Die Förderergesellschaft im Nationalsozialismus
Die GFF der TH Dresden unterstützte das faschistische Regime bis zum Schluss / Weitere Aufarbeitung der Geschichte notwendig
Universitätsjournal 08/2021
Mit der Gründung der Gesellschaft von Förderern und Freunden der Technischen Hochschule Dresden e. V. am 7. Dezember 1921 wurden vor allem zusätzliche finanzielle Mittel für die Forschung der Professoren generiert, insbesondere für notwendige Geräte und Apparaturen, aber auch für Bücher, Reisemittel und Stipendien. Anlässlich des 10-jährigen Jubiläums konnte der Ehrenvorsitzende der Gesellschaft und ehemalige sächsische Kultusminister Dr. Dr.-Ing. e. h. von Beck am 11. Dezember 1931 auf eine erfolgreiche Entwicklung der Organisation und die enge Zusammenarbeit der Professoren mit der sächsischen Wirtschaft verweisen. Im November 1932 wurde im Rechenschaftsbericht ausgewiesen, dass seit dem Ende der Inflation 1924 fast 335 000 Reichsmark für die Förderung von wissenschaftlichen Projekten zur Auszahlung gekommen waren, zuzüglich der ebenfalls zur Jahrhundertfeier der Hochschule 1928 eingeworbenen eine Million Reichsmark. Das ausgezahlte Geld stammte vor allem aus Zinserträgen festverzinslicher Wertpapiere und aus Aktien. Verluste glichen die Banker mitunter aus der eigenen Tasche aus. Auch der Romanist Victor Klemperer hatte aus den Fördertöpfen der Gesellschaft zugunsten seines Seminars profitiert und erfolgreich angeregt, dass der Leipziger Fritz Thiele zum Ehrensenator ernannt wurde. Der autobegeisterte Unternehmer führte fortan mit Stolz diesen Titel und blieb der Hochschule verbunden. Die Förderergesellschaft hatte sich zu einer interessanten Plattform des Austauschs mit Entscheidungsträgern aus Wirtschaft, Politik und hoher Bürokratie entwickelt. So wurden die Hauptversammlungen genutzt, um die Freunde und Förderer auch mit speziellen Themen der Hochschule vertraut zu machen. 1932 hielt der über Sachsen weit hinausgehend gut vernetzte und außerordentlich kommunikative Professor Enno Heidebroek im Rahmen eines »Abends der Technischen Hochschule « einen Vortrag zur »Kritik der Technik«. Anschließend fanden die Freunde und Förderer viele Gelegenheiten, mit dem Professorenkollegium »in enge persönliche Fühlung« zu kommen. Sicher wurden dabei verschiedene wissenschaftliche Projekte besprochen, bei deren Realisierung finanziell potente Unternehmer hilfreich waren. Vermutlich stellte man dabei auch das eine oder andere Ehrendoktorat oder einen Senatorentitel in Aussicht. Solche Gespräche wurden und werden aber in den Akten nicht festgehalten.
Wie ging es mit der Gesellschaft nach dem 30. Januar 1933 weiter?
