14.08.2020
Junge Elektroenergietechniker der TU Dresden gewinnen in diesem Jahr alle drei ETG-Literaturpreise
Junge Elektroenergietechniker unserer Fakultät gewinnen in diesem Jahr alle drei Literaturpreise der Energietechnischen Gesellschaft des VDE e.V. (ETG). Mit dem ETG-Literaturpreis werden hervorragende Publikationen auf dem Gebiet der elektrischen Energietechnik jährlich ausgezeichnet. Veröffentlichungen junger Wissenschaftler/innen, welche in origineller und anschaulicher Weise den innovativen wissenschaftlichen Inhalt darstellen, werden mit einer Geldprämie von 3.000 Euro gewürdigt. Die diesjährigen Laureaten sind Dipl.-Ing. Tobias Gabler (Professur für Hochspannungs- und Hochstromtechnik), Dr.-Ing. Sebastian Palm (Professur für Elektroenergieversorgung) und Dipl.-Ing. Robert Seifert (Professur für Elektrische Maschinen und Antriebe).
Tobias Gabler stellt in seinem prämierten Beitrag Berechnungsergebnisse zu Untersuchungen des dielektrischen Verhaltens des Öl-Papier-Isoliersystems der Stromrichtertransformatoren vor und vergleicht diese mit Ergebnissen seiner durchgeführten Versuche. Durch die Gegenüberstellung mit herkömmlichen Berechnungsverfahren zeigt er, dass dieses unzureichende Ergebnisse liefert und im Widerspruch zu den Versuchsergebnissen steht. Denn die konventionellen Berechnungsmodelle basieren auf der als konstant angenommenen elektrischen Leitfähigkeiten der Isoliermedien unter Gleichspannungsbelastung und sind deshalb u. a. aufgrund nicht beachteter Raumladungseffekte nicht nutzbar, um das Verhalten des Isoliersystems abzubilden. Herr Gabler schlägt hingegen einen ladungsträgerbasierten Ansatz vor, indem die Veränderung der Ladungsträgerdichte im System sowie der Einfluss der Ladungsträger auf die elektrische Feldstärke nachgebildet wird. Er konnte belegen, dass mit seinem Ansatz die Papierisolierung entlastet und sich starke Abhängigkeiten zur Ölspaltweite einstellen werden. Dies trägt zur effizienteren und sichereren Hochspannungsgleichstromübertragung bei.
Die ausgezeichnete Veröffentlichung von Dr.-Ing. Sebastian Palm beschreibt die Untersuchung und vergleichende Bewertung unterschiedlicher Verfahren zur Inselnetzerkennung der Verteilnetze. Verteilernetze tragen die Hauptlast bezüglich der Integration dezentraler, regenerativer Einspeisungen und werden im Züge der fortschreitenden Energiewende stetig an Bedeutung gewinnen. Künftig wird die lokale Aufrechterhaltung der Versorgung in einer Inselnetzversorgung im Fokus stehen. Derzeitige Vorgehensweise setzt aber darauf, die Bildung einer lokalen (unkontrollierten) Netzinsel sicher zu verhindern. Die Basis für ein geeignetes Vorgehen – gleich um welchen Anwendungsfall es sich handelt (Inselnetze auf Verteilnetzebene betreiben oder verhindern) – ist in jedem Fall das sichere und zuverlässige Erkennen einer Inselnetzbildung. Hier setzt die Publikation von Dr. Palm an. Der Fokus liegt dabei auf der Minimierung der sog. „Non Detection Zone“, also des Bereiches, der von den einzelnen Verfahren nicht zuverlässig erkannt wird. Dazu entwirft er zunächst ein geeignetes Simulationsmodell für die Inselnetzbildung. Aus zahlreichen Simulationen von Inselnetzsituationen leitet er anschließend zwei geeignete, neue Parameter ab, welche sowohl eine Definition und Messung der Größe der „Non Detection Zone“ als auch der Geschwindigkeit der Inselnetzerkennung ermöglichen.
Robert Seifert beschreibt in seinem prämierten Artikel einen neuartigen regelungstechnischen Flussdichteschätzer, der eine präzisere und dynamischere Regelung elektromagnetischer Aktoren und Magnetlager erlaubt. Magnetlager dienen der berührungslosen und schmiermittelfreien Lagerung von Rotoren in elektrischen Antrieben und finden in einem breiten Feld Anwendung, angefangen bei tonnenschweren Gasexpandern bis hin zu filigranen Herzpumpen. In der Luft- und Raumfahrtindustrie kommen sie z. B. in hochpräzisen Werkzeugspindeln zum Einsatz und erfordern dort eine hochdynamische Stellung von Position und Kraft des Werkzeugs. Die hochfrequenten Steuerspannungen führen zur Ausbildung von Wirbelströmen in den Eisenkernen der Lager, die eine Verdrängung des magnetischen Feldes und Dämpfung der wirksamen Kraft zur Folge haben. In seiner Publikation stellt Herr Seifert ein Verfahren vor, diese Phänomene auf Basis der Diffusionsgleichung mathematisch abzubilden und in Form fraktionaler Systeme zu beschreiben. Dieser Ansatz, der in der Aktorregelung bisher wenig Beachtung fand, erlaubt ihm erstmalig die Ableitung eines echtzeitfähigen digitalen Filters, welcher die auftretenden Wirbelstromeffekte regelungstechnisch kompensiert. Die Bandbreite von Magnetlagern und Aktoren, insbesondere solche mit massiven Eisenkernen, lässt sich auf diese Weise erheblich erhöhen.
Die Gutachter der prämierten Publikationen sind voll des Lobes. „Die Arbeit von Herrn Seifert zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass ein regelungstechnisch höchst komplexes und anspruchsvolles Problem in hervorragender Weise gelöst wurde“, so der Laudator Prof. Martin Doppelbauer vom Karlsruher Institut für Technologie. Dr. Palms Artikel stellt laut Laudatio: „zweifelsfrei einen wichtigen und innovativen Beitrag zu einem hochaktuellen Thema der Energieversorgungsbranche im Bereich der Verteilnetze dar“. „Herr Gabler konnte Vorteile seines Berechnungsverfahrens beeindruckend belegen“, freut sich Prof. Steffen Großmann vom Institut für Elektrische Energieversorgung und Hochspannungstechnik (IEEH). „Die Auszeichnung ist ein nicht zu übersehendes Signal dafür, welchen Stellenwert die Ausbildung und Forschung auf dem Gebiet der Elektroenergietechnik an der TU Dresden aus deutscher Perspektive hat“.