„Plastikfrei ist unser Ding“
(porträtiert im Jahr 2022)
Dagmar Möbius
Zeno Kakuschke interessierte sich schon immer für Geschäftsmodelle und fürs Gründen. Apps fürs Handy oder eine spezielle Limonade? Ideen gab es während seiner Schulzeit viele. Im Studium gründete der Wirtschaftswissenschaftler mit Gleichgesinnten ein soziales Start-up. Mit 60 Euro Startkapital und ohne Förderung. Seit vier Jahren wächst das Unternehmen und mit ihm seine Mission „konsequent plastikfrei“.
Die eine Initialzündung für sein Interesse an Wirtschaftsthemen gab es für Zeno Kakuschke nicht. „Immer aber Ideen, wie man die Welt besser machen könnte.“ Nach dem Abitur verbrachte er ein Jahr mit Work & Travel mit Freunden in Neuseeland. Dass der in Zürich Geborene und in Berlin Aufgewachsene einmal in Dresden studiert, war Zufall. Der 31-Jährige hatte einen Freund begleitet, der sich zum Studium an der TU Dresden beworben hatte. Ein sonniger Sommertag, an dem auch gleich eine Wohnung in der Neustadt gesucht und gefunden wurde, begeisterte ihn. „Und die Nähe zu Berlin“, gesteht er. Vorher war er nur einmal in Dresden gewesen – auf Klassenfahrt.
Von VWL zu BWL
Von 2012 bis 2017 studierte Zeno Kakuschke im Bachelor-Studiengang Wirtschaftswissenschaften an der TUD, inklusive einem Erasmussemester an der Sapienza Università in Rom. Drei Jahre war er Tutor am Lehrstuhl für Entrepreneurship & Innovation (LEI) der TU Dresden. 2014/2015 arbeitete er als studentische Hilfskraft bei dresden ∣ exists, ab 2016 als Werkstudent Blockchain Consulting bei T-Systems MMS. Seine Hoffnung, volkswirtschaftliche Themen auch aus kritischer Perspektive beleuchtet zu sehen, erfüllte sich im Studium nicht: „Viel Theorie, einseitige Modelle, auch nach der Weltwirtschaftskrise 2008 fehlte Kritik“, bilanzierte er. Versäumt hat er keine einzige Lehrveranstaltung am Lehrstuhl für Entrepreneurship & Innovation. „Ob Produktmanagement oder rechtliche Themen, ich habe alles besucht.“
Solide Basis und Lehrwünsche
Spätestens mit dem Bachelor wollte Zeno Kakuschke unbedingt zurück nach Berlin. Anfangs war er ein-, zweimal im Monat nach Hause gefahren. „Doch dann drehte es sich.“ Ab 2017 schloss er ein BWL-Masterstudium an und blieb in Dresden. „Gut, dass sich der Fokus im Studium festigt“, sagt er heute. Bereichernd empfand er die Besetzung des Lehrstuhls für Marketing durch Professor Florian Siems. Rückblickend beurteilt er sein Studium als „eine solide Basis“. Moderne und aktuelle Inhalte, beispielsweise zu digitalem Marketing, vermisste er. Auch einen Praxisbezug, wobei ihm bewusst ist, dass Universitäten wissenschaftlich ausgerichtet sind. Sowohl seine Bachelor- als auch seine Masterarbeit beschäftigten sich mit Gründungsthemen: zum einen, ob auf dem Markt Innovatoren, sogenannte „First Mover“, überleben oder eher die Nachahmenden, zum anderen, wie eine Finanzierungsrunde aus Sicht eines Start-ups abläuft.
Vier Freunde, ein Bienenwachstuch und 60 Euro
Das ist die Essenz, die 2018 zur Gründung des eigenen Unternehmens führte. Mitgründerin Luca Hillesheim stellte selbst Bienenwachstücher her und verschenkte sie. „Das war unser erstes Produkt“, erzählt Zeno Kakuschke. Als auf dem Weihnachtsmarkt und via Messenger-Gruppe 200 Stück verkauft wurden, gründeten die vier Freunde Zeno Kakuschke, die Geschwister Jannis Hillesheim und Luca Hillesheim (alle WiWi-Alumni der TUD) mit Leander Hoyer, der an der TUD Maschinenbau studiert, eine GbR. Mit 60 Euro Startkapital wurden Rohstoffe gekauft. Umsätze wurden wieder in die Firma investiert. „Wir hatten nicht nach einer Idee gesucht, wir sind da ‘reingerutscht und hatten nichts zu verlieren. Wir haben schnell gemerkt: Plastikfreie Produkte sind unser Ding. Wir haben eine größere Mission.“ Das Social-Start-up möchte auf die globale Plastikkrise aufmerksam machen, indem es Alternativen zeigt. „Plastik hat seine Berechtigung“, stellt Zeno Kakuschke klar, „aber Einwegverpackungen sind unverantwortlich.“ Für jedes verkaufte Produkt versprechen sie, 100 Gramm Plastik abzubauen. Dazu unterstützen sie ein Recyclingsystem in Südindien. Bisher stehen 9,3 Tonnen abgebautes Plastik in der (ideellen) Bilanz. Dies entspricht etwa 930.000 0,3-Liter-Plastikflaschen. „Das sind motivierende Kennzahlen, keine wirtschaftlichen“, sagt Zeno Kakuschke. „In vielen Regionen der Welt gibt es keine funktionierenden Abfallmanagementsysteme von Müllabfuhr über Mülltrennung bis Recycling, hier wollen wir ansetzen!“
Nach zwei Jahren das erste Gehalt
Förderprogramme nahmen die vier Gründerinnen und Gründer bisher nie in Anspruch. Vor allem, weil diese nur für Teams gedacht sind, die noch nicht begonnen haben. Anfangs stellten die Freunde ihre Bienenwachstücher, festen Shampoos und Seifen unter der Marke NICAMA selbst her. Der Vorteil: „Wir brauchten keine Millionen für die Marktreife.“ Erst nach zwei Jahren zahlten sie sich ein kleines Gehalt aus. Anfang 2021 kündigten alle ihre Nebenjobs. Heute arbeiten die vier in Vollzeit im eigenen Unternehmen. Das ist inzwischen eine GmbH, die zehn Mitarbeitende, darunter sechs studentische Hilfskräfte in Teilzeit beschäftigt. „Jetzt brauchen wir Kapital“, sagt Zeno Kakuschke, der mit Jannis Hillesheim die Geschäfte führt. „Die Produktmengen schaffen wir nicht mehr selbst und planen eine regionale Lohnproduktion. Dafür suchen wir nach Finanzierungspartnern.“
Upcycling-Seifen aus Orangenschalen und Kaffeesatz
Der Fokus des Unternehmens liegt nun auf Naturkosmetik. Es wird stetig an neuen NICAMA-Produkten getüftelt. Neuester Renner sind Upcycling-Kosmetika. Aus scheinbar wertlosen Lebensmittelresten wie Orangenschalen und Kaffeesatz wurden Seifen mit Peeling-Effekt und Vitaminen kreiert, die sich zunehmender Nachfrage erfreuen. Allerdings: Die Corona-Pandemie mit ständigen Umplanungen beeinträchtigte das von Direktvertrieb auf Messen und Märkten lebende Geschäft sehr. „Einen Tag vor dem Weihnachtsmarkt wurde dieser abgesagt. Wir hatten für einen Warenwert von 100.000 Euro eingekauft“, nennt Zeno Kakuschke ein Beispiel, um gleich zu relativieren: „Zum Glück haben wir keine verderbliche Ware, andere hat es schlimmer getroffen.“
Gemeisterte Krisen und künftige Herausforderungen
Bisher gab es unter den befreundeten Gründern noch keinen richtigen Streit. Die Arbeitsbereiche sind klar aufgeteilt. Es wird viel miteinander gesprochen. Vierteljährlich finden größere Meetings statt. „Ich stehe jeden Tag gerne auf“, sagt Zeno Kakuschke. „Kleine Krisen gemeistert zu haben fühlt sich gut an.“ Aktueller Knackpunkt, an dem das Team tüftelt: „Wie kriegt man flüssige Kosmetika plastikfrei verpackt?“ Auch dafür sind sie in der Dresdner Start-up-Szene gut vernetzt. Als Praxispartner sind sie in einem Seminar des LEI aktiv eingebunden, beschäftigen Werkstudierende und bieten Praktikumsplätze an. Für die Zukunft ist unter anderem die Zertifizierung der Produkte made in Dresden geplant.
Kontakt:
Zeno Kakuschke
Co-Gründer und Geschäftsführer
Apinima GmbH
Fritz-Hoffmann-Str. 8b
01097 Dresden
Tel: +49 351 896 722 3702
E-Mail
Update 2024:
- Mehr als 23.000 Kilo Plastik geborgen, was 2,3 Mio. Plastikflaschen entspricht
- Mehrmalige Preisträger des eku Zukunftspreises des Sächsischen Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft
- 2024 nominiert für die Endauswahl Sachsen Unternehmer:in des Jahres 2024
- Naturkosmetik Zertifizierung nach COSMOS Organic abgeschlossen
- Mittlerweile mehr als 300 Verkaufsstellen in Deutschland und erste Retailer im europäischen Ausland
- Zusammenarbeit mit Bio-Großhändlern und größeren Bioketten: Biomarkt denn's Region Sachsen, Bio-Mare in Leipzig und Vorwerk Podemus in der Region Dresden
- Neuste Produktkooperation mit der bekannten Bio-Traditionsmosterei Voelker: Haferdrinkseife als vergane Alternative zur Schafsmilchseife
- Aktuell läuft eine Crowdfunding-Kampagne auf Startnext für die Produktentwicklung eines innovativen Upcycling-Körper-Peelings: https://www.startnext.com/GxT
Mit dem REWE auf der Bautzener Straße in Dresden arbeiten wir super gerne zusammen und freuen uns, dass wir auch im somit auch im Lebensmitteleinzelhandel Erfahrungen sammeln können. Der REWE auf der Königsbrückerstraße Dresden führt uns auch seit mehreren Jahren.