URBAN CATCHMENT
Urban Catchments – Ganzheitliches Wassermanagement in wachsenden urbanen Räumen Chinas:Pilotprojekt Chao-See
Zur Erreichung vorrangiger wasserwirtschaftlicher Ziele in China wurde unter Leitung des chinesischen Umweltministeriums und Einbindung sechs weiterer Ministerien der Zentralregierung das „Major Program of Science and Technology for Water Pollution Control and Governance“ ins Leben gerufen. Das Programm hat eine Laufzeit von 2006 bis 2020. In der chinesischen Gesellschaft setzt sich die Erkenntnis durch, dass intakte Naturräume und die damit verbundenen Ökosystemdienstleistungen von Bedeutung für die nachhaltige Entwicklung des Landes sind. Sie stellen daher ein wichtiges Schutzgut dar. Hohe Besiedlungsdichten bewirken, dass Städte und Naturräume immer enger zusammenrücken und integriert, d.h. im Einklang, bewirtschaftet werden müssen. Die urbane Entwicklung darf die umgebenden Naturräume nur in einem tolerierbaren Ausmaß belasten, damit der Siedlungsraum von den natürlichen Ökosystemdienstleistungen profitieren kann.
In der Modellregion des Chao-Sees (Chaohu) ist das fragile Zusammenspiel von Natur- und Siedlungsraum gegenwärtig besonders ausgeprägt und gefährdet. Die Region um den See mit den Großstädten Hefei und Chaohu-Stadt gehört zu den am schnellsten wachsenden urbanen Räumen der Welt. Die Stadt Chaohu bezieht ihr Trinkwasser aus dem Chao-See und ihre weitere Entwicklung ist in starkem Maße mit dessen Wasserqualität verknüpft. Die zunehmenden anthropogenen Belastungskomponenten des Sees haben in den letzten Jahren zu einer erheblichen Verschlechterung der Gewässer- und Wasserqualität geführt.
Innovative und übertragbare Ansätze
Zur Charakterisierung der engen Verbindung zwischen Stadt und See wurde der Begriff „Urban Catchment“ (urbanes Einzugsgebiet) geprägt. Das Einzugsgebiet ist die Stadt selbst. Sie beeinflusst sowohl einen Teil der verfügbaren Wasserressourcen als auch die Schadstoffe, welche in den See gelangen und damit die wichtigste Trinkwasserressource für die Bewohner der Stadt gefährden. „Urban Catchment“ bedeutet, dass Stadt und See als Ganzes gesehen und bewirtschaftet werden müssen. Entsprechend arbeiten für dieses Projekt Wissenschaftler und Firmen eng zusammen, um einen integrierten Ansatz zu entwickeln. Eine wichtige Voraussetzung, um das System „See – Stadt“ besser verstehen zu können, ist die Entwicklung eines online-Monitoringsystems für die Wasserqualität in der Stadt und im See. Dies umfasst das Monitoring von städtischem Abwasser und der Fließgewässer. Dabei kommt das „Biomonitoring“ als innovative Beobachtungsmethode erstmals in dieser Region zum Einsatz. Die kontinuierlich erhobenen Messdaten werden in ein Umweltinformationssystem eingespeist. Gemeinsam mit Modellen für das urbane Wassersystem und den See ermöglicht dies sogar Vorhersagen für das Gesamtsystem „See – Stadt“ und damit ein Frühwarnsystem für die Wasserversorgung aus dem Chao-See. Meldet das Frühwarnsystem eine absehbare Verschlechterung der Rohwasserqualität, können die Wasserversorger in Chaohu künftig rechtzeitig reagieren.
Langfristiges Ziel der Kooperation zwischen den deut-schen und den chinesischen Partnern ist die Verbesserung der Gewässer- und Wasserqualität. Hierfür muss die Abwasserbehandlung und das Abwassersystem grundlegend verbessert werden. Für diese langfristige und kostenaufwendige Aufgabe sind eine wissenschaftlich fundierte Grundlagenermittlung und eine darauf aufbauende Planung erforderlich. Hierzu unterstützt ein Teilprojekt von „Urban Catchments“ die Planer der Stadtentwässerung von Chaohu in der Investitionsplanung mit der Asian Development Bank (ABD).
