MEFUL: Minimierung der Emissionen in der Flugdurchführung bei garantierter operationeller Sicherheit als Beