27.11.2024
DFG bewilligt zwei neue Sonderforschungsbereiche/Transregios mit TUD-Beteiligung
Im Fokus stehen die nächste Generation mikroelektronischer Bauelemente und die Herstellung von Übergängen zwischen Faser-Kunststoff-Verbunden
In der aktuellen Förderrunde der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) können die Forschenden der TU Dresden zwei weitere Erfolge feiern. So bewilligte die DFG in ihrer Sitzung am 22. November 2024 die Einrichtung des Sonderforschungsbereichs Transregio (SFB / TRR) 404: Zukunftsweisende Elektronik durch aktive Bauelemente in drei Dimensionen [Active-3D]. In diesem Transregio arbeiten die TU Dresden als Sprecherhochschule (Sprecher: Prof. Thomas Mikolajick) und die RWTH Aachen an der Entwicklung der nächsten Generation mikroelektronischer Bauelemente.
Ebenfalls erfolgreich war der Einrichtungsantrag für den SFB/TRR 402: Intelligente Produktionstechnologien für Kunststoff-Leichtbaustrukturen mit belastungsdedizierter 3D-Gradierung der Verstärkungsarchitektur (DediGrad). Hier ist die TU Chemnitz Sprecherhochschule (Prof. Lothar Kroll), die TU Dresden (Standortsprecher: Prof. Steffen Ihlenfeldt) und die RWTH Aachen sind die weiteren beteiligten Hochschulen.
Hauptbestandteil integrierter Schaltungen auf sogenannten Chips sind einzelne Transistoren, die im Laufe der Zeit immer kleiner und leistungsstärker wurden. Diese Skalierbarkeit führte zu niedrigeren Kosten und ist der Hauptgrund für den Einsatz integrierter Schaltungen in fast allen Produkten unserer Gesellschaft. In den vergangenen Jahren hat sich jedoch die tatsächliche Größe eines Transistors nicht mehr wesentlich verringert, die Chiptechnologie scheint ihre Leistungsgrenze erreicht zu haben. Der SFB/Transregio „Zukunftsweisende Elektronik durch aktive Bauelemente in drei Dimensionen“ will mit neuartigen, aktiven Bauelementen das Volumen über der Chipfläche nutzen. Dadurch sollen nun echte 3D-Systeme entwickelt werden, mit denen Leistung und Verarbeitungsgeschwindigkeit der Chips weiter gesteigert werden können.
Das Volumen über der Chipfläche soll genutzt werden, indem aktive Bauelemente in die Metallisierung (engl. Back-End of Line, BEOL) integriert werden, die Logik- und Speicherfunktionen sowie aktiv schaltbare Verbindungen ermöglichen. Innovative Bauelemente werden auf Basis neuer Materialien entwickelt und in Schaltungen und Systeme integriert, die Verbesserungen in Bezug auf die Schlüsselindikatoren Leistung, Verarbeitungsgeschwindigkeit und Fläche versprechen. Material, Technologie und Schaltkreise werden gleichzeitig im Zusammenspiel neu entwickelt (Technologie-Design-System Co-Entwicklungsansatz) und damit die Möglichkeit erschlossen, Funktionalitäten über das bisher der passiven Verdrahtung vorbehaltene Volumen zu verteilen und so das Volumen des Chips voll auszunutzen.
Die Realisierung einer solchen aktiven Verdrahtung (engl. Active BEOL) erfordert die Integration und Anpassung einer großen Anzahl verschiedener Materialien, hochentwickelte Fertigungstechnologien, ein tiefgreifendes Verständnis der Wechselwirkung zwischen Materialien, ihrer Verarbeitung und den daraus resultierenden Bauelementeigenschaften sowie eine völlig neue Sichtweise beim Schaltungs- und Systemdesign. Die Teams der TU Dresden beschäftigen sich im TRR besonders mit den Themen Zuverlässigkeit der realisierten Bauelemente, Strukturanalysen sowie Gesamtintegration der verschiedenen Einzelelemente und der auf die neuartige Architektur ausgerichteten Ansätze im Systementwurf.
