Forschungsfeld "Multiphysikalische Materialmodellierung auf mehreren Skalen"
Die Beschreibung des multiphysikalischen Verhaltens mikro-heterogener Materialien erfolgt zum großen Teil mit Hilfe phänomenologischer Modelle basierend auf experimentellen Beobachtungen auf der Mikroskala sowie über kontinuumsmechanische Überlegungen. Ein Beispiel ist das themomechanisch stark gekoppelte Verhalten von Dualphasenstählen bei großen plastischen Deformationen. Ziel ist in den meisten Fällen, ein skalenübergreifendes oder makroskopisches Verhalten des betrachteten mikro-heterogenen Materials vorhersagen zu können. Hierfür kommen unterschiedliche numerische Mehrskalenmethoden zum Einsatz, die am Institut entwickelt werden.
Forschungsprojekte
Ansprechpartner:
Tengfei Lyu, Shahbaz Ahmed
Kooperationspartner:
Institut für Kontinuumsmechanik (IKM), Leibniz-Universität Hannover
Abstrakt:
Während der Umformung von Metallen werden erhebliche Mengen mechanischer Arbeit aufgrund großer plastischer Deformationen dissipiert. Der resultierende Temperaturanstieg führt zu thermischen Dehnungen und einer möglichen Änderung der Materialeigenschaften, die das mechanische Verhalten während der Umformung sowie die Geometrie des umgeformten Körpers beeinflussen kann. Aus diesem Grund ist es wichtig, thermische Effekte und Wärmeleitung in der Materialmodellierung der polykristallinen Mikrostruktur des betrachteten Metalls zu berücksichtigen. Das resultierende thermomechanische Problem zeigt eine starke Kopplung, da auf der einen Seite durch mechanische Dissipation Wärme entsteht, auf der anderen Seite die mechanischen Eigenschaften aber auch von der Temperatur abhängen können und auch große thermische Dehnungen auftreten können. Experimentell kann der Temperatureinfluss ermittelt werden indem Umformversuche an Materialproben bei unterschiedlichen Temperaturen durchgeführt werden. Die Ergebnisse können für die Modellierung des thermomechanischen Materialverhaltens auf der Mikrostrukturebene genutzt werden. Über Homogenisierungsverfahren werden hierdurch die makroskopischen Eigenschaften ermittelt und das effektive Materialmodell, das in Förderperiode 1 des SFB TR73 entwickelt wurde, erweitert.
Ein weiterer kritischer Effekt, der während der Umformung auftreten kann, ist die Initiierung und der Fortschritt von Mikrorissen. Dieser Effekt führt zu einer Reduktion der Steifigkeit oder sogar zum Versagen des Bauteils. Daher ist es sehr wichtig, die Degradationseffekte in der polykristallinen Mikrostruktur zu untersuchen. Ein nichtlokales Schädigungsmodell kann dabei genutzt werden, um die Effekte von Mikrorissen abzubilden. Für Rissfortschrittsberechnungen werden existierende Modelle um nichtlineares, anisotropes und inelastisches Materialverhalten erweitert. Insbesondere für den Fall eines Risswachstums über bzw. entlang von Korngrenzen müssen Rissfortschrittskriterien entwickelt werden. Für den Fall stabilen Risswachstums können repräsentative Volumenelemente genutzt werden um ein effektives, mikromechanisch motiviertes Spannungs-Dehnungsverhalten zu erhalten. Über diese Vorgehensweise kann das Materialmodell, das in Förderperiode 1 des SFB TR73 gewonnen wurde, erweitert werden. Dabei ist es wichtig, die Entfestigung des Materials über ein nichtlokales Schädigungsmodell abzubilden. In einem letzten Schritt werden die beiden Ansätze dieses Projektes kombiniert, um das thermomechanische Verhalten inklusive Schädigung abbilden zu können.
Ansprechpartner:
Samira Hosseini
Kooperationspartner:
Institut für Kontinuumsmechanik (IKM), Leibniz-Universität Hannover
Abstrakt:
Faserverstärkte Kunststoffe sind heute weit verbreitet im Einsatz, insbesondere in Hochtechnologieanwendungen wie z.B. der Luft- und Raumfahrttechnik und im Fahrzeugbau. Vorteile faserverstärkter Kunststoffe sind unter anderem ihre hohe Festigkeit und ihr sehr hohes Verhältnis von Steifigkeit zu Gewicht, sehr hohe Korrosionsbeständigkeit und einstellbare mechanische Eigenschaften. Auf der anderen Seite ist ihr Einsatz auch begrenzt aufgrund verschiedener Versagensmechanismen wie z.B. Delamination oder auch Faserknicken unter Kompression. In unidirektionalen faserverstärkten Kunststoffen gilt Faserknicken als der kritischste Versagensmechanismus, da Faserknicken zum abrupten Versagen des Materials und der ganzen Struktur führen kann.
Aufgrund des Größenunterschieds zwischen dem betrachteten Ingenieursbauteil und der Mikrostruktur, in der Faserknicken stattfindet, sind für die numerische Berechnung Mehrskalenmethoden notwendig. Da aber Faserknicken ein Lokalisierungseffekt ist, sind Mehrskalenmethoden basierend auf einem Global-Lokal-Konzept denen basierend auf dem RVE-Konzept vorzuziehen. Die Mehrskalenprojektionsmethode, die ursprünglich für Mehrskalenbetrachtungen von Rissfortschritt entwickelt wurde, wird in diesem Projekt für die Mehrskalensimulation von Faserknicken genutzt. Innerhalb dieser Methode wird ein Feinskalenbereich definiert, in dem die Mikrostruktur (Fasern, Matrixmaterial und Zwischenschicht) explizit modelliert werden. Die Randbedingungen für die Feinskalenberechnung kommen von der Grobskalenlösung für das Verschiebungsfeld. Im Gegenzug werden die Spannungen und die Materialtangente von der Feinskalenlösung zurück zur Grobskala gegeben und dort in der schwachen Form des Gleichgewichts genutzt. Delamination zwischen Fasern und Matrixmaterial auf der Feinskala wird mit Hilfe von Kohäsivzonenelementen für große Deformationen berechnet, die für die Berechnung von Faserknicken gebraucht wird.
Der Feinskalenbereich wird mit Hilfe eines auf der Grobskala auszuwertenden Kriteriums für Faserknicken automatisch bestimmt.
Ansprechpartner:
Martina Baldrich, Felix Töller
Kooperationspartner:
Institut für Kontinuumsmechanik (IKM), Leibniz-Universität Hannover
Abstrakt:
Ziel des Sonderforschungsbereichs SFB 1153 „Tailored Forming“ ist das Potential einer neuen Fertigungstechnologie, dem „Tailored Forming“, für hybride Umformbauteile zu eröffnen. Im Gegensatz zu etablierten Fertigungsprozessen für hybride Bauteile, in denen das Fügen entweder während oder im letzten Schritt der Prozesskette erfolgt, werden beim „Tailored Forming“ zu Beginn des Fertigungsprozesses die aus unterschiedlichen Materialien bestehenden Halbzeuge gefügt und anschließend gemeinsam umgeformt. Der kontrollierte Materialfluss während der Umformung ermöglicht neue Designs für die Fügezone, die in herkömmlichen Herstellungsverfahren nicht möglich wären. Außerdem kann in Abhängigkeit der Materialkombination der thermomechanische Umformprozess für eine verbesserte Fügequalität sorgen.
Ziel des Teilprojekts C4 innerhalb des SFB 1153 ist die multiphysikalische Modellierung und Simulation des Mikrostrukturverhaltens der Fügezone während des Umformprozesses und die Beschreibung der makroskopischen, effektiven thermomechanischen Eigenschaften der Fügezone während und nach der Umformung. Das im Projekt entwickelte makroskopische Materialmodell und die hierfür gewonnenen Materialparameter werden von anderen Teilprojekten im SFB für weitere Umformsimulationen genutzt. Eine Herausforderung für die Modellierung und Simulation der Mikrostruktur der Fügezone ist das teilweise sehr unterschiedliche Materialverhalten der Fügepartner. In der Fügezone finden während des Fügens, der Umformung und einer anschließenden Wärmebehandlung sehr komplexe, stark gekoppelte thermochemomechanische Prozesse statt. Diffusion spielt eine wichtige Rolle für die Kohäsion der Materialien. Dieses komplexe Materialverhalten muss auf der Mikroebene modelliert und simuliert werden. Ein zweites Ziel des Teilprojekts ist die Vorhersage von Eigenspannungen nach der Umformung speziell in der Nähe der Zwischenschicht aber auch nahe der Oberflächen. In Kooperation mit vielen anderen Teilprojekten des SFB findet eine Validierung der Modellierung statt. Andere Teilprojekte nutzen im Gegenzug die entwickelten Modelle für makroskopische Umformsimulationen.
