abgeschlossene Promotionen & Habilitationen
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Probabilistische Simulation des strukturmechanischen Verhaltens von Turbinenschaufeln
Art der Abschlussarbeit
Dissertation
Autoren
- Voigt, Matthias
Betreuer
- Prof. Dr.-Ing. Konrad Vogeler
Weitere Betreuer
Prof. Dr.-Ing. Stefan Reh, Dr.-Ing. Roland Mücke
Abstract
An die Komponenten von Flugtriebwerken und stationären Gasturbinen werden aus wirtschaftlichen und ökologischen Gründen immer höhere Anforderungen gestellt. Dabei treten Beanspruchungen auf, die an die Grenze der Werkstoffbelastbarkeit gehen. Um bereits während der Entwicklung der Triebwerke und stationären Gasturbinen Aussagen über die Betriebssicherheit und die geforderte Lebensdauer machen zu können, muss das Beanspruchungsverhalten der einzelnen Komponenten bekannt sein. Da experimentelle Untersuchungen der Komponenten mit großem finanziellen Aufwand verbunden sind, bieten sich Computersimulationen des Beanspruchungsverhaltens an. Die Computersimulationen sind wesentlich kostengünstiger und lassen bereits in der Produktentwicklungsphase eine effiziente Optimierung der jeweiligen Komponenten zu. Aus diesen Gründen wird auch in der Zukunft die Tendenz zur numerischen Berechnung des Beanspruchungsverhaltens, basierend auf validierten Modellen der realen Struktur, zunehmen und wesentlich zur Verbesserung der Effizienz des gesamten Entwicklungsprozesses beitragen.rnVoraussetzung für Computersimulationen sind physikalische und mathematische Modelle, die das Verhalten der realen Struktur möglichst genau abbilden. Einhergehend mit der rasanten Entwicklung der Computertechnik lassen sich zwei Tendenzen zur Verbesserung der Simulationsmöglichkeiten erkennen. Einerseits werden die Modelle immer detaillierter und sind in der Lage, immer kleinere Unstetigkeiten aufzulösen. Andererseits werden zunehmend kompliziertere physikalische Effekte in die Berechnung einbezogen, z.B. nichtlineare Materialgesetze und Schädigungsverhalten. rnNicht in jedem Fall ist durch immer größere und komplexere Modelle eine qualitativ neue Stufe der Ergebnisaussagefähigkeit zu erreichen. Eine Verbesserung der Simulationen ist jedoch durch die Beschreibung der jedem Modell innewohnenden Unbestimmtheit möglich. Bei der klassischen deterministischen Auslegung werden diese Unsicherheiten mit Hilfe von Sicherheitsfaktoren oder konservativen Annahmen in jedem Auslegungsschritt berücksichtigt, die teilweise in ihrer Größenordnung den Einfluss aufwendig simulierter Effekte übersteigen. Außerdem ist es auf Grund der Komplexität der behandelten Strukturen (aerodynamische, kühlungstechnische, werkstoffwissenschaftliche und strukturmechanische Gesichtspunkte) oftmals schwierig zu entscheiden, welche Annahmen in den einzelnen Auslegungsschritten bezüglich des Gesamtverhaltens der zu untersuchenden Struktur wirklich als gesichert gelten können.rnEin wesentlich wirklichkeitsnäherer Ansatz zum Beschreiben der Unbestimmtheit der Modelle ist der Einsatz von probabilistischen Methoden. Mit ihnen ist es möglich, bereits im Auslegungsprozess die Streuung ausgewählter Modellparameter (z.B. geometrische, thermodynamische, mechanische, materialspezifische Parameter) zu berücksichtigen. Im Gegensatz zu deterministischen Auslegungsverfahren, bei denen lediglich eine mögliche Realisierung der stochastischen Eingangsgrößen (meist der Mittelwert) und somit auch nur eine Ergebnisgröße ermittelt werden kann, können mit probabilistischen Analyseverfahren sämtliche Ergebnisgrößenvariationen, die aus der Variation der Modellparameter