Besançon 2018
13.-18. Mai 2018: Interdisziplinäre Exkursion "Das Potenzial regionaler Erinnerungsorte: auf dem Weg zu einereuropäischen Identität" - Besançon (Frankreich)
13.-18. Mai 2018: Interdisziplinäre Exkursion nach Besançon (Frankreich) zum Thema "Das Potenzial regionaler Erinnerungsorte: auf dem Weg zu einer
europäischen Identität", eingerahmt von einem Seminar (Exkursionsleiter:innen: Prof. Dr. Roswitha Böhm, Kristian Raum, Florence Walter)
Exkursionsbericht
Besançon – The Place to Be Die Devise „Comtois, rends-toi!“ (dt. „Franc-Comtois, ergib dich!“) beschreibt wahrscheinlich am besten, wovon die Region Franche-Comté geprägt wurde: ein Spielball der Großmächte zu sein. In ihrer langen Geschichte kreuzten sich mehrfach spanische, französische und deutsche Machtinteressen. Im Jahr 1636 etwa wurde die Stadt Dole, die sich damals unter spanischer Verwaltung befand, durch französische Streitkräfte belagert. Deren Befehlshaber rief in Begleitung seiner stattlichen Armee mit oben genanntem Appell zur Kapitulation Doles auf und wurde mit der entschlossenen Antwort der Franc-Comtois „Nenni, ma foi!“ (dt. „Niemals nie!“) konfrontiert. Drei lange Monate hielten die Franc-Comtois der Belagerung stand, bis diese mit der Unterstützung spanischer Streitkräfte abgewendet werden konnte. Aber nicht nur die Einwohner der Franche-Comté sind für ihre Entschlossenheit bekannt, sondern auch die Studierenden der TU Dresden.
Jede/jeder Studierende der Fakultät Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaft der TU Dresden partizipiert im Laufe seines Studiums an Vorlesungen und Seminaren mit kulturwissenschaftlichem und theoretischem Fokus. In diesem Zusammenhang stellt man sich der Herausforderung, eine faszinierende Theorie nach der anderen vorsichtig unter die Lupe zu nehmen, und bemüht sich redlich, sinnvolle Bedeutungen für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft abzuleiten. Dieser Prozess vollzieht sich fast ausschließlich durch intensive Lektüren entsprechender Fachliteratur bzw. die Präsentation und Diskussion kulturwissenschaftlicher bzw. -theoretischer Konzepte in den Lehrveranstaltungen. Doch grau ist alle Theorie und so ergriffen wir dankbar die Gelegenheit, der auf Dauer monoton erscheinenden Theorielast der Lektüren und Veranstaltungen mit einem stärkeren Praxisbezug zu begegnen.
Unser im Rahmen des Seminars Das Potenzial regionaler Erinnerungsorte: auf dem Weg zu einer europäischen Identität erworbenes Wissen konnten wir in Form einer Exkursion exemplifizieren, veranschaulichen und intensivieren. Mit freundlicher Unterstützung der Fakultät Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften und der Gesellschaft von Freunden und Förderern der TU Dresden e.V. begaben sich 34 Studierende, begleitet von ihren Dozent:innen Prof. Dr. Roswitha Böhm, Kristian Raum und Florence Walter, auf den langen Weg nach Besançon, die Hauptstadt der Region Franche-Comté im Osten Frankreichs.
Auf unserer 6-tägigen Exkursion vom 13.05.-18.05.2018 bestand unsere Motivation darin, die grünste Stadt Frankreichs als einen regionalen Erinnerungsort und demzufolge maßgeblichen Baustein europäischer Identität verstehen zu lernen. Verknüpft wurde dies mit den Zielen, Besançon einerseits in puncto kulturwissenschaftlicher Gedächtnisforschung als Schnittstelle europäischer Geschichte einer transnationalen Betrachtung zu unterziehen. Andererseits wurden essentielle exkursionsdidaktische Prinzipien zum historischen und interkulturellen Lernen sowie zur Museumspädagogik angewandt und in Form von studentischen Stadt- und Museumsführungen realisiert. Unser Programm wurde von Studierenden und dem betreuenden Dozierendenteam gemeinsam gestaltet. Resultat war eine bunte Mischung aus Veranstaltungen, welche von Besuchen des Stadtzentrums, des Zeitmuseums, des Musée Victor Hugo, der Zitadelle mit dem Museum des Widerstands, der Institute für Angewandte Linguistik und des Zentrums Lucien Febvre der Université de Franche-Comté bis hin zum Büro für internationale Beziehungen variierten. Am Gymnasium Lycée Ledoux diskutierten wir mit einer 11. Klasse über regionale Erinnerungsorte und stellten ausgewählte lieux de mémoire der Stadt Dresden vor.
Selbstverständlich durfte der obligatorische Ausflug zum malerischen Château de Joux und zum Fort Saint-Antoine nicht fehlen. Auch wenn beide Orte ursprünglich Befestigungsanlagen waren, so ist insbesondere letzterer zum Schutz vor (neu-)gierigen Liebhabern des Comté gedacht. Auf Anfrage bot sich uns die Möglichkeit, das Heranreifen dieses legendären Käses zu beobachten und Hunderte riesiger Käselaibe zu bestaunen – Verkostung und geschmeidiger Duft aus den Souvenirtaschen während der Rückfahrt inbegriffen. Diesen faszinierenden Ausflug haben wir mit einem Picknick bei der ehemaligen Gastfamilie einer unserer Studentinnen ausklingen lassen. 38 Gäste zu beherbergen stellte kein Problem dar – jeder fand im geräumigen Wohnzimmer Platz, konnte regionale Spezialitäten verkosten und sich mit den beiden Gastgebenden unterhalten. Regionale Erinnerungsorte hängen also nicht nur mit Kulturwissenschaft, sondern auch eng mit Völkerverständigung zusammen.
Verfasser: Sebastian Franz
Hier finden Sie den Exkursionsbericht auch als pdf-Version zum Herunterladen.