Für Gleichstellung ist Kommunikation das A und O
(porträtiert im Jahr 2021)
Dagmar Möbius
Christiane Bonk ist Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Oranienburg und Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft kommunaler Gleichstellungsbeauftragter im Land Brandenburg.
„Das Datum ist Programm“, schmunzelt die 42-Jährige, wenn sie auf ihren Geburtstag angesprochen wird. An einem 8. März, dem internationalen Frauentag, im brandenburgischen Bernau geboren, kam sie während ihres Studiums an der TU Dresden erstmals mit Gleichstellungsthemen in Berührung.
Schon lange vor dem Abitur war Christiane Bonk klar: Sie wollte Journalistin werden. Sie schrieb gern, schon als Schülerin für die Lokalredaktion der Märkischen Oderzeitung. Andere Berufswünsche erwog sie kaum. „Müsste ich heute noch einmal bei null anfangen, wäre Psychologie eine Option“, sagt sie. Doch sie überzeugte ihren Vater, „der sich selbst als Feminist bezeichnet“ und ihr die „brotlose Kunst“ vorab zu bedenken gab. Weil sie sich breiter aufstellen wollte, bewarb sie sich für Kommunikationswissenschaft an der TUD, belegte Politikwissenschaft und Neuere Geschichte im Nebenfach. Näher als Münster, das als Studienort auch infrage gekommen wäre, und näher an der Familie, zudem die Heimat ihres aus Sachsen stammenden Vaters. „Der gute Ruf der Kommunikationswissenschaft war auch entscheidend und die wunderschöne Stadt mit viel Natur und der konzentrierte Campus.“
Ihr heutiges Herzensthema verdankt sie unter anderem Professor Wolfgang Donsbach (†). „Er hat mich auf den Weg gebracht“, würdigt sie. Als studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft unterstützte sie ihn, recherchierte, dokumentierte, erstellte Literaturlisten oder bereitete Hauptseminare vor. „Einmal fragte er uns, welche Medien wir lesen. Alle nannten FAZ, SZ usw. ‚Und keiner liest BILD?‘, fragte er und sagte: ‚Das ist ein Fehler. Medienvielfalt gehört dazu. Headlines sollte man kennen.‘“ Von den Methodenkenntnissen, egal ob Texte verfassen, Vorträge halten, Workshops moderieren profitiert sie bis heute: „Kommunikation ist das A und O in meinem Beruf.“ Eine der ersten Hausarbeiten im Studium schrieb sie über strukturelle Unterschiede zwischen Frauen und Männern in der DDR, beschäftigte sich später mit den Hofdamen im Mittelalter. „Spannend!“ Studienbegleitend schrieb sie für die Sächsische Zeitung und die ad rem. „Ich habe viele Umfragen durchgeführt und war mit der Kamera unterwegs. Die damals noch nicht gebaute Waldschlösschenbrücke war ein Dauerthema.“
Nach dem erfolgreich beendeten Grundstudium 2002 wollte Christiane Bonk noch einmal eine andere Hochschule kennenlernen und setzte ihr Magisterstudium bis 2006 an der Freien Universität Berlin fort. „Manchmal habe ich mich schon gefragt, warum ich weggegangen bin“, lacht sie und freut sich jedes Mal, wenn sie die Stadt besuchen kann. Für ein Praktikum bei der damaligen PR-Agentur Kohtes Klewes (heute Pleon) kam sie noch einmal nach Dresden. Hier lernte sie viel über Öffentlichkeitsarbeit und Projektmanagement. Ein Studentenjob in einer Berliner PR-Agentur schloss sich an. „Nach dem Studium ging es mit dem Berufseinstieg ganz schnell“, erzählt sie. „Als Mitzwanzigerin wurde ich auf einen Kunden wie Microsoft losgelassen und sollte Themen wie Datenschutz kommunizieren. Das war nicht so meins“, merkte sie und wechselte in eine Kommunikationsagentur, in der sie Projekte für Bundes- und Landesministerien in den Themenfeldern Chancengleichheit sowie Gender und Diversity konzipierte und begleitete.
