11.04.2023
Große Nachfrage für Verpackungen aus thermoisoliertem Altpapier
Dagmar Möbius
Wer gekühlte Lebensmittel oder Medikamente verschickt, kennt das Umwelt-Dilemma: Die traditionell eingesetzten Verpackungen aus Styropor oder Kunststoff lassen sich nur schwer recyceln. Meist werden sie nach der Nutzung verbrannt. Ein an der TU Dresden mit dem Münchner Unternehmen easy2cool entwickeltes Isomaterial ist nachhaltig, preisgekrönt und wird immer beliebter.
Das Endergebnis eines Kooperationsprojektes zwischen der TU Dresden und dem Münchner Unternehmen heißt paperfloc. Entwickelt wurde die neuartige ökologische Versandisolierung aus Zellulosefasern zwischen April 2017 und Juli 2019. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (heute Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz) hatte die Forschung und Entwicklung im Rahmen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) gefördert. Im Jahr 2021 wurde das sächsisch-bayrische Kooperationsprojekt als ZIM-Erfolgsbeispiel 195 ausgezeichnet.
Diplom-Ingenieur Thomas Schrinner von der Professur für Holztechnik und Faserwerkstofftechnik der TU Dresden koordinierte das Projekt seinerzeit. Zunächst wurde Altpapier mit einem speziellen Prozess zerkleinert und getrocknet. Daraus entstanden faserbasierte Isolationselemente. Was sich im Nachhinein einfach liest, war für die Forschenden eine große Herausforderung. „Wir mussten den Aufbereitungsprozess anpassen und spezielle Faserstoffrezepturen entwickeln, damit die Fasermatten eine besonders geringe Dichte bei ausreichend enger Porengrößenverteilung aufweisen und die Isoliereigenschaften ihr Optimum erreichen“, erklärt er. In anderen Worten: Sie zeichneten sich durch eine geringe Temperaturleitfähigkeit aus. Durch das höhere Wärmespeichervermögen von Cellulose erwiesen sich die nachhaltigen Fasermatten sogar als bessere Isoliermaterialien als beispielsweise Styropor. Und noch einen Vorteil haben sie: Zwar war ein Folienmantel erforderlich, um einen direkten Kontakt mit Lebensmitteln zu vermeiden – dennoch sind paperfloc-Verpackungen vollständig recycelbar. Die Folie hat nur einen Anteil von sieben Prozent am Gesamtsystem. Die AG Papiertechnik, der Thomas Schrinner angehört, forscht weiter an Folie-Alternativen.
Übrigens: Die Herstellung von paperfloc benötigt nur ein Bruchteil der Energie wie Styropor. Zudem werden 95 Prozent weniger CO2 ausgestoßen. Und Karton kann mehr als 25-mal recycelt werden.
Die 2014 gegründete easy2cool GmbH ist in München zu Hause. Die Geschäftsführer Sebastian Leicht und Marco Knobloch haben sich nichts Geringeres vorgenommen, als „den Markt für mobile Kühlung zu revolutionieren“. Die Produktpalette umfasst nicht nur Lösungen für den Lebensmittelhandel, sondern auch eine Kühlbox aus Papier, die auf Festivals bis zu 100 Stunden Getränke (und mehr) kalt hält. Die Isoliertaschen und -verpackungen können per Produktkonfigurator nach individuellen Wünschen bestellt und nach der Nutzung im Altpapier entsorgt werden. Nach Angaben des Unternehmens erfreuen sich die nachhaltigen Einweg-Verpackungen wachsender Beliebtheit. Nicht nur im Online-Lebensmittelhandel, wo (tief-)kühlbedürftige Nahrung bis zu 48 Stunden transportiert werden kann.
Kontakt:
TU Dresden
Institut für Naturstofftechnik
Professur für Holztechnik und Faserwerkstofftechnik
Thomas Schrinner
Tel.: +49 351 463-38026
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