Aug 16, 2019
125 Jahre Elektrotechnisches Institut
125 Jahre Forschung und Lehre auf dem Gebiet der energetischen Elektrotechnik an der TU Dresden
Im Jahr 1894 wurde am damaligen Königlichen Polytechnikum in Dresden das Elektrotechnische Institut als eine der ersten deutschen selbstständigen Lehr- und Forschungseinrichtungen für Elektrotechnik in Deutschland gegründet.
Mit Entdeckung des elektrodynamischen Prinzips, das die Stromerzeugung ermöglichte, durch Werner von Siemens und die Vorstellung der ersten elektrischen Lokomotive, die ein Beispiel für die breite Nutzung der elektrischen Energie eröffnete, war es notwendig, dass die bisher dafür vorwiegend empirisch gefundenen Zusammenhänge zu Aufbau und Wirkungsweise systematisch und wissenschaftlich fundiert durchdrungen und zu einem eigenen Fachgebiet entwickelt werden mussten. So erfolgte 1882 die Einrichtung des ersten deutschen Lehrstuhls für Elektrotechnik an der Technischen Hochschule Darmstadt mit der Berufung von Erasmus Kittler.
Am Polytechnikum Dresden übernahm 1882/83 Professor Trajan Rittershaus die erste Vorlesung für Kinematik und Maschinenkunde. Unter der Leitung des Physikers Ernst Hagen erfolgte 1884 die Gründung des Elektrotechnischen Laboratoriums mit einem ersten eigenen Sitz als Anbau am Hauptgebäude des Polytechnikums. 1886 begannen dort die ersten Praktika für Studenten mit Dynamomaschinen, Transformatoren und Motoren.
1890 erfolgte die Umbenennung des Königlichen Polytechnikums in Technische Hochschule, was zugleich auch die Bedeutung der Ausbildung von Studenten zu Ingenieuren insbesondere in dieser Zeit wiederspiegelt. Bis dahin erfolgte eine elektrotechnisch orientierte Ausbildung ausschließlich an Lehrstühlen für Physik und Mechanik.
Das im Jahr 1894 gegründete Elektrotechnische Institut gehörte also wie seine o. g. Vorgänger auch weiterhin zur Mechanischen Abteilung des Polytechnikums bzw. ab 1890 der jetzt Technischen Hochschule. Geprägt wurde das neue Institut durch Professoren wie Hermann Trajan Rittershaus, Wilhelm Hallwachs und Dozent Max Corsepius, die maßgeblich zur Entwicklung der Elektrotechnik an der TH Dresden auf Lehrstühlen wie der „Sammlung für Elektromaschinenbau und Entwerfen von Dynamomaschinen“ beitrugen.
Eine besondere Rolle unter den im Lauf der Zeit nachfolgenden Professoren nahm Professor Johannes Görges, von Siemens & Halske kommend, ein. Neben seinen hervorragenden wissenschaftlichen Leistungen setze er sich intensiv für den Bau eines eigenen Institutsgebäudes ein. Dieser Bau wurde 1905 durch den sächsischen König eingeweiht und trägt seit 1952 den Namen Görges-Bau. Das Gebäude war so weitsichtig konstruiert, dass es bis heute immer wieder den Erfordernissen in Forschung und Lehre angepasst werden konnte.
Görges wirkte bis 1929 am Elektrotechnischen Institut. Danach übernahm Prof. Ludwig Binder die Lehr- und Forschungsaufgaben der gesamten energetischen Elektrotechnik. Damit gab es nur noch einen Lehrstuhl auf diesem inzwischen sehr großen und für die Industrie wichtigen Gebiet.
In der Zeit zwischen 1939 und 1945 gingen die Lehr- und Forschungsaktivitäten an der gesamten Hochschule stark zurück. Im Februar 1945 wurde auch der Görges-Bau durch Bombardierung stark beschädigt. Nach dem allmählichen Wiederaufbau nahm 1946 die TH mit den drei Fakultäten Pädagogik, Kommunale Wirtschaft (mit der Abteilung Elektrotechnik) und Forstwirtschaft den Lehrbetrieb wieder auf. 1952 erfolgte die Gründung der Fakultät Elektrotechnik und 1955 übernahm Kurt Pommer als Professor für Elektromaschinenbau die Leitung des Instituts, welches später dann den Namen „Institut für elektrische Maschinen und Antriebe“ trug. 1961 wurde die TH in Technische Universität umbenannt; 1968 wurden Sektionen gegründet und damit verloren die Fakultäten und auch die Institute bis zur Wiedervereinigung 1990 praktisch ihre Bedeutung. In dieser Zeit entwickelten sich im Görges-Bau die Lehrstühle „Leistungselektronik“ (Profs. Rudolf Eduard Lappe, Harry Willy Conrad), „Automatisierte Elektroantriebe“ (Prof. Ralf Schönfeld), „Industrielle Steuerungstechnik“ (Prof. Ernst Habiger), „Elektrische Maschinen“ (Profs. Karl Vogt, Germar Müller), „Transformatoren und Messwandler“ (Profs. Werner Hans Brendler, Detlev Ernst Bernd Roseburg), „Starkstromtechnik“ (Prof. Eberhard Fritz Paulig) sowie „Technologie des Elektromaschinen-baus“ (Prof. Rolf Emil Max Tzscheutschler).