resultieren, bestimmt werden. Mit Hilfe von probabilistischen Analyseverfahren ist es möglich, die stochastische Natur der maßgeblichen Modellparameter zu berücksichtigen. Dabei wird die Aussagefähigkeit der Analyse von einer deterministischen Punktlösung auf das wahrscheinliche Verhalten des Bauteils unter Betrachtung möglicher Geometrietoleranzen und Belastungsvariationen erweitert.rnBei diesen probabilistischen Untersuchungen können grundsätzlich zwei Ziele verfolgt werden. Zum einen ist es möglich, bei der Auswertung der probabilistischen Untersuchungen sehr viele Informationen über die Sensitivitäten und Robustheit der untersuchten Struktur zu gewinnen. Zum anderen lassen sich die Versagenswahrscheinlichkeiten des untersuchten Bauteils berechnen. Mit Hilfe der probabilistischen Untersuchungsmethoden können auf numerische Weise Erfahrungen über das ”Verhalten” z.B. einer Turbinenschaufel schon während der Entwicklungsphase gesammelt werden. Diese Erfahrungen können sonst nur mit Schaufeln in realen Maschinen gewonnen werden.rnObwohl die probabilistischen Methoden seit langem bekannt sind, wird die systematische Anwendung in der industriellen Praxis erst in neuester Zeit vorangetrieben. Eine Ursache dafür ist, dass sich bei allen probabilistischen Analyseverfahren im Vergleich zu einer klassischen, deterministischen Berechnung durch die Mehrfachausführung der deterministischen Rechnungen ein erhöhter Rechenaufwand ergibt. Dieser Nachteil wurde aber auf Grund der rasanten Entwicklung der Computertechnik in den letzten Jahrzehnten und der effizienteren Umsetzung der kontinuumsmechanischen Modelle reduziert. Weiterhin werden bei der Anwendung der probabilistischen Methoden Informationen über die Streuungen der Eingangsgrößen benötigt. Besonders bei den im Turbinenbau üblichen ”Kleinserien” sind diese Informationen statistisch abgesichert schwierig zu ermitteln. Weiterhin liefern die langen Lebensdauern und Inspektionsintervalle der Gasturbinen wenig Erfahrungsrückfluss, der zum Validieren der Ergebnisse der probabilistischen Methoden genutzt werden kann [34].rnDiese Arbeit soll einen Beitrag zur Einführung der probabilistischen Methoden in die Entwicklungsumgebung der Industrie erbringen. Ziel ist es, dem Entwicklungsingenieur Werkzeuge bereitzustellen, mit denen er effektiv die Streuungen der maßgeblichen Ergebnisgrößen einer Turbinenschaufel beschreiben und bei der Auslegung berücksichtigen kann. Weiterhin werden in dieser Arbeit Anleitungen vorgestellt, die den Anwendern der probabilistischen Methoden helfen sollen, die Güte der Ergebnisse der probabilistischen Untersuchung einzuschätzen.rnAusgehend von den vorgestellten theoretischen Grundlagen der Stochastik (Kapitel 1) sind die verschiedenen probabilistischen Methoden im Kapitel 2 erläutert. Wichtige Tests zur überprüfung der Umsetzung der probabilistischen Methoden in den Probabilistiktools sind im Kapitel 3 dargestellt. Software, die innerhalb dieser Arbeit entwickelt wurde, ist ebenfalls im Kapitel 3 erläutert. Nach einer kurzen Vorstellung von Methoden zur Beschreibung des strukturmechanischen Verhaltens von Turbinenschaufeln im Kapitel 4 werden im 5. Kapitel die zwei Turbinenschaufelmodelle vorgestellt, mit welchen innerhalb dieser Arbeit probabilistische Untersuchungen durchgeführt wurden. Abschließend sind im Kapitel 6 die Ergebnisse der Untersuchungen der Turbinenschaufelmodelle dargestellt.
Schlagwörter
Probabilistik, Probabilistische Simulation, MCS, Monte-Carlo-Simulation, RSM, Response-Surface-Method, Korrelation, Correlation
Berichtsjahr
2009