17.04.2018
Physik-Nobelpreisträger Klaus von Klitzing an der TU über die Revolution des Kilogramms
Physik-Nobelpreisträger Klaus von Klitzing begeisterte am 11.04. im Audimax der TU Dresden mit Erkenntnissen, die Maß und Ordnung auf den Kopf stellen
Rund tausend Hörer lauschten, lachten und applaudierten dem gestrigen „Nobelpreisträger zu Gast an der TU Dresden“: Prof. Klaus von Klitzing. Dem Entdecker des Quanten-Hall-Effekts und Physik-Nobelpreisträger, genügte eine Formel während des ganzen Abends, um die Auswirkungen seiner diffizilen physikalischen Errungenschaft für Dresdner Experten wie Laien, vom Schüler bis zum emeritierten Physikprofessor, anschaulich zu erklären. Nach einem Grußwort von Prof. Clemens Kirschbaum, Sprecher des Bereichs Mathematik und Naturwissenschaften und Organisator der Vortragsreihe, begann von Klitzings Erkenntnisreise für die deutsche Maß- und Normliebe.
Meter, Sekunde, Kilo – alles klar? Dass dem nicht so ist, machte von Klitzing in seinem Vortrag „Ein neues Kilogramm in nächsten Jahr und was das mit meinem Nobelpreis zu tun hat“ deutlich. Denn Meter, Sekunde und Kilo sind relativ, sie variieren je nachdem, wo und wann sie gemessen werden, Prototypen wie das – schrumpfende – Urkilogramm in Paris sind unzuverlässig. Hier kommen die Naturkonstanten ins Spiel: Größen, die im ganzen Universum gleich sind. Wie die von-Klitzing-Konstante. Mit ihr könnte schon ab 2019 das Kilo neu definiert werden. „Ein Meter ist definiert als die Länge der Strecke, die das Licht im Vakuum während der Dauer von 1/299 792 458 Sekunde zurücklegt“, so das Wikipedia-Zitat, das von Klitzing als Vergleich anführt; entsprechend kann sich das Kilo über die von-Klitzing-Konstante herleiten lassen, welche die Dimension des Widerstands beschreibt.
Der nächste Vortrag im Rahmen der „Nobelpreisträger zu Gast an der TU Dresden“ findet am Mittwoch, 18.04., mit Ben Feringa statt: Der Chemiker erklärt „The Art of Building Small“ (Vortragssprache Englisch) um 19 Uhr im Hörsaalzentrum. Wir bitten um Anmeldung unter tu-dresden.de/mn/nobel
„Unverständlich, dass die Natur uns so etwas geschenkt hat“, begeistert sich von Klitzing im Interview über den entdeckten Naturwiderstand. Mit erst 42 Jahren erhielt der Physiker den renommiertesten Wissenschaftspreis, für die Entdeckung des Quanten-Hall-Effekts und der damit verbundenen Naturkonstante. Eine zufällige Entdeckung, wie er betont, bei einem ganz anderen Experiment, 2 Uhr nachts. Er sei aufmerksam geworden auf dieses Phänomen im Widerstand von Halbleitern – und ging ihm nach, ging einen Umweg und nahm sich die wissenschaftliche Freiheit dafür. Die Freiheit, betont er immer wieder, ist essenziell für neue Erkenntnis. Die kindliche Neugier wiederzuentdecken, Fragen zu stellen und ihnen auf den Grund zu gehen.
Etwa neun Stunden vor von Klitzings öffentlichem Vortrag: Zehn Nachwuchswissenschaftler – Doktoranden und Beschäftigte bei verschiedenen Instituten aus Dresden und Freiberg – diskutieren in einer dynamischen Frage- und Diskussionsrunde im Dekanat Physik des Bereichs Mathematik und Naturwissenschaften Hintergründe und Details der Nobelpreisforschung und des Preisträgers: von Fragen der topologischen Quantenfeldtheorie über Forschungspolitik und -organisation bis hin zu Problemen und Chancen des Wissenstransfers in Bildung und Gesellschaft. „Ich war immer nur auf wissenschaftlichen Umwegen erfolgreich, wenn ich frei forschen konnte“, so von Klitzing. „Einer meiner Projektanträge lautete auf ‚Vermehrung von Wissen‘ – es war meine erfolgreichste Arbeit.“ Entsprechend ermutigte von Klitzing die Nachwuchsforscher dazu, nicht aufzugeben, Fehler als Lektionen zu verstehen und sich insbesondere mit Forschung zu befassen, die sie persönlich motiviert. „Der Nobelpreis ist für mich Verpflichtung, die Begeisterung für die Naturwissenschaften zu fördern“, so der Vater der von-Klitzing-Konstante – und Begeisterung säte er für die Physik merklich, sowohl in der kleinen Fragerunde der neuen Forschergeneration als auch im von Menschen und Applaus prall gefüllten Audimax.
Der nächste Vortrag im Rahmen der „Nobelpreisträger zu Gast an der TU Dresden“ findet am Mittwoch, 18.04., mit Ben Feringa statt: Der Chemiker erklärt „The Art of Building Small“ um 19 Uhr im Hörsaalzentrum. Wir freuen uns auf Ihre Anmeldung zum öffentlichen Vortrag unter tu-dresden.de/mn/nobel