Chaohu verfolgt das Ziel, eine ökologische Modellregion und somit ein Tourismusmagnet in China zu werden. Voraussetzung dafür ist die Erlangung eines Gleichgewichts zwischen urbaner Entwicklung und der Restaurierung sowie der Erhaltung des einmaligen Ökosystems Chaohu. Neben den beschriebenen Untersuchungen im Stadtgebiet von Chaohu schließt das Konzept „Urban Catchments“ auch die suburbanen Räume mit ein. Es ist abzusehen, dass viele ländliche Bereiche um den Chao-See, in dessen Einzugsgebiet derzeit ca. 10 Millionen Menschen leben, von einer künftigen Urbanisierung betroffen sein werden. Daher ist eine flexible Planung der Abwasserentsorgung in den periurbanen Gebieten vorgesehen. Für die langfristigen und kostenintensiven Investitionsentscheidungen ist ausschlaggebend, wie dezentrale Abwassersysteme später in das rasch wachsende urbane Abwassersystem integriert werden können.
Das Konzept „Urban Catchments“ wurde auch anderen Städten in benachbarten Provinzen der besonders gefährdeten flachen Seen im unteren Yangtze vorgestellt und hat dort großes Interesse geweckt. Die Übertragbarkeit des Pilotprojekts am Chao-See auf andere Regionen hat großes Potenzial für die Verwertung der Projektergebnisse. Das Projekt „Urban Catchments“ wird in enger Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden, der Stadtentwässerung und den Wasserversorgern in Chaohu sowie chinesischen Forschungseinrichtungen, der Tongji Universität, der Chinesischen Akademie der Wissenschaften und der Chinesischen Umweltakademie (CRAES) durchgeführt. Der Verbund URBAN CATCHEMNTS wird in enger Abstimmung mit den Verbünden SIGN und SINOWASSER durchgeführt.
Das übergeordnete Ziel des Projekts ist die Entwicklung von Sanitär- und Umwelttechnik Systemlösungen für eine nachhaltige Verbesserung der Wasserqualität in der Stadt Chaohu. Es wird ein innovatives Konzept-Urban Water Resources Management (UWRM) beinhalten -Das für eine effiziente Sanitärsysteme in städtischen und ländlichen Gebieten sowie mit den Bedürfnissen der natürlichen aquatischen Ökosystemen zur Verfügung stellt. Chaosees spielt eine zentrale Rolle als ökologische und ökonomische Ressource und Trinkwasserquelle für die Stadt Chaohu für zukünftige Generationen geschützt werden. Das F & E-Projekt leistet einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung des Chaohu Region und Anhui Landesregierung Masterplan "Ökologische Lake City von Chaohu."
Pilot Region: Chaohu
Der Chao-See zeigt gegenwärtig einen extrem hohen Grad der Umweltverschmutzung (einige Bereiche liegen in der schlechtesten Stufe V). Ursachen sind nicht nur die mangelnde Kapazität der Wasseraufbereitung in der Industrie oder die regionale Landwirtschaft, sondern auch das Fehlen von integrierten Plänen für felxible Umwelttechnik für den städtischen und ländlichen Raum. Viele wissenschaftliche Studien haben die häufigsten Schadstoffe in See- und Flusssedimenten untersucht und hohe Konzentrationen von Schwermetallen , Alkylbenzol und teilweise Pestizide gefeunden. Die Forschung an technischen Lösungen zur Verbesserung der Wasserqualität hat bisher jedoch nur in begrenztem Maße stattgefunden. Aufgrund der extrem hohen Phosphoreinträge entstehen im Sommer regelmäßig großflächige Algenblüten, woraus sich eine hohe Konzentration an Cyanotoxinen (insbesondere Microcystin) ergibt. Der Chao-See ist die wichtigste Trinkwasserquelle der Region und stellt eine maßgebliche Gesundheitsgefährdung dar, sodass hinsichtlich der Verbesserung der Wasserqualität dringender Handlungsbedarf besteht.
Die Arbeitsgruppe Sieldungshydrologie ist unter anderem für die Datenerhebung im Untersuchungsgebiet verantwortlich. Dafür werden vier Messstationen der Firma GO Systemelektronik installiert, die der Aufzeichnung vieler relevanter Wasserqualitätsparameter in den Zuflüssen des Chao-Sees sowie in ausgewählten Abwasserkanälen dienen. Neben beispielweise Phosphat-, Stickstoff- und Sauerstoffkonzentrationen werden auch die Wasserstände und Durchflüsse erfasst. Die gewonnenen Daten stehen als Eingangsparameter für numerische Modelle zur Verfügung, mit welchen ein besseres Systemverständnis erlangt werden kann. Dadurch können neue Strategien zur Verbesserung der Wasserqualität entwickelt werden.