Am 3. Oktober 1990 wurde die Fakultät Elektrotechnik wiedergegründet. Es entstanden insgesamt 12 Institute. Die Lehrstühle „Elektrische Maschinen“, „Leistungselektronik“ und „Elektrische Antriebe“ schlossen sich zum Elektrotechnischen Institut zusammen, um die Tradition dieser Einrichtung wieder aufzunehmen und erfolgreich fortzusetzen. Neben den drei genannten Lehrstühlen wurde der Lehrstuhl „Grundlagen der Elektroenergietechnik“ in diesem Institut eingerichtet, um den wachsenden Erfordernissen an eine breite instituts- und fakultätsübergreifende Ausbildung von Studenten der ingenieurtechnischen Fachrichtungen an der TU Dresden gerecht zu werden.
Die rasche Entwicklung auf dem Gebiet der energetischen Elektrotechnik in der Industrie und in der Forschung führte immer wieder zu einer Anpassung der Forschungs- und Lehrstruktur am Elektrotechnischen Institut. Heute bilden die Lehrstühle „Leistungselektronik“ (Profs. Henry Güldner bis 2007, Steffen Bernet ab 2007), „Elektrische Maschinen und Antriebe“ (Profs. Germar Müller bis 1996, Manfred Liese bis 2007, Wilfried Hofmann ab 2007) und „Theoretische Elektrotechnik und elektromagnetische Verträglichkeit“ (Profs. Karl-Heinz Gonschorek bis 2008, Hans-Georg Krauthäuser ab 2008) das Elektrotechnische Institut. Die Einrichtung neuer Studiengänge wie Mechatronik und Regenerative Energiesysteme innerhalb der Fakultät ist ein Beispiel für das Streben des Instituts nach einer immer besseren und vor allem qualitativ hochwertigeren Ausbildung von Fachkräften für Industrie und Forschung auch und gerade unter dem Gesichtspunkt von Industrie 4.0 und einer Digitalisierung aller ingenieurtechnischen Disziplinen weltweit.
Durch die zielstrebige wissenschaftliche Forschung in Zusammenarbeit mit der Industrie, den Forschungsvereinigungen und über zahlreiche öffentliche Projekte, gefördert durch die verschiedenen Ministerien, Verbände und die Deutsche Forschungsgemeinschaft, ist es dem Institut in den letzten fast 30 Jahren gelungen, ein modernes Forschungs- und Lehrprofil auf dem Gebiet der energetischen Elektrotechnik aufzubauen, kontinuierlich weiterzuentwickeln und zukunftssicher zu machen. Mit modernsten Ausrüstungen und einer hochqualifizierten Lehre gehört das Dresdner Institut heute wieder zu anerkanntesten und leistungsfähigsten Einrichtungen seiner Art in Deutschland. Von den dabei erzielten Erfolgen zeugen umfangreiche Drittmitteleinnahmen, nationale und internationale Preise, eine starke Vernetzung mit der Industrie und verschiedensten Partnereinrichtungen weltweit, zahlreiche Publikationen sowie Mitgliedschaften der Lehrstuhlinhaber und ihrer Mitarbeiter in nationalen und internationalen Gremien sowie Wissenschaftsakademien. Gemeinsam mit dem benachbarten „Institut für elektrische Energieversorgung und Hochspannungstechnik“ und den energetischen Instituten der Fakultät Maschinenwesen gestaltet das Elektrotechnische Institut aktiv das strategische Zukunftskonzept der TU Dresden zur energetischen Wende in Deutschland und insbesondere für den Strukturwandel in der Lausitz.
Univ.-Prof. Dr. Wilfried Hofmann
Institutsdirektor
Dr.-Ing. Nicol Hildebrand Oberassistent und Institutsbeauftragter „Sammlung Historische Elektromaschinen“
Quellen:
Vogt, K.; Schönfeld, R.: Das Elektrotechnische Institut der Technischen Universität Dresden in Geschichte und Gegenwart. Wissenschaftliche Zeitschrift der Technischen Universität Dresden 43 (1994) Heft 4
Sauer, W.: 40 Jahre Fakultät Elektrotechnik. Wissenschaftliche Zeitschrift der Technischen Universität Dresden 42 (1993) Heft 2
Lunze, K.: Die Herausbildung der Elektrotechnik als wissenschaftliche Disziplin an der technischen Universität Dresden. Wissenschaftliche Zeitschrift der Technischen Universität Dresden 42 (1993) Heft 2