Bremsen auf Eisenbahnbrücken (D788)
Allgemeine Angaben
- Diplomarbeit Nr.: D788
- Bearbeiter: Bernhard Kubis
- Betreuender Hochschullehrer: Univ.-Prof.-Dr.-Ing. Jürgen Stritzke
- Betreuer: Dipl.-Ing. Harald Michler
- Bearbeitungszeitraum: 12.10.1998–12.1.1999
Thesen zur Diplomarbeit:
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Längskraftabtragung auf langen und hohen Eisenbahnbrücken. Große Eisenbahnbrücken werden bevorzugt als Einfeldträgerketten ausgebildet, weil sie den Vorteil haben, daß sich die einzelnen Überbauten im Bedarfsfall einfach austauschen lassen. Bei diesen Einfeldträgerketten spielt die Abtragung der Längskräfte aus Temperatureinwirkungen, Bremsen und Anfahren eine große Rolle. Diese Längskräfte, die in die Schienen eingeleitet werden, führen auf der Brücke zu einer deutlich höheren Schienenbeanspruchung als auf der freien Strecke. Die Schienen sind bestrebt, die in sie eingeleiteten Kräfte über den Schotter oder die Konstruktion der festen Fahrbahn in die darunterliegende Konstruktion abzutragen, was um so besser gelingt, je steifer die darunter liegende Konstruktion ist. Die Pfeiler und Gründungen der Brücke sind aber immer wesentlich weicher als der praktisch starre Boden auf der freien Strecke. Auf der Brücke verbleibt deshalb ein größerer Anteil der Längskraft in den Schienen, so daß deren Beanspruchung ansteigt.
Die Vorschrift für Eisenbahnbrücken DS 804 gibt für die drei Lastfälle Bremsen, Anfahren und Temperatureinwirkungen auf die Überbauten eine zulässige zusätzliche Schienenspannung vor, deren Einhaltung im Einzelfall nachzuweisen ist, um die Gefahr von Schienenbrüchen oder -verwerfungen auszuschließen.
Dabei ist die Kraft-Verformungsbeziehung zwischen Schienen und Unterbau bei der Lastabtragung zu beachten. Die DS 804 empfiehlt den Ansatz einer Bettungssteifigkeit, die auf einem linearen Ansatz für den Längsverschiebe- und den Durchschubwiderstand des Gleises beruht. Dadurch entsteht ein statisches System, das wegen der kontinuierlichen Längskraftbettung der Schienen hochgradig statisch unbestimmt ist.
Bild 1: Statisches System
Um beim Brückenentwurf den Aufwand für eventuelle Zusatzkonstruktionen zur Längskraftabtragung abschätzen zu können, wird in dieser Arbeit die Beziehung zwischen den Unterbausteifigkeiten und der Einhaltung der Schienennormalspannungen anhand von Parameteruntersuchungen untersucht. Daraus werden Bedingungen für die Mindeststeifigkeit der Pfeiler ermittelt und in Diagrammen zusammengestellt.
Ergebnisse der Untersuchungen
Aus den Untersuchungen für die Abhängigkeit der Schienenspannungen von verschiedenen Parametern lassen sich einige grundlegende Aussagen ableiten:
- Je geringer die Pfeilersteifigkeit (daß heißt, je höher die Pfeiler werden), um so stärker steigen die Schienenspannungen aus Bremsen und Anfahren an.
- Der Grenzwert für die Pfeilerhöhe, bei der die zul. Schienenspannungen insgesamt noch eingehalten werden, liegt bei h = 25m.
- Eine Vergrößerung der Fundamente bei hohen Pfeilern bringt nur eine geringfügige Erhöhung der gesamten Pfeilersteifigkeit und trägt demzufolge nur wenig zur Minderung der Schienenspannungen bei.
- Bei Anwendung der festen Fahrbahn für die Gleislagerung werden wegen des größeren Verschiebewiderstandes die Schienenspannungen um bis zu 30% größer als bei Lagerung auf Schwellen im Schotterbett.
- Entscheidend für die Größe der Schienenspannungen aus Bremsen und Anfahren ist nicht die Summe der Pfeilersteifigkeiten, sondern ihre Verteilung. Haben einzelne Pfeiler eine geringe Steifigkeit (z.B. aufgrund schlechter Gründungsverhältnisse), so treten in den Schienen an diesen Pfeilern große Längsspannungen auf.
- Der Einbau von elastischen Kopplungen zwischen den Einfeldträgern bringt insgesamt keine große Reduktion der maximalen Schienenspannungen. Bei der gekoppelten Einfeldträgerkette entstehen in den Fugen Widerlager-Überbau durch thermische Ausdehnung der Brückenträger große Bewegungen, die zusätzliche Spannungen in den durchlaufenden Gleisen erzeugen. Aus diesem Grund müßten Schienenauszüge eingebaut werden, die aber aufgrund eines verbesserten Fahrkomforts und wegen einer einfacheren Wartung der Gleisanlagen vermieden werden sollten.
- Koppelkonstruktionen aus Stahl, die sich elastisch verhalten und die Belastung durch Biegung aufnehmen, sind aufgrund der begrenzten Verformbarkeit des Stahles bis zur Fließgrenze schwierig zu konstruieren. Sie benötigen zur Abtragung der großen Koppelkräfte Biegestäbe mit hohem Trägheitsmoment, dürfen aber andererseits aufgrund der Abhängigkeit der Belastung aus thermischer Überbauausdehnung von der Koppelsteifigkeit auch nicht zu steif werden. Konstruktionen, die diesen Anforderungen genügen, fallen so groß aus, daß sie den Zwischenraum zwischen den Endquerträgern der Einfeldträger voll ausfüllen. Damit sind sie sicherlich nicht wirtschaftlicher herzustellen als die bekannten Systeme mit Spanngliedkopplung und Elastomerlagern oder hydraulische Kriechkopplungen.
Bild 2: Zusammenstellung der max. Schienenspannungen für eine Fünffeldbrücke aus den Lastfällen Bremsen, Anfahren im 2. Gleis und Temperaturerhöhung des Überbaus um 30K.