ABSOLUT - Automatischer Busshuttle selbstorganisierend zwischen Leipzig und dem BMW-Terminal
RAHMENDATEN
Projektlaufzeit: 01.01.2019 - 31.12.2021 (verlängert bis 30.09.2022)
Förderprogramm: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie; IKT für Elektromobilität III, Strategisches Einzelprojekt
Fördersumme: 10,0 Mio. Euro, davon 6,2 Mio. Euro - Technische Universität Dresden
MOTIVATION
Während es eine Vielzahl von Demonstrationsprojekten mit langsam fahrenden, automatisierten Shuttles im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in Deutschland und Europa gibt [https://www.vdv.de/innovationslandkarte.aspx], adressieren nur wenige Projekte die technologische Weiterentwicklung zu ÖPNV-tauglichen Geschwindigkeiten zur Sicherstellung konkurrenzfähiger Reisezeiten.
Im Projekt ABSOLUT soll untersucht und gezeigt werden, welche Technologien seitens Fahrzeug und Infrastruktur notwendig sind, um mit diesen ertüchtigten Kleinbussen im suburbanen Raum Fahrgäste sicher und bedarfsorientiert befördern und vollständig in das Nahverkehrsangebot integriert zu können.
KURZFASSUNG PROJEKTZIELE
- Technologieentwicklung automatisierter Busshuttle mit ortsüblicher Geschwindigkeit (40 – 70 km/h) zur Darstellung des fahrerlosen (Level 4 ÖV) ÖPNV-Betriebs im öffentlichen Verkehrsraum
- Erweiterung von Fahrgebiet und Situationsbeherrschung gegenüber aktuellen Projekten auf „virtueller Schiene“, die als Ziel die reiner Kollisionsvermeidung haben
- Darstellung von Linienbetrieb mit Bedarfshalt und On-Demand-Beförderung durch Vernetzung von Kunden, Leitstelle, Fahrzeugen und Verkehrsinfrastruktur zur Optimierung der Anschlusssicherung und Verkehrsqualität (bedarfsorientierte ÖPNV-Priorisierung)
PROJEKTBESCHREIBUNG
Hochschulsekretärin
NameFrau Heike Seifert
Eine verschlüsselte E-Mail über das SecureMail-Portal versenden (nur für TUD-externe Personen).
Professur für Verkehrsprozessautomatisierung
Professur für Verkehrsprozessautomatisierung
Besuchsadresse:
Gerhart-Potthoff-Bau, Raum POT 57 Hettnerstraße 3
01069 Dresden
Konsortialführung: Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) GmbH
Interne Projektpartner: Professur für Fahrzeugmechatronik, Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik, Professur für Kraftfahrzeugtechnik, Professur für Computergraphik und Visualisierung
Externe Projektpartner: Stadt Leipzig, Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) GmbH, INAVET GmbH, BitCtrl Systems GmbH, Apinauten GmbH, FSD Fahrzeugsystemsdaten GmbH, glts cotech GmbH, IAV GmbH, Sedenius Engineering GmbH, Virtence GmbH
Die Professur für Verkehrsleitsysteme und –prozessautomatisierung (VLP) leitet im Projekt ABSOLUT das Arbeitspaket 5 mit dem Forschungsschwerpunkt „Ertüchtigung der Infrastruktur“, welches unter Beteiligung der externen Partner
- Institut für angewandte Verkehrstelematik INAVET GmbH
- Stadt Leipzig
und des Konsortialführers
gemeinschaftlich bearbeitet wird.
Kernidee von ABSOLUT ist die Entwicklung von Fahrzeugen und deren exemplarische Nutzung für die Teststrecke S-Bahnhof Messe bis BMW-Werk mit ortsüblichen Fahrgeschwindigkeiten und hoher Automatisierung, die zukünftig in das Verkehrsangebot der Leipziger Verkehrsbetriebe integriert werden.
