01.03.2019
Projekt „Zungenmaus“ startet an der TU Dresden
Staatsministerin Barbara Klepsch übergibt Förderbescheid
Das Institut für Akustik und Sprachkommunikation der TU Dresden und die Linguwerk GmbH entwickeln gemeinsam ein technisches Assistenzsystem, mit dem Computeranwendungen oder Haushaltsgeräte durch Zungenbewegungen gesteuert werden können. Sachsens Gesundheitsministerin Barbara Klepsch überreichte zum Projektstart am 1. März 2019 einen Fördermittelbescheid. „Der Freistaat Sachsen legt seinen Focus bewusst auf die Unterstützung der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Ziel dieses Projekts ist es, dass die Patienten durch den Erhalt der Alltagskompetenzen so lange wie möglich in der eigenen Wohnumgebung bleiben können“, so Barbara Klepsch. „Hochinnovative Projekte wie dieses gestalten die Zukunft in der Gesundheitsversorgung mit.“
Viele Menschen leiden aufgrund von Krankheiten oder fortgeschrittenem Alter an motorischen und sensitiven Schwächen der Hände, die sie daran hindern, Haushaltsgeräte selbstständig zu bedienen. Allein in Deutschland sind fast 900.000 Menschen von Rheuma, Parkinson oder dem Funktionsverlust von Gliedmaßenbetroffen.
Forscher der TU Dresden entwickeln im Projekt „Zungenmaus“ ein altersgerechtes, technisches Assistenzsystem, mit dem auf Basis von Zungenbewegungen Geräte bedient werden können. Mit der „Zungenmaus“ soll ein kleines Sensorplättchen zukünftig die Hand ersetzen können. Es wird hinter den oberen Schneidezähnen befestigt und enthält auf einer flexiblen Leiterplatte eine Sensorik, die Zungenbewegungen exakt vermisst und dadurch einen Eingabemodus ermöglicht. Die Bewegungen werden in Steuerbefehle umgewandelt und können beispielsweise einen Cursor auf einer grafischen Benutzeroberfläche steuern, wie bei einer Computermaus.
Besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Komfort für die Patienten. Das Sensorplättchen soll problemlos eingesetzt, entnommen und nicht als störend empfunden werden. Der Einsatz muss auch mit Zahnprothesen ohne Schwierigkeiten möglich sein. „Die Entwicklung einer Zungenmaus, wie wir sie in diesem Projekt anstreben, ist erst durch die neueren Entwicklungen in den Bereichen der Optoelektronik und des maschinellen Lernens möglich geworden“, erklärt Juniorprofessor Peter Birkholz vom Institut für Akustik und Sprachkommunikation der TU Dresden. „Diese erlauben einerseits, die Sensorik klein und damit komfortabel tragbar zu machen, aber auch eine Steuerung von Geräten durch die Zunge, die intuitiv ist.“ Nach kurzer Eingewöhnungs- und Anlernphase soll die Nutzung kinderleicht und – weil der Zungenmuskel nicht ermüdet – über lange Zeiträume möglich sein.
„Was sich nach einem Spaßprodukt anhört, kann für viele Menschen mit eingeschränkter Motorik eine enorme Erleichterung darstellen“, so Dr. Rico Petrick, Geschäftsführer der Linguwerk GmbH. Menschen, die Computer oder Haushaltsgeräte nicht mehr normal bedienen können, sind bislang auf die Hilfe anderer angewiesen. „Bisherige altersgerechten Bedienkonzepte wie große Tasten und die Steuerung über Sprache oder Augenbewegungen besitzen spezifische Nachteile, wie z.B. eingeschränkte Funktionalität oder hohe Kosten.“
Das Projekt „Zungenmaus“ wird bis Ende 2020 mit mehr als einer halben Million Euro gefördert. Die Mittel stammen aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Bis zum Ende der Projektlaufzeit soll ein voll funktionsfähiger Demonstrator als Basis für die anschließende Produktentwicklung entstehen.
Informationen für Journalisten
Jun.-Prof. Peter Birkholz
Juniorprofessur für Kognitive Systeme
Tel.: 0351 463-32721