Gesellschaftliche Auswirkungen als Inhalt des Informatikunterrichtes
Die Auswirkungen von Informationstechnologien berühren die Gesellschaft in zahlreichen Sektoren. Fachinhalte wie Netzwerke, maschinelles Lernen oder Datensicherheit erzeugen viele Fragen und Kontroversen im Bereich der Ethik, Politik, der Wirtschaft, Kultur oder im privaten wie auch öffentlichen Sozialleben. Dennoch bleibt es im Klassenzimmer oft bei der Vermittlung informatischer Grundkonzepte. Die Gesellschaft für Informatik definiert mit "Informatik, Mensch und Gesellschaft" einen eigenen Inhaltsbereich, um diese Auswirkungen zu berücksichtigen. Die sächsischen Lehrpläne für Informatik übernehmen diesen Inhaltsbereich, und formulieren in ihren Lernbereichen "gesellschaftliche Auswirkungen" als verpflichtenden Inhalt in ihren Lernbereichen.
Welche Kompetenzen benötigen Informatiklehrkräfte zur Vermittlung dieser Inhalte?
Obwohl deutsche Lehramtsstudiengänge im Fach Informatik sich zunehmend mehr mit gesellschaftlichen Auswirkungen auseinandersetzen, bleiben diese Teil des Fachstudiums und ohne fachdidaktische Betrachtung. (vgl. Sprenger, Bergner und Leonhardt, 2023) Kompetenzmodelle oder Erhebungen zu Lernendenvorstellungen sind in diesem Themenfeld noch wenig erforscht. Die Gesellschaft für Informatik e.V. identifizierte im Rahmen ihrer Arbeitsgruppe "Computer - Mensch - Gesellschaft" folgende Probleme, mit denen sich Lehrkräfte konfrontiert sahen (vgl. Koubek und Kurz, 2007):
- Fehlende Sachkenntnis
- Fehlende Methodenkenntnis
- Unzureichendes Unterrichtsmaterial
- Unklare Verknüpfungen zu curricularen Lerninhalten
Ziele und Forschungsfragen
Zielrichtung dieser Dissertation ist es, ein Instrument zur Unterrichtskonstruktion zu entwickeln, welches diese Lücken im Bereich "Informatik und Gesellschaft" (IuG) schließt. In Verbindung zur Didaktik der Gesellschaftswissenschaften ein Kompetenzstrukturmodell konzipiert und erprobt werden, um IuG-spezifische Kompetenzen zu identifizieren und zu messen. Innerhalb eines Seminares sollen angehende Informatiklehrkräfte selbstwirksam gesellschaftliche Themen in ihren Unterricht einbinden, um Lernende zu reflektiertem und selbstbestimmtem Problemlösen zu bewegen. Aus diesem Problem ergeben sich folgende übergreifende Forschungsfelder und -fragen:
- SuS-bezogene Komeptenzuntersuchung:
- Wie veräußern sich informatik-spezifische Urteils-, Handlungs- und Methodenkompetenzen von Schülerinnen und Schülern
- Wie können diese evaluiert werden?
- Fachliche Verknüpfung:
- Wie können gesellschaftliche Auswirkungen didaktisch effektiv mit Informatischen Fachthemen vernetzt werden?
- Problemstellungen der Informatik-Lehrkräfte:
- Welche zusätzlichen Lehrkompetenzen bedarfen die IuG-Inhalte deutsche Lehrpläne, die nicht vom Lehramtsstudium gedeckt sind?
- Wie können diese Kompetenzen effektiv vermittelt werden?
Ein Rahmenkonzept zur Strukturierung solcher IuG-Kompetenzen ergibt sich aus der Vereinigung mehrerer Modelle gesellschaftswissenschaftlicher Fächer, wie etwa dem Kompetenzstrukturmodell nach Krammer et al. (2008). Dieses definiert ein anlassbezogenes Arbeitswissen, welches konkrete gesellschaftliche Probleme als Rahmen zur Ergründung und Ausarbeitung der gesellschaftswiss. Kompetenzen definiert. Erst in diesem Kontext einer konkreten gesellschaftlichen Problemstellung werden Urteils-, Handlungs und methodische Kompetenzen erworben.
Das folgende Konzept für ein solches Unterrichtskonzeptionsinstrument nach Krammer et al. stellt eine Möglichkeit zur Strukturierung von IuG-Kompetenzen im Rahmen der Unterrichtsentwicklung dar:
Für die einzelnen Bausteine eines solchen Modelles werden Validierungsinstrumente benötigt, die folgende Methoden beinhalten können:
- Konzeptionsstrukturmodell:
- Literaturrecherche zu etablierten Didaktikmodellen der gesellschaftswissenschaftlichen Fächern (etwa politische Bildung, Geschichte und Ethik)
- Expert:innenbefragung im Rahmen der Informatikdidaktik zur Feststellung von Relevanz des Kompetenzrasters, ihrer Wohldefiniertheit und Übereinstimmung mit den Bildungsstandards
- Kompetenzevaluierung an SuS zur Analyse der Überprüfbarkeit der Kompetenzen, sodass spätere nach diesem Modell entwickelte Unterrichtsplanungen evaluert werden können
- Leitthemenkatalog
- Literaturrecherche zu Angaben der Bildungsstandards und Curricula und deren Spezifizierung von Fachtehmen oder Präferenzen im Bereich "Informatik und Gesellschaft"
- Trendanalyse zur Beurteilung der Nachhaltigkeit gewählter Leitthemen und ihrer globalen, sowie bildungsbezogenen Relevanz, um die Veränderlichkeit der Leitthemen zu gewährleisten
- Praktische Umsetzungen (Unterrichtskonzepte)
- Kompetenzevaluierung an SuS zur Feststellung des Kompetenzgewinns durch, nach diesem Modell erstellten, Unterrichtskonzepten
- Lehrkräftebefragungen und Feedbackanalysen zur Nutzung und zum Umgang mit dem bereitgestellten Material