Entwicklungsgegenstand ist neben der Erprobung und Zulassung der Fahrzeuge auch der Pilotbetrieb im öffentlichen Raum zum Testen verschiedener Einsatzkonzepte. Die beinhaltet ein bedarfsgerechtes 24/7 oder „on Demand“ verfügbares Angebot, ein mit den Nutzern entwickelte Buchungs- und Informationsinterface und der Aufbau und die Vernetzung mit einer Leitstelle. Begleitend erfolgt die Untersuchung der Nutzerakzeptanz von autonomen Busverkehren.
Im Projekt arbeiten Wirtschaft, Wissenschaft und die Stadt Leipzig eng zusammen mit den Verkehrsbetrieben, welche die Projektleitung übernommen haben. Für die vorwiegend sächsischen Partner, darunter auch kleine und mittelständische Unternehmen, bietet sich auf dem Gebiet der digitalen und Kommunikationstechnologien sowie der künstlichen Intelligenz die Möglichkeit, die vorhandenen Kompetenzen anzuwenden und auszubauen, um so den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Sachsen für die Zukunft zu stärken.
Das Projekt ist ein zentraler Baustein der zukünftigen Mobilität und wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert. Es spiegelt zu dem die Zielsetzung des Freistaates Sachsen wider, konkrete Pilotprojekte zur Entwicklung und Ausbau autonomer Verkehrssysteme auszuarbeiten und zu fördern.
Die Teststrecke erstreckt sich vom S-Bahnhof Messe bis zum BMW-Werk. Damit soll in erster Linie das Mobilitätsangebot für den Leipziger Nordraum erweitert werden. Die Teststrecke ist je Richtung vom S-Bahnhof Messe bis zum Werksgelände BMW ca 7 km lang und durch unterschiedliche Streckencharakteristika gekennzeichnet. Im Rahmen des Projektes ABSOLUT wird ein Korridor Kooperativer Intelligenter Verkehrssysteme (Cooperative Intelligent Transport Systems (C-ITS)) für einen hochautomatisierten ÖPNV aufgebaut. Dazu werden auf der Strecke alle Lichtsignalanlagen sowie ein (Straßen-) Bahnübergang mittels Road-Side Units (ETSI ITS-G5) ausgestattet. Für vernetzte Anwendungen steht darüber hinaus eine öffentliche 5G-Mobilfunkabdeckung für die nächste Projektphase zur Verfügung.
Streckencharakteristik:
- Alle Knotenpunkte signalisiert, 11 Lichtsignalanlagen; 1 Bahnübergang (Straßenbahn)
- Shared Space (bis 20 km/h) auf Messegelände und BMW-Parkplatz, mehrspurige Straßen mit großer Schwerverkehrsstärke und wenig Fuß- und Radverkehr (50-70 km/h); Busverkehr und Haltestellenbereiche; Brückenbauwerke (Unterführung)
- Optimales Sensorkonzept und Entwurfsmethodik, Sensordatenfusion, Computer Vision und modellbasierte Objektklassifikation zur umfänglichen und robusten Objekterkennung
- Entwurf von Fahrzeugbordnetzen und E/E-Architektur für X-by-Wire-Fahrzeuge und vollautomatisiertes Fahren
- Modellprädiktive Online-Längs- und Querregelung des Fahrzeugs durch Optimalsteuerungsverfahren für sicherheits- und komfortoptimales Fahren unter Berücksichtigung von Freigabezeiten an Lichtsignalanlagen, Verkehrssituationen und Ladezustand
- Durchgängige Entwurfs- und Absicherungskette für hochautomatisierte Fahrfunktionen und Konzepte für eine standardisierte Zulassung
SCHWERPUNKT AP 5 "Ertüchtigung der Infrastruktur"
Im Gegensatz zu anderen Forschungsprojekten lotet das Projekt ABSOLUT die Grenzen zwischen den hinreichenden und notwendigen Infrastrukturmaßnahmen für das automatisierte Fahren immer wieder neu aus. Da sowohl eine raumübergreifende Überplanung von Straßen, Knotenpunkten, etc. sowie der flächendeckende Einsatz von den verschiedensten Sensor- und Kommunikationstechnologien in naher Zukunft nicht umsetzbar erscheint.