Abstrakt:
Gegenstand dieser Arbeit ist die Entwicklung mechanischer Modelle auf der Mesoebene zur analytischen Beschreibung des makroskopischen Materialverhaltens von textilbewehrtem Feinbeton. Für die Modellierung der heterogenen Struktur wird das Konzept der repräsentativen Volumenelemente (RVE), die für die Mesostruktur des betrachteten Verbundwerkstoffes repräsentativ sind, verwendet. Der Übergang von dem heterogenen Materialverhalten auf der Mesoebene zum mittleren Materialverhalten auf der Makroebene erfolgt mittels Homogenisierung.
Auf Basis der mikromechanischen Grundlösung für ellipsoidförmige Einschlüsse nach Eshelby wird ein Modell entwickelt, das die Ermittlung des Materialverhaltens von multidirektional bewehrtem Feinbeton ermöglicht. Durch die Anwendung einer Effektive-Feld-Theorie wird die gegenseitige Beeinflussung der unterschiedlich orientierten Bewehrungen in einem gemittelten Sinn betrachtet. Die ab einer bestimmten makroskopischen Beanspruchung entstehenden Mikrorisse berücksichtigt das mechanische Modell über einen durch die Mikrorisse hervorgerufenen zusätzlichen Verzerrungsanteil im RVE. Mittels der verwendeten Effektive-Feld-Theorie kann eine mittlere Beeinflussung zwischen den Mikrorissen und der Rovingbewehrung erfasst werden.
Für den Übergang von der Mikrorissbildung zur Makrorissbildung wird für das mechanische Modell der Begriff einer maximalen Mikrorissdichte eingeführt. Überschreitet die Mikrorissdichte im RVE diesen maximalen Wert, vereinigen sich die Mikrorisse zu Makrorissen. Zur Beschreibung des mechanischen Verbundverhaltens zwischen Roving und Matrix beim Rovingauszug am Makroriss wird eine multilineare Schubspannungs-Schlupf-Beziehung verwendet, welche die Schädigung des Roving-Matrix-Verbundes bis hin zum vollständigen Versagen erfasst. Damit lassen sich experimentell ermittelte Kraft-Verformungskurven an Zugproben wirklichkeitsnah abbilden.
Referenzen:
Richter, Mike: Entwicklung mechanischer Modelle zur analytischen Beschreibung der Materialeigenschaften von textilbewehrtem Feinbeton. Dissertation, Institut für Mechanik und Flächentragwerke, Technische Universität Dresden, 2005
Richter, Mike; Zastrau, Bernd: On the Nonlinear Elastic Properties of Textile Reinforced Concrete under Tensile Loading Including Damage and Cracking. Materials Science and Engineering A (422), 2006, S. 278--284
DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft), Sonderforschungsbereich 528: Textile Bewehrungen zur bautechnischen Verstärkung und Instandsetzung
Teilprojekt B6: Übertragungsverhalten von Roving zu Roving und Endverankerung textiler Strukturen
Abstract:
The continuum mechanics analysis of load transfer mechanisms between the individual fibers and the matrix and their influence on the overall behavior of textile reinforced concrete (TRC), in addition to determining the required anchoring end lengths of the textile reinforcement. Moreover, the stress transfer and the damage mechanisms in the areas of the overlapping lengths of the fibers are investigated. The analysis of the stress transfers and the damage mechanisms are carried out by means of the continuum mechanics analysis, the numerical simulations, and the fracture mechanics approaches.
Further information can be found in the detailed description
Abstrakt:
Ziel dieser Arbeiten ist es, Kontinuumstheorien in vereinheitlichter, differentialgeometrischer Darstellung anzugeben und einer numerischen Lösung zuzuführen. Im Laufe der Zeit haben sich aus unterschiedlichsten Gründen eine Vielzahl von Kontinuumstheorien entwickelt, die mehr oder weniger gravierende Verallgemeinerungen im Vergleich zum klassischen (elastischen) Boltzmann-Kontinuum mit seinen drei Verschiebungsfreiheitsgraden aufweisen. Exemplarisch sein nur das Cosserat-Kontinuum genannt, dass neben den drei Verschiebungsfreiheitsgraden auch Rotationsfreiheitsgrade kennt. Im Vordergrund der Arbeit steht die theoretische Formulierung und Vereinheitlichung existierender Kontinuumstheorien, wobei eine geometrische Beschreibung mit Mitteln der Differentialgeometrie Anwendung findet. Das wahre Potenzial einer Kontinuumstheorie zeigt sich jedoch erst in der Anwendung, d.h. bei der numerischen Simulation realer Fragestellungen, weshalb der numerischen Lösung mittels der Methode der finiten Elemente – auch im Wechselspiel mit der Entwicklung von Kontinuumstheorien – eine bedeutende Rolle zukommt.
DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft), Sonderforschungsbereich 528: Textile Bewehrungen zur bautechnischen Verstärkung und Instandsetzung
Teilprojekt A3: Entwicklung konstitutiver Gesetze für Feinbeton mit textiler Bewehrung
Abstrakt:
Zur mechanischen Beschreibung des Verhaltens des Verbundwerkstoffes Textilbeton ist die Kenntnis der wichtigsten Tragmechanismen nötig. Durch die Bewehrung des spröden Betons mit Endlosfasern (Glas, Carbon, Aramid, ...) wird weniger eine Erhöhung der Steifigkeit des Verbundwerkstoffes erreicht, als vielmehr eine Quasiduktilität erzielt. Dies ist hauptsächlich auf das sukzessiv versagende Interface zwischen Faser und Matrix während der Rissbildung des Betons. Die Beschreibung des Verbundes zwischen Beton und Faserbewehrung ist somit besonders bedeutsam. Mit der Kenntnis der Schubspannungstransfermechanismen und der Versagenskriterien der Einzelwerkstoffe Beton und Faserbewehrung ist unter anderem die Vorhersage von Rissabständen, Rissbreiten, Übertragungslängen und Verankerungslängen im Textilbeton möglich. Ziel des Forschungsvorhabens war es, aus der Kenntnis der Einzelwerkstoffe unter Hinzunahme der Eigenschaften des Verbundes und der Verlegeart der textilen Bewehrung Aussagen sowohl über die Steifigkeitsentwicklung infolge Schädigung des Gesamtmaterials als auch über die Bruchlasten und Versagensformen zu treffen. Diese Kenntnis über das Materialverhalten dient sowohl der Erklärung des Bauteilversagens in bereits durchgeführten Versuchen als auch der Prognose von Versuchsergebnissen.
Umfangreiche Beschreibung der Projektergebnisse in der Detailbeschreibung
Referenzen:
Beyer, F.; Zastrau, B. W. [2012], "Teilprojekt A3: Konstitutive Gesetze", Curbach, M.; Ortlepp, R. (Hrsg.): Sonderforschungsbereich 528 - Textile Bewehrungen zur bautechnischen Versẗärkung und Instandsetzung – Abschlussbericht (gekürzte Fassung), S. 67-73
weitere Referenzen in der Detailbeschreibung
Abstrakt:
Beim Vorspannprozess bei der Herstellung von thermisch vorgespanntem Glas kommt es häufig zum Absprengen der zuvor geschliffenen Glaskante oder zu einem Kantenversatz bei Verbundsicherheitsglas. Dies führt zu einer unzureichenden optischen Qualität der Glaskanten. Durch das nachträgliche Schleifen entstehen absolut ebene Oberflächen, allerdings verringert sich dabei auch die eingebrachte Druckvorspannung. Dieser Festigkeitsverlust kann nur durch eine gesteigerte Kantenqualität mit kleineren Oberflächendefekten kompensiert werden.
Das Ziel des Kooperationsprojektes ist die Entwicklung eines Schleifverfahrens bei Sicherstellung der normativ festgelegten Festigkeit für thermisch vorgespannte Verglasungen. Am Institut für Mechanik wird die Modellierung und numerische Simulation des Tragverhaltens durchgeführt. Dabei wird insbesondere die Abbildung des Materialabtrages an thermisch vorgespannten Gläsern mit ihrer Auswirkung auf die Festigkeit schwerpunktmäßig untersucht. Eine numerische Simulation mit Abbildung des Vorspanngrades und der Oberflächenschädigung soll eine rechnerische Beurteilung der mechanischen Eigenschaften der Verglasungen ermöglichen.
zum Forschungsfeld "Schädigungs- und Bruchmechanik"
zum Forschungsfeld "Numerische Methoden"
zum Forschungsfeld "Dynamik der Kontinua"
zum Forschungsfeld "Fachdidaktik der Ingenieurwissenschaften"