Personalleiter Pilz professionalisiert die Personalverwaltung
(porträtiert im Jahr 2003)
Susann Mayer
Dieser Kooperationsvertrag soll helfen, die noch mitunter bestehende Distanz zwischen Forschung und Wirtschaft zu verringern bzw. gänzlich abzubauen, so der Wunsch des TU-Rektors Prof. Achim Mehlhorn bei der Unterzeichnung des Vertrages zwischen der Edelstahlwerke GmbH (bisher Sächsische Edelstahlwerke GmbH) und der TU Dresden (TUD) zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses.
Die Wichtigkeit dieses Anliegens kennt Dietmar Pilz, Personalleiter der BGH Edelstahlwerke Freital GmbH sowie Absolvent der TU Dresden (TUD). Die am 14. April 2003 vereinbarte Zusammenarbeit dient in erster Linie der Organisation von Praktika für Studierende der TUD und damit einer praxisnahen Ausbildung. Für das Unternehmen ist die Kooperation von besonderem Interesse, weil dadurch Probleme an der Nahtstelle von Theorie und Praxis mit Hilfe neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse gelöst werden können.
Der 48-jährige Pilz weiß um die Kompetenzen beider Einrichtungen. In den 1970er-Jahren lernte er Instandhaltungsmechaniker mit Abitur im Edelstahlwerk Freital. Dessen Geschichte der Stahlerzeugung und -verarbeitung geht auf die 1855 gegründete Sächsische Gußstahlfabrik zurück. In DDR-Zeiten avancierte der Betrieb zum größten Edelstahlproduzenten des Landes mit 5000 Mitarbeitern und 300 000t erschmolzenem Rohstahl pro Jahr. Das Produktionsspektrum reichte von leichtlegierten Baustählen bis hin zu Nickel- und Titanlegierungen. Heute zählt die BGH Edelstahlwerke GmbH mit Standorten Freital, Lippendorf und Lugau zu einem der größten Arbeitgeber in Sachsen. Das Freitaler Werk bietet den Vorteil, sich auf 800 verschiedene Sonderstähle spezialisiert zu haben hat. Solche Spezifikationsstähle werden von der Wirtschaft weniger in hoher Quantität abgefordert. Kleinere Mengen, dafür ein flexibles Reagieren auf geänderte Marktanforderungen auf diesem Sektor sind gefragt. Ob nun speziell beschichtete Glühlampendrähte, nichtrostende Stähle für medizinische Instrumente oder Ventilwerkstoffe die BHG hat sich auf ihre Kunden eingestellt.
Die Entscheidung für ein Studium an der TUD begründet er folgendermaßen: „Die TUD galt in der ehemaligen DDR als DIE Universität, neben vielleicht der Humboldt-Uni in Berlin. Mich reizte auch die Aussage unserer Schulleitung, dass die Anforderungen an das Studium an der TUD sehr hoch sind und deshalb eine Bewerbung für mich mit nur guten und durchschnittlichen Leistungen wenig Sinn macht."
Er wagte es trotzdem und gewann 1977 ein Studienplatz der Arbeitswissenschaften. „In der Berufsausbildung merkte ich, dass ein Studium in eine rein technische Richtung (Maschinenbau, Werkstoffwissenschaften, KFZ-Technik) nicht für mich in Frage kam. Ich suchte eine Ingenieurdisziplin, die sich als das Schaffen eines aufgabengerechten, optimalen Zusammenwirken von arbeitenden Menschen, Betriebsmitteln und Arbeitsgegenständen durch zweckmäßige Organisation von Arbeitsabläufen versteht. Es war also ein interdisziplinäres Studium mit solchen Fächern – soweit ich mich noch erinnern kann – wie technische Mechanik, technische Darstellungslehre, Fertigungslehre, Werkstofftechnik; mit den Grundlagenfächern Chemie, Mathematik, Physik und den arbeitswissenschaftlichen Studiengängen wie Arbeitsgestaltung, Arbeitspsychologie, Arbeitsmedizin, Arbeitssicherheit."
Seine Kenntnisse kamen ihm zugute, als er 1982 in die Edelstahlwerke zurückkehrte und in der Abteilung „Arbeitsorganisation" für Arbeitsgestaltung verantwortlich war. Da er als einziger in der Abteilung mit ca. zehn Mitarbeitern diese Ausbildung als Arbeitsingenieur durchlaufen hatte, konnte er 1989 die Leitung der gesamten Abteilung übernehmen. „Mit der politischen Wende kann ich heute weniger auf Kenntnisse aus dem Studium zurückgreifen. Schnittstellen ergeben sich bei einzelnen Detailaufgaben, wie z.B. der arbeitsmedizinischen Tauglichkeitsbeurteilungen, bei Arbeitsplatzbeschreibungen, bei Bewertung von tariflichen Erschwerniszulagen oder bei Fragen der Personalbemessung."
Seit 1994 ist er als Personalleiter für mittlerweile 450 Beschäftigte zuständig. Nicht nur die Ausarbeitung und Umsetzung von Sozialplänen oder die Verbesserung der Altersstruktur des Unternehmens unterliegt seiner Verantwortung. Er führte auch ein flexibles Arbeitszeitmodell ein und entwickelte ein Trainee-Programm für Hochschulabsolventen.
Eine praxisnahe Ausbildung der Studenten wird an der TUD seit jeher groß geschrieben. Auf Grund nun vereinbarten Kooperation ergeben sich vor allem für die Studierenden der naturwissenschaftlichen und technischen Fakultäten interessante Einsatzmöglichkeiten. Pilz erwartet von der Kooperation, dass TU-Studenten aller Fachrichtungen, schon während ihres Studiums, das theoretisch erworbenen Wissen durch praktische Tätigkeit ergänzen können und gleichzeitig auch schon erste Kontakte im Hinblick auf eine spätere berufliche Bindung knüpfen. Auf diese Weise könne man junge Leute sehr früh an die Wirtschaft binden und ihnen die Möglichkeit geben, von Anfang an ein Unternehmen mit hochtechnologischen und hochkomplexen Arbeits-und Produktionsabläufen aus erster Hand kenn zu lernen. Auch soll durch die Partnerschaft durch den Austausch wissenschaftlicher Ergebnisse und Erkenntnisse vorhandene Ressourcen in optimaler Weise genutzt werden.