Noch im November 1933 waren die Bankiers Adolf und Heinrich Arnhold in der Förderergesellschaft tätig. Adolf Arnhold als Schatzmeister und Vorstandsmitglied sowie sein Bruder Heinrich als Angehöriger des Verwaltungsrates. Auch Victor Klemperers Name ist 1933 in den offiziellen Verlautbarungen der Gesellschaft nachgewiesen. Ein Jahr später fehlten die Namen der als jüdisch geltenden Mitglieder im Rechenschaftsbericht der Gesellschaft von Ende 1934. Ebenso sucht man vergebens den Namen des 1931 gewählten Dresdner Oberbürgermeisters Wilhelm Külz, der zudem der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) vorgestanden hatte. Külz war im März 1933 entlassen worden, weil er sich geweigert hatte, den Nationalsozialisten suspekte Mitarbeiter zu entlassen und die Hakenkreuzfahne am Rathaus zu hissen. Der Ausschluss dieses Personenkreises aus der Förderergesellschaft erfolgte offenbar geräuschlos, da ein Teil der Mitglieder des Vorstandes und des Verwaltungsrates satzungsgemäß nach einer bestimmten Frist ausscheiden musste, wobei eine Wiederwahl jederzeit möglich gewesen wäre. Fragen zum Verzicht auf die weitere Mitarbeit dieser um die Entwicklung der Förderergesellschaft außerordentlich verdienten Mitglieder wurden auch auf der Hauptversammlung Ende 1933 offensichtlich nicht gestellt, jedenfalls ist dazu weder schriftlich noch mündlich etwas überliefert. Wie auch an der Hochschule wurden die Eingriffe des nationalsozialistischen Staates in personeller und struktureller Hinsicht hingenommen oder toleriert. Ob sie ausdrücklich begrüßt wurden, wie von vielen Professoren, die im November 1933 das Bekenntnis der deutschen Hochschullehrer zu Adolf Hitler unterzeichnet hatten, ist nicht bekannt. Dagegen ist die Mitarbeit von aktiven Nationalsozialisten sowohl aus der Professorenschaft als auch aus der Stadt Dresden und der Regierung hinlänglich überliefert. Insgesamt ist in den Gremien der Gesellschaft eine Kontinuität zu verzeichnen. So leitete der exzellent vernetzte Robert Vorländer – inzwischen pensionierter Generaldirektor und kaufmännischer Chef der renommierten Chemischen Fabrik von Heyden – auch noch während des Zweiten Weltkrieges die Geschäfte des Vorstandes der Gesellschaft. Im Vorstand und im Verwaltungsrat waren nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten verstärkt deren getreue Gefolgsleute mit politischem Einfluss vertreten, wie der sächsische Staatsminister für Wirtschaft Georg Lenk oder der bereits 1928 ehrenpromovierte Ehrensenator Heinrich Koppenberg, Chef der Mitteldeutschen Stahlwerke und Generaldirektor der von den Nationalsozialisten verstaatlichten Junkers-Flugzeugwerke. Hermann Göring hatte ihn 1938 als NSDAPMitglied zum Sonderbevollmächtigten zur Herstellung der JU 88 ernannt, dem Standardbomber der Luftwaffe. Damit saß einer der führenden Rüstungsmanager Deutschlands im Vorstand der Dresdner Förderergesellschaft. Nicht zufällig wies der Vorstandsvorsitzende der Gesellschaft im November 1938 auf die hohe Bedeutung der technischen Wissenschaften und »der damit verbundenen Forschungsarbeiten im Hinblick auf den neuen Vierjahresplan unseres Führers und Reichskanzlers« hin. Jedenfalls hatte sich auch die Förderergesellschaft in den Dienst der nationalsozialistischen Diktatur gestellt. Dabei wurden die Finanzen weiterhin für spezielle technische Geräte, Bücher und Zeitschriften für Forschungsprojekte der Professoren ausgegeben. Es ist hierbei kaum möglich zu unterscheiden, ob die zusätzlichen Mittel in rüstungsrelevante oder zivile Projekte flossen. Ein Nachweis der Kriegswichtigkeit wie bei staatlicher Auftragsforschung war offensichtlich bei den eingeworbenen Mitteln der Förderergesellschaft nicht erforderlich. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass Forschungsvorhaben sowohl für den militärischen, als auch für den zivilen Sektor unterstützt wurden. Nicht wenige Projekte waren für beide Sektoren relevant. So wies Robert Vorländer im Bericht zum Geschäftsjahr 1941/42 auf die Wichtigkeit der Wissenschaft im Kriege und in der Nachkriegszeit hin. Grundlagenforschung schaffe den Boden für die Zweckforschung. Diesen Intentionen entsprachen beispielsweise hohe Sonderspenden für das Schwachstrominstitut von Heinrich Barkhausen noch in der Endphase des Zweiten Weltkrieges.
Fördermittel wurden aber auch direkt für die Entwicklung der Raketentechnik im Rahmen des auch an der TH Dresden verankerten »Sondervorhabens Peenemünde« ausgegeben, das letztlich mit dazu beitrug, den aussichtslosen Krieg in seiner letzten Phase zu verlängern und den Mythos der erwarteten »Wunderwaffe« zu befeuern.
Zusammenfassend kann in diesem kursorischen Beitrag festgestellt werden, dass die Förderergesellschaft mit ihren Mitteln das nationalsozialistische Regime bis zum Schluss aktiv unterstützte und mittrug. Das ist unstrittig und bedarf ständiger Aufarbeitung und Reflexion in unserer sich dynamisch verändernden Welt.
Dr. Matthias Lienert,
Direktor Universitätsarchiv