, was ein genuin interdisziplinäres, grundständiges Studienangebot in den Sozialwissenschaften anbelangt.
Ein attraktives Angebot mit überdurchschnittlicher Erfolgsquote
Bei Abiturientinnen und Abiturienten – fast alle bewerben sich mit einem Notendurchschnitt von 1,0 bis 1,5 – ist der deutschsprachige Bachelor-Studiengang Internationale Beziehungen an der TUD sehr begehrt. Pro Jahr werden 35 bis 36 Bachelor-Studierende zugelassen. Im Master sind es 25 bis 30, in diesem Jahr erstmals 38. Zwei Drittel der Studierenden sind weiblich – eine über 25 Jahre zu beobachtende Konstante. Eine dreistellige Zahl an Bewerbungen kann jedes Jahr nicht berücksichtigt werden, obwohl die allermeisten sehr gut sind.
Regelmäßig wird Stefan Robel, der auch Studienfachberater ist, gefragt, warum es so ein Studienangebot nur in Dresden gibt. „Weil sich die TU Dresden das Zentrum für internationale Studien leistet, über all die Jahre. Ohne so eine zentrale Steuerungseinrichtung, die auch wirklich handlungsfähig ist, können Sie die Entwicklung von solchen innovativen Studiengängen über einen längeren Zeitraum nicht erfolgreich steuern. Dies geht schlicht nicht über mehrere Bereichs- und Fakultätsräte.“ Volkswirtschaftslehre, Internationales Recht und Politikwissenschaft werden gleichberechtigt studiert. Das bedeutet intensivere Beratung und Betreuung als in anderen Studiengängen. „Die Sorge auch um mentale Gesundheit ist ein Teil unseres Erfolgs“, sagt der ZIS-Geschäftsführer. „Wer hier beginnt, schließt in 85 bis 90 Prozent der Fälle erfolgreich ab. Im Bachelor wie im Master.“ Wenn Stefan Robel Erfolgsquote sagt, meint er „Abschluss in der Regelstudienzeit plus zwei Semester“. Die meisten Studierenden beenden den Bachelor in sechs Semestern. „Wegen der hohen Ansprüche rate ich manchmal, sich lieber ein bisschen mehr Zeit zu lassen. Insbesondere, wenn Schwächen in einem der drei Fächer da sind“, sagt er. Und er gibt zu: „Der interdisziplinäre Studiengang eignet sich nicht für jede und jeden.“ Manchen Studieninteressenten empfiehlt er, sich zunächst auf ein Fach zu konzentrieren, zusammen mit Nebenfächern, und vielleicht erst später einen interdisziplinären Master zu machen. Aber: „Einen Königsweg gibt es nicht.“
Zur Wahrheit gehört auch: Der Studiengang ist teurer als andere Studiengänge. Diskussionen über zu viel und zu wenig kennt Stefan Robel. Er fragt dann gern zurück: Aber welche Alumni bringen wir denn der Universität? Er weiß: „Unser Studienangebot Internationale Beziehungen an der TU Dresden hat ein unglaubliches Renommee.“ Das alles leistet ein sehr kleines Institut.
Kontakt:
TU Dresden
Zentrum für Internationale Studien (ZIS)
Geschäftsführer (und Alumnibeauftragter) Stefan Robel