Von zentraler Bedeutung hinsichtlich des Umstiegs zu Straßenbahn und S-Bahn ist das Messe-Areal, welches baulich an einen Shared Space erinnert, der in seiner ursprünglichen Planung nicht für einen straßengebunden ÖPNV im Regelbetrieb ausgelegt ist. Fehlende Markierungen, nicht signalisierte Knotenpunkte, GNSS-Abschattungen und reger Fußverkehr stellen hier die größten Herausforderungen für ein automatisiertes Fahrzeug dar, denen aktuell nur mit der Herabsetzung der Fahrzeuggeschwindigkeit und zusätzlichen Referenzmarken zur Unterstützung der Ortungsfunktionen begegnet werden kann.
Ausgehend von einer Road-Side Unit am jeweiligen Steuergerät der Lichtsignalanlage empfängt das Fahrzeug folgende nach ETSI standardisierte Protokolle:
- SPaTEM (Signal, Phase and Timing Extended Message)
- MAPEM (Map Extended Message).
Damit wird gewährleistet, dass das Fahrzeug unter Anderem stets Informationen zur Position des für ihn relevanten Signalgebers, dessen aktuellen Signalzustand und die Dauer der Signalphase erhält.
Des Weiteren sendet das Fahrzeug das ebenso nach ETSI standardisierte Protokoll CAM (Cooperative Awareness Messages) bzw. für ÖPNV-Fahrzeuge CAM-R09 aus. Mithilfe dieser Nachricht wird das Fahrzeug an der Lichtsignalanlage an- und abgemeldet.
Das einst angewendete First-in-First-out-Prinzip ist seit Jahren überholt. Inzwischen ist eine Gesamtbetrachtung des Verkehrsgeschehens am Knotenpunkt zeitgemäß. Dementsprechend werden für die qualitätsgerechte ÖPNV-Bevorrechtigung die Bedarfe der einzelnen Verkehrsströme ermittelt und gegenseitig abgewogen. Ein Entscheidungssystem bildet die Logik des jeweiligen Knotenpunktes ab und wählt unter Kenntnis der ÖPNV-Betriebslage, MIV-Verkehrslage sowie dem aktuellen Zustand der LSA-Steuerung die optimale ÖPNV-Bevorrechtigung aus.
Diese Art der ÖPNV-Bevorrechtigung wird bereits seit mehreren Jahren in der Landeshauptstadt Dresden und in der Stadt Leipzig an über 20 Knotenpunkten, siehe die Projekte „Chamäleon“ und „Stadtring“, angewendet und für eine Vielzahl weiterer Verkehrsknoten derzeit geplant.
Im Projekt ABSOLUT findet die qualitätsgerechte ÖPNV-Bevorrechtigung ebenfalls Anwendung. Aufgrund der Automatisierung ist die präzise Fahrzeugposition in Echtzeit bekannt, wodurch ein minimalerer und dementsprechend effektiverer Eingriff in die LSA-Steuerung bzw. in die Koordinierung entlang des Streckenzuges vorgenommen werden kann.
Zur Unterstützung einer genauen Verortung und besseren Planung von Fahrmanövern benötigen die Automatisierungssysteme im Fahrzeuge digitales Kartenmaterial der Teststrecke. Es handelt sich hier um ein hochgenaues 3D-Modell der Infrastruktur, das mit zusätzlichen Dateninhalten angereichert ist. So sind zum Beispiel alle Verkehrszeichen mit ihrem Inhalt hinterlegt und den jeweiligen Straßenabschnitten zugewiesen.
Als Ausgangsformat für das digitale Kartenmaterial wurde OpenDRIVE aufgrund seiner Anwendung und Verbreitung auf dem Gebiet der Fahrerassistenzsysteme und der möglichen Einbindung in verschiedene Entwicklungsumgebungen und Simulationswerkzeuge ausgewählt. Dieses Format ermöglicht es, Elemente von Straßennetzwerke XML-basiert zu beschreiben und miteinander zu verknüpfen.