Ab 2015 war Christiane Bonk für die EAF Berlin – Europäische Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft – als Beraterin, Trainerin, Referentin und Moderatorin in Berlin tätig. „Hier habe ich vor allem zu den Themen Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Frauen in Führungspositionen sowie politische Teilhabe von Frauen und Parität in der Politik gearbeitet“, erzählt sie. Unter anderem entwickelte sie die Jubiläumskampagne „100 Jahre Frauenwahlrecht“ des Bundesfrauenministeriums gemeinsam mit Dr. Uta Kletzing und setzte sie um. „Ich wollte eigentlich nicht weg“, sagt Christiane Bonk. Doch dann war 2018 die Stelle der Gleichstellungsbeauftragten in der Stadt Oranienburg ausgeschrieben. Hier lebt die Mutter eines neunjährigen Sohnes und siebenjähriger Zwillingsmädchen mit ihrer Familie. „Ich habe mich beworben, weil es noch einmal andere Lebensqualität hat, an dem Ort zu arbeiten, in dem man lebt, und das obwohl ich keine Verwaltungserfahrung hatte“, sagt sie – und wurde eingestellt.
„Es reiht sich alles aneinander. Ich habe immer das gemacht, womit ich mich identifizieren konnte“, schätzt Christiane Bonk ein. Sie findet es inspirierend, nah an der Basis zu sein und unmittelbare Rückmeldungen der Menschen zu erhalten. „In kleineren Veranstaltungsformaten mit 30, 40 Personen lassen sich Dinge viel intensiver besprechen“, lobt sie und meint: „Man kann viel bewegen, wenn man Themen aus bundes- oder landespolitischer Ebene in die Kommunen bringt.“
Als Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft kommunaler Gleichstellungsbeauftragter im Land Brandenburg weiß Christiane Bonk, dass diese Beauftragten im Land Brandenburg im bundesweiten Vergleich mit relativ wenig Rechten ausgestattet sind. Das will sie ändern. „Der Aktionsplan der 2018 von Deutschland ratifizierten Istanbul-Konvention ist zum Beispiel in vielen Kommunen noch nicht angekommen. In puncto geschlechterspezifische Gewalt gegen Frauen ist noch einiges zu tun.“ Die politische Teilhabe von Frauen möchte sie auch verbessern. „Mit 27 Prozent in den brandenburgischen Kommunalparlamenten sind sie unterpräsentiert.“ Das Aufweichen tradierter Rollen ist ihr ebenfalls ein Anliegen. Über das Aufteilen der Sorgearbeit sollen junge Leute schon bei der Partnerwahl sprechen. „Ich habe auch keine allumfassende Lösung parat“, gibt sie zu. Aber in den letzten Jahren gab es zahlreiche Fortschritte. Sei es bei Vätern in Elternzeit oder beim (zwischenzeitlich gescheiterten) Parité-Gesetz im Land Brandenburg.
Die Kommunikations- und Politikwissenschaftlerin leistet klassische Verbandsarbeit, spricht mit Politikerinnen und Politikern, Ministerien und vernetzt Initiativen. Eigene Ambitionen, in die Parteipolitik zu gehen, hat sie nicht. „Erstaunlicherweise wurde ich das in letzter Zeit öfter gefragt“, schmunzelt die Parteilose und stellt fest: „Ich bin eher der Beratungstyp.“ Gleichstellungsthemen sieht Christiane Bonk als Querschnittsaufgaben, die in alle Bereiche hineinwirken. Chancengerechtigkeit und Teilhabe, selbstbestimmte Berufs- und Lebensentscheidungen sowie gesellschaftliche Vielfalt abseits von Rollenklischees, Vorurteilen und rückwärtsgewandten Denkmustern sind ihre Lebensthemen. Immer wenn sie darüber nachdenkt, denkt sie auch an ihre prägende Studienzeit in Dresden.
Kontakt:
Christiane Bonk
Stadt Oranienburg
Der Bürgermeister, Gleichstellungsbeauftragte
Schloßplatz 1
16515 Oranienburg
Tel.: +49 3301-600 606
E-Mail
Web