Dafür arbeitet der TRR mit renommierten Experten aus Dresden und Aachen. Die Forscher:innen um die beiden Sprecher des TRR, Prof. Thomas Mikolajick (TU Dresden) und Prof. Max Lemme (RWTH Aachen), arbeiten seit einiger Zeit intensiv zusammen an der „Active-3D“-Idee. So konnten Teilprojekte entstehen, die standortübergreifend umgesetzt werden und so auch die hochkarätige Infrastruktur beider Standorte gezielt nutzen. Prof. Mikolajick berichtet mit Stolz von der erfolgreichen Einwerbung: „Mit dem TRR ‚Zukunftsweisende Elektronik durch aktive Bauelemente in drei Dimensionen (Active-3D)‘ wird Deutschland und Europa in der Mikroelektronik-Grundlagenforschung gestärkt. Die involvierten Forscher:innen an den verteilten Standorten ergeben zusammen eine optimale Voraussetzung für das Erforschen der Nutzung des gesamten Volumens eines Chips für aktive Bauelemente. Gerade hier am Standort Dresden ist die universitäre Forschung als Ideenlieferant für künftige Anwendung in der Industrie ein notwendiger Bestandteil, um die Souveränität Deutschlands in der Mikroelektronik voranzutreiben.“
„Intelligente Produktionstechnologien für Kunststoff-Leichtbaustrukturen mit belastungsdedizierter 3D-Gradierung der Verstärkungsarchitektur“ will der gleichnamige SFB/Transregio 402 erforschen. Fokus der Forschung ist dabei die Herstellung von Übergängen zwischen Faser-Kunststoff-Verbunden. Die Übergänge stellen bisher eine große Herausforderung für die Serienproduktion von Leichtbaustrukturen dar. Der Verbund setzt dafür auf die sogenannte „3D-Gradierung“ der Materialübergänge. Mit dieser Methode sind fließende Materialverläufe möglich, die verbesserte Eigenschaften bei Beanspruchung ermöglichen. Auf diese Weise könnten zukünftig beispielsweise Straßen-, Schienen- und Luftfahrzeuge sowie landwirtschaftliche Maschinen auf eine ressourceneffiziente und damit auch klimaschonende Weise gefertigt werden.
Erfolgreicher Leichtbau reduziert Bauteilgewichte und ermöglicht so steife und dennoch schlanke Strukturen. Dadurch kann der Energieaufwand für die Bewegung dieser Baugruppen reduziert, höhere Beschleunigungen erreicht oder größere Bauteilstrukturen realisiert werden. Leichtbau in klassischer Hybridbauweise hat jedoch einen entscheidenden Nachteil. In den Grenzschichten zwischen zwei Werkstoffen treten aufgrund fehlender Faserbestandteile versagenskritische Spannungsunstetigkeiten auf, da eine Kraftübertragung nur über den Kunststoff erfolgt und bei Überlastung zu schlagartigem Werkstoffversagen führen kann. Somit geht wesentliches Gewichtseinsparpotential durch eine notwendige Überdimensionierung verloren. Unter der Leitung von Prof. Lothar Kroll (TU Chemnitz) wollen die Forscherinnen und Forscher der TU Chemnitz (Sprecherhochschule), der RWTH Aachen und der TU Dresden diese abrupten Werkstoffübergänge im Bauteildesign durch 3D-Gradieren auflösen und dafür die entsprechenden Basistechnologien entwickeln.
Die Herausforderungen liegen dabei in der Beherrschung der Wirkmechanismen zur Faserorientierung, der sehr großen Parametervielfalt und der großen Parameterschwankungen. Dies alles führt zu einer derzeit nicht beherrschbaren Systemkomplexität. Dieser wollen die Forscherinnen und Forscher mit einem modellbasierten, intelligenten Entwicklungs- und Produktionssystem begegnen. Das System wird projektübergreifend kontinuierlich Daten erfassen, zusammenführen, auswerten und künftig Vorschläge für eine optimale Bauteil- und Prozessentwicklung machen. Die TU Dresden ist mit den Professuren für Werkzeugmaschinenentwicklung und Adaptive Steuerungen, Funktionsintegrativen Leichtbau, Leichtbaudesign und Strukturbewertung, Virtuelle Produktentwicklung und der Professur für Laserbasierte Fertigung an fünf Teilprojekten mit insgesamt sieben wissenschaftlichen Stellen beteiligt. Der Standort Dresden wird sich unter anderem der Funktionalisierung von faserverstärkten Tapes durch Laserpräparation, der Beeinflussung von Faserelementen durch Elektromagnete, der Entwicklung eines digitalen Zwillings, der Werkzeugentwicklung mittels generativer KI-Methoden und der Bewertung der Nachhaltigkeit der entwickelten Methoden widmen.
Über das Format Sonderforschungsbereich Transregio (SFB/TRR)
Ein SFB/Transregio wird von zwei oder drei Hochschulen gemeinsam beantragt und getragen. Er ermöglicht eine enge Kooperation zwischen diesen Hochschulen und den dortigen Forscher:innen einschließlich einer gemeinsamen Nutzung der Ressourcen. Die Beiträge der antragstellenden Hochschulpartner sind für das gemeinsame Forschungsziel essentiell, komplementär und synergetisch. Sonderforschungsbereiche und SFB/Transregio können ergänzend Teilprojekte unter der Leitung von Forscher:innen weiterer Hochschulen und außeruniversitärer Forschungseinrichtungen integrieren.
Ansprechpartner für Medien:
TRR404 Active-3D
Matthias Hahndorf
Science Communications | Wissenschaftskommunikation
Technische Universität Dresden
cfaed – Center for Advancing Electronics Dresden
E-Mail
Tel.: +49 - 351 - 463 42847
TRR 402 DediGrad
Dr.-Ing. Lars Penter
Technische Universität Dresden
Institut für Mechatronischen Maschinenbau
Professur für Werkzeugmaschinenentwicklung und adaptive Steuerungen
Tel.: +49 (0)351 463 42361
E-Mail: