Luftrettung in Dresden
Mit dem Hubschrauber in den OP
Was die Akten über die Luftrettung in Dresden erzählen
Die Entwicklung der Notfallmedizin war mit der Stadt Dresden eng verknüpft. Unter dem Vorsitz von Prof. Werner Ludwig kam es hier am 23. Oktober 1952 zur Gründung des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) der DDR.
Am 1. Januar 1953 wurde das Krankentransportwesen gesetzlich dem DRK zugewiesen. Mit zunächst 50 Krankentransportfahrzeugen verschiedener Typen und einem Minimum an Personal konnten die ersten Einsätze realisiert werden.
Das Wissen hinsichtlich technischer Entwicklungen auf dem Gebiet der Notfall- und Intensivmedizin entwickelte sich rasch und zeigte, dass nicht ein schneller Transport, sondern die Sicherung und Stabilisierung der Vitalfunktionen vor Ort für das Überleben und den Krankheitsverlauf des Patienten von entscheidender Bedeutung waren.
Zunehmende Verkehrsdichte, Freizeit- und Berufsaktivitäten führten zu einer ständig steigenden Anzahl von Unfallpatienten. Ab 1. Oktober 1966 kam der erste Notarztwagen, ein "B 1000" mit der Aufschrift "Dringliche Medizinische Hilfe" zum Einsatz.
Die Anordnung des Gesundheitsministeriums und die Vereinbarung vom 7. November 1966 über die Einrichtung einer "Schnellen Hilfe" für die Stadt Dresden an der Chirurgischen Klinik der Medizinischen Akademie "Carl Gustav Carus" galt als vordringliche Aufgabe im Volkswirtschaftsplan des Bezirkes.
Die Anästhesieabteilung der Chirurgischen Klinik an der damaligen Medizinischen Akademie "Carl Gustav Carus" Dresden unter Leitung von Dr. P. Fritsche und weitere zwölf Ärzte waren für die Sicherstellung dieser Aufgabe verantwortlich, wobei die erste Einsatzfahrt Dr. Fritsche selbst absolvierte.
Neu geschaffene Voraussetzungen und Anweisungen, wie der 24-Stunden-Dienst, der "Dringlichen Medizinischen Hilfe" im Jahr 1967 führten ab diesem Zeitpunkt zu einer wesentlichen Verbesserung der Qualität der Notfallversorgung von schwerverletzten Patienten vor Ort.
Zu DDR-Zeiten war der flächendeckende Einsatz von Hubschraubern vor allem aus wirtschaftlichen, aber auch aus politischen Gründen nicht möglich. Für den medizinischen Notfall konnten Luftrettungseinsätze nur sehr selten ermöglicht werden.
Nach der politischen Wende wurde am 18. Juni 1990 in Dresden die Luftrettung stationiert. Den Flugbetrieb übernahmen vorerst Hubschrauber der NVA und folgend der Bundeswehr.
Die Planungen zur Einrichtung eines Hubschrauberlandeplatzes auf dem Gelände der Medizinischen Akademie waren zumächst umstritten. Patienten in akuten lebensbedrohlichen Situationen so schnell wie möglich zu helfen, gehört bekanntlich zu den Grundaufgaben der medizinischen Einrichtung und war damit auch ein wichtiges Anliegen von Mitarbeitern und Personalrat.
Mit Betroffenheit reagierte der Personalrat der MAD darauf, dass dieser zwar bei vorausgegangenen Gesprächen und Diskussionen hinsichtlich der Einrichtung des Hubschrauberlandeplatzes auf dem Klinikgelände einbezogen wurde, jedoch bei der Entscheidungsfindung unbeteiligt geblieben ist.
Bedenken hinsichtlich Lärmbelästigung, Staub, Abgase, nicht zuletzt die Nähe der Klinikgebäude, in denen ambulante chirurgische Behandlungen durchzuführen waren, sowie die Störung des Studienbetriebes wegen der sich in der Nähe befindenden Hörsäle waren verständlich. Diese Schwierigkeiten konnten erst in längeren Verhandlungen überwunden werden. So wurde am 1. Oktober 1992 nach Übergabe des Hubschrauberstandortes von der Bundeswehr an die Deutsche Rettungsflugwacht als ziviles Luftrettungsunternehmen, ein Vertrag zur Einrichtung eines Hubschrauberlandeplatzes auf dem Klinikgelände durch den Staatssekretär im sächsischen Innenministerium, Hubert Wigger, und den Präsidenten der Deutschen Rettungsflugwacht unterzeichnet.
Die Deutsche Rettungsflugwacht als größte private Luftrettungsorganisation Europas, betreute bereits seit 1973 Teile der deutschen Flugrettung.
In Anwesenheit von Ingrid Biedenkopf und dem Ärztlichen Direktor der Medizinischen Akademie "Carl Gustav Carus" Dresden, Prof. E. Schröder, der an die Mitarbeiter appellierte, die Arbeit der Besatzung zu unterstützen, startete der Hubschrauber "Christoph 48" vom Typ BO 105 CBS-5 von diesem Platz.
Der Landeplatz war damals nur ein ehemaliger Parkplatz vor dem Institut für Pathologie, ein Ausweichlandeplatz befand sich weiterhin auf den Elbwiesen.
Prof. Schröder stellte klar, dass dieser Landeplatz nur ein Provisorium sei und versicherte, dass die Ausstattung dieses Stützpunktes vorerst nur provisorisch erfolgen sollte, um später rasch auf Veränderungen reagieren zu können.
Der Rettungshubschrauber "Christoph 48" trug in der Region flächendeckend zu einer Optimierung der Hilfsfristen im Notfall bei. Mit dem Standort Dresden wurden neben der Landeshauptstadt auch Riesa, Meißen, Pirna, Hoyerswerda und Dippoldiswalde abgedeckt. In der Zeit von Oktober 1992 bis Juni 1993 flog "Christoph 48" insgesamt 668 Einsätze.
Wie vorgesehen, verabschiedete sich am 1. Juli 1993 die Deutsche Rettungsflugwacht und ein Behördenhubschrauber des Bundesgrenzschutzes, "Christoph 38" nahm am Luftrettungsstützpunkt Dresden seinen Dienst auf.
Mit jährlich etwa 20 000 Einsätzen an 22 Luftrettungsstationen in den alten und neuen Bundesländern und einer Gesamtanzahl von mehr als 308 000 Einsätzen gehört der Bundesgrenzschutz zu den größten und erfahrensten Luftrettungsunternehmen der Welt.
Die Verantwortung für den Flugbetrieb in der Rettungsstation Dresden hatte zunächst die Grenzschutzfliegerstaffel Mitte aus Fuldatal bei Kassel, später erfolgte ein Wechsel zur GS-Fliegerstaffel Ost in Berlin.
Der Rettungshubschrauber stand täglich ab 7 Uhr bis Sonnenuntergang an der Medizinischen Akademie Dresden jederzeit einsatzbereit zur Verfügung. Zwei Minuten nach Alarmierung startete "Christoph 38" und erreichte seinen Einsatzort in hoher Fluggeschwindigkeit nach etwa acht Minuten.
Zur Besatzung gehörten neben dem Piloten ein Notarzt und ein Rettungssanitäter. Mit durchschnittlich 2,5 Einsätzen pro Tag näherte sich der Stützpunkt der bundesweiten Statistik, wobei in manchen Monaten bis zu 74 Einsätze geflogen wurden. Da es sich beim Dresdner Klinikum um ein Schwerpunktkrankenhaus nicht zuletzt für operative Fächer, wie Neurochirurgie und Kinderchirurgie handelt, waren die Kapazitätsgrenzen Mitte der 1990er-Jahre erreicht. Die Einsatzhäufigkeit war Anlass, die Rettungsflugwacht zu erweitern und attraktiver zu gestalten.
Am 3. Juni 1996 begannen die Bauarbeiten für das neu zu schaffende Luftrettungszentrum im Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der TU Dresden. Dabei handelte es sich um den Neubau des Hangars, einer Tankanlage und entsprechender Bereitschaftsräume. Bereits am 2. Oktober 1996 konnten der Rettungshubschrauber im neuen Hangar untergestellt und die Bereitschaftsräume im Mai 1998 übergeben werden.
Nach 13 Jahren Dienst und 13 376 Einsätzen endete im Januar 2006 die Zuständigkeit der Bundespolizei für die Flugrettung in Dresden. Die Übersicht zeigt, wie sich die Luftrettung am Universitätsklinikum Dresden unter bestimmten Voraussetzungen rasch entwickeln konnte:
- 31. Dezember 2001
Luftverkehrsrechtliche Genehmigung des Landeplatzes am Universitätsklinikum ist beendet, Luftrettungsstation wird geschlossen, "Christoph 38" wird am Flughafen Dresden, Hangar 285, stationiert - 1. Januar 2002
Deutsche Rettungsflugwacht e. V. übernimmt die Gesamtorganisation am Luftrettungszentrum
Fliegerstaffel Ost der Bundespolizei stellt Hubschrauber und Piloten weiterhin zur Verfügung
Hauptlandeplatz des Universitätsklinikums ist wieder auf den Elbwiesen - 26. Juli 2003
Inbetriebnahme des Hubschrauberlandeplatzes auf dem Dach der Chirurgischen Klinik (Haus 59) - 31. Dezember 2005
Beendigung des Mietvertrages mit der Landeshauptstadt, Einstellung des Flugbetriebes mit Außenstart- und Landeplatz auf den Elbwiesen - 6. Januar 2006
Deutsche Rettungsflugwacht übernimmt den kompletten Flugbetrieb der Station in Dresden, gleichzeitig Wechsel des Hubschraubertyps EC 135 - März 2007
Umzug des Hubschrauberstützpunktes innerhalb des Flughafens Dresden von Hangar 285 in einen Neubau - 1. Januar 2008
Bisher zum Einsatz gekommene, speziell geschulte Rettungsassistenten der Berufsfeuerwehr Dresden werden durch firmeneigene Rettungssanitäter der Deutschen Rettungsflugwacht abgelöst.
Gegenwärtig ist der Rettungshubschrauber "Christoph 38" mit durchschnittlich 3,8 Einsätzen täglich weiterhin für das Universitätsklinikum Dresden im Einsatz.
Ursula Rost/Sören Weber/M.L.