Studentenexkursion 2008
Elisabeth Schneider (Studentin des ITB, Studiengang Maschinenbau, Studienrichtung Textil- und Konfektionsrichtung)
In der Zeit vom 13. bis 16. Mai 2008 beteiligten sich ca. 40 Studenten und Doktoranden des Institutes für Textil- und Bekleidungstechnik der TUD an der Studentenexkursion 2008, um Industriestätten renommierter, in Deutschland ansässiger Vertreter des Textilmaschinenbaues zu besichtigen.
Die erste Anlaufstelle im Verlauf der 4-tägigen Exkursion, bildete die RIETER Ingolstadt GmbH. An diesem Standort des Rieterkonzerns werden Strecken und Rotorspinnmaschinen sowie zugehörige Komponenten der Automatisierung zur Herstellung hoch qualitativer Garnerzeugnisse auf natürlicher, als auch auf synthetischer Basis entwickelt, teilgefertigt, montiert und vertrieben.
Unser Aufenthalt bei Rieter begann mit einer Firmen- und Produktpräsentation. Anschließend gewannen wir bei einem Standort-Rundgang sehr gute Einblicke in die interne Blechteilfertigung sowie in die Maschinenmontage. Auf interessante und anschauliche Art und Weise wurden dabei technische Einzelheiten, die Funktionsweisen und die Leistungsfähigkeit der entwickelten, Spinnfaser verarbeitenden Maschinen demonstriert. Besonders interessant war die Veranschaulichung der textilen Kette. Wir konnten Schritt für Schritt die Verarbeitung der Rohmaterialien, über die Ballenabarbeitung, der Reinigung und Mischung, bis hin zur Garnherstellung, durch Verstrecken und Verspinnen beobachten. Nach dem Rundgang hatten wir während einer Diskussionsrunde mit Mitarbeitern der Firma die Möglichkeit, umfangreiche Fragen zu erörtern.
Von der erreichten Qualität der Garne konnten sich alle Exkursionsteilnehmer selbst überzeugen, denn jeder bekam ein aus Bambusfasern hergestelltes Frottierhandtuch der Marke BAMBOO, des belgischen Unternehmens Satens als Geschenk der RIETER Ingolstadt GmbH mit auf den Weg.
Nach dieser ersten sehr interessanten Firmenbesichtung fuhren wir mit dem Bus ins das 180 Kilometer entfernte Ottobeuren. In der dortigen Jugendherberge wurde der erste Exkursionstag durch einen netten Grillabend und ein anschließendes Lagerfeuer abgerundet.
Der zweite Tag der Exkursion führte uns nach Kempten, wo der Sitz des Textilmaschinenherstellers Oerlikon Saurer, Zweigniederlassung der Oerlikon Textile GmbH & Co. KG mit der Produktlinie „Allma“ ist. Die bayrische Stadt ist im Besitz einer textilbewehrten Brücke. Diese Entwicklung der Technischen Universität Dresden konnten wir im Rahmen der Exkursion besichtigen. Bei dieser Brücke handelt es sich um die zweite kommerziell hergestellte Beton-Glasfaser-Brücke. Sie hat eine Breite von 2 Metern und ist ca. 16 Meter lang. Mit ihrem Gesamtgewicht von 5 Tonnen ist sie fünfmal leichter als eine vergleichbare Betonbrücke. Ein weiterer Vorteil gegenüber der Betonausführung ist ihr Preis: dieser liegt bei ca. 42.000 Euro. Dieser ist nach Auskunft des Bauamtes deutlich kostengünstiger als eine herkömmliche Stahlbetonbrücke.
Bei Oerlikon wurden wir freundlich durch ein Team der Geschäftsleitung und des Technikums begrüßt und anschließend wurde uns der gesamte Konzern Oerlikon und das Unternehmen Saurer, der Spezialist im Bereich für Spinn- und Zwirnmaschinen, vorgestellt. Im Vordergrund standen dabei die einzelnen Geschäftsbereiche, sowie die Entwicklungstendenzen des Textilmarktes für die Maschinenhersteller. Nach der umfangreichen Vorstellung des ganzheitlichen Unternehmenskonzepts fand ein Rundgang durch das Technikum mit ausführlicher Besichtigung und Erläuterung der Maschinen der Produktlinie Allma statt.
Oerlikon Saurer ist Marktführer im Bereich Effektgarne, technische Garne und Reifencord. Als chancenreichster Wachstumsmarkt werden dabei vor allem die technischen Garne und der Bereich Reifencord eingeschätzt. Besonders beeindruckend waren das Sichtbarmachen des Zwirnvorganges mittels eines Stroboskops sowie die Vielfältigkeit der Möglichkeiten der Effektgarnherstellung mittels Drehzahleingriff verschiedener Maschinenelemente. Weiterhin wurden wichtige Zwischen- und Endprodukte der Zwirnherstellung, wie zum Beispiel Reifencordgewebe und getuftete Kunstrasenflächen gezeigt. Nach dieser sehr anschaulichen Demonstration der Produktpalette von Oerlikon bestand die Möglichkeit, Fragen zu stellen.
Am Nachmittag stand die Besichtigung der Firma Lindauer Dornier GmbH, einem weltweit führendem Textilmaschinenbauunternehmen mit dem Hauptsitz in Lindau, auf dem Programm. Das Unternehmen ist vor allem auf dem Gebiet der Webmaschinen für technische Gewebe und dem Sondermaschinenbau spezialisiert und Weltmarktführer im Bereich der Produktion von Anlagen zur Folienherstellung.
Der Hauptsitz der Firma in Lindau am Bodensee ist verantwortlich für Verwaltung, Vertrieb, Fertigung sowie Entwicklung und Konstruktion der Web- und Sondermaschinen. Auf dem Weg zum Vorführraum gingen wir über das idyllische Firmengelände. Viel Grün und große Bäume machten es zu einem wunderschönen Anblick. Während der Unternehmenspräsentation bekamen wir einen Eindruck über die geschichtliche Entwicklung vom einstigen Flugzeughersteller zum heutigen innovativen, bedeutenden Webmaschinenhersteller.
Daran schloss sich ein sehr umfangreicher Firmenrundgang an, der uns einen sehr guten Einblick in die Funktionsweise, Entwicklung und die Montage von Greifer- und Luftdüsenwebmaschinen vermittelte. Besonders spannend waren die patentierte Easy-Leno-Technologie, welche im Drehergewebe-Bereich neue Maßstäbe setzt und die Vorführung der FE-Modelle einzelner Maschinenteile. Vor allem hier wurde uns bewusst gemacht, auf welchem hohen Niveau das ingenieurtechnische Wissen angewendet wird. Es war sehr beeindruckend, die ganze umfangreiche Kette von der Entwicklung bis zur Endmontage zu verfolgen.
Einen guten Abschluss zu den neugewonnenen Erkenntnissen bildete die Besichtigung des riesigen Maschinenparks. Dort bestaunten wir enorm breite und leistungsstarke Webmaschinen und beeindruckende Jacquardmaschinen. Nach einer Fragerunde in ungezwungener Atmosphäre verabschiedeten wir uns.
Zum gelungenen Abschluss des Tages besichtigten wir die schöne Stadt Lindau am Bodensee. Vor allem die ausländischen Stundenten interessierten sich sehr für die regionalen Besonderheiten und zu ihrer Freude tanzte gerade eine traditionelle Tanzgruppe am Hafen. Nach diesem kurzen Besuch von Lindau am Bodensee fuhren wir zurück zur Jugendherberge nach Ottobeuren.
Am nächsten Morgen verließen wir die Herberge Ottobeuren und fuhren zur Firma Oskar DILO Maschinenfabrik KG nach Eberbach. Dies ist ein Unternehmen der DILO-Group und bietet die Technologie und die Maschinen zur Herstellung von hochwertigen Vliesstoffen an. Durch die Zusammenlegung der
Firmen DILO-Systems, DILO-Machines, DILO-Spinnbau und DILO-Temafa zur DILO-Group ist das Unternehmen in der Lage, komplette Anlagen zu liefern: von der Ballenöffnung, über Mischer und Krempel, zur Vernadelung, bis hin zur Qualitätssicherung der genadelten Vliesstoffe. Wegen der Vielzahl an Exkursionsteilnehmern bildeten wir drei Gruppen und besichtigten abwechselnd die einzelnen Produktionsbereiche. Wir bekamen einen Überblick über die Vernadelungsmaschinen. Sehr beeindruckend dabei waren die neuentwickelten besonders leistungsstarken Vernadelungsmaschinen, ihrer Schnelligkeit und Gleichmäßigkeit war atemberaubend. Des Weiteren wurden uns zahlreiche Einsatzgebiete für Vliesstoffe vorgestellt und eine Maschine für die Papiermaschinenherstellung präsentiert. Auf derartigen Nadelmaschinen werden zum Beispiel gigantischen Filze für die Papierherstellung mit einer Arbeitsbreite von bis zu 16 m gefertigt. Im Anschluss wurden noch offen gebliebene Fragen beantwortet und wir bereiteten uns auf die Weiterfahrt nach Rüdesheim vor.
Die Jugendherberge lag wunderschön am Hang und wir hatten eine wunderbare Aussicht auf die umliegende Region und den im Tal entlang fließenden Rhein. Auch in dieser Jugendherberge stand das Grillzubehör schon bereit und es dauert nicht lange bis der erste Hunger gestillt war. Zum Abschluss verbrachten wir einen gemütlichen gemeinsamen Abend.
Nach einem guten Frühstück starteten wir an diesem Tag nach Obertshausen, die Firma Karl Mayer Textilmaschinenfabrik GmbH sollte die diesjährige Exkursion abrunden. Ein Mitarbeiter stieg am Eingangstor zu und wies uns den Weg zum Technikum. Dieses war neu errichtet und man konnte im Eingangsbereich durch eine riesige Glaswand in das Innere schauen. Die Kettenwirkmaschinen blitzten und funkelten im einfallenden Sonnenlicht. Später erfuhren wir, dass sie alle für den Messeauftritt in China bestimmt waren.
Im neuen Besprechungsraum erfuhren wir mehr über die Firma und ihre Produkte. Durch viel Anschauungsmaterial bekamen wir einen guten Überblick. Karl Mayer ist heute weltweiter Marktführer im Bereich der Kettenwirkmaschinen. Um weiter an der Spitze zu bleiben, investierten sie in den vergangenen Jahren in ein modernes Logistikzentrum und ein neues Forschungszentrum auf dem Gelände des Obertshausener Werks. Zurzeit wird der Maschinenpark der Fertigungsabteilung überholt. Durch diese Neuerungen möchte die Firma Karl Mayer weiterhin so flexibel und innovativ auf Kundenwünsche wie zuvor eingehen.
In der Maschinenhalle bekamen wir einen Einblick in die komplexen Techniken der Hochleistungskettenwirkautomaten und Piezojacquardlegebarren. Die vielen Fragen der Studenten zu Maschinendetails und Prozessschritten wurden von den Mitarbeitern freundlich beantwortet. Nach einer herzlichen Verabschiedung setzte sich unser Bus in Bewegung und wir fuhren von Obertshausen Richtung Dresden.
Diese Exkursion war wieder eine hervorragende Ergänzung zu den textiltheoretischen Vorlesungen und Übungen des Studiums. Es war sehr hilfreich, die Fertigung der Maschinen und Produkte in der Praxis zu erleben und jeder Zeit Fragen stellen zu können. Damit ermöglichten uns alle fünf Unternehmen einen umfangreichen und interessanten Einblick in die Welt des Textilmaschinenbaus.
Für alle Teilnehmer der Exkursion, für die Studenten den Grundstudiums ebenso wie für die Studenten des Instituts für Textil- und Bekleidungstechnik der TU Dresden war die Jahresexkursion 2008 ein besonderes Erlebnis, was deutlich zum gegenseitigen Kennenlernen der Studenten beigetragen hat. Wir freuen uns schon jetzt auf die Jahresexkursion im Jahr 2009.
Wir bedanken uns bei allen Firmen für die interessanten Vorträge, Rundgänge und für die detaillierten Informationsmaterialien sowie für die aufgebrachte Zeit und nicht zu letzt für die kulinarische Versorgung ganz herzlich.
Ein besonderer Dank gilt der Walter Reiners-Stiftung des VDMA für die finanzielle Unterstützung, die uns diese sehr interessante Exkursion bei renommierten Unternehmen des deutschen Textilmaschinenbaus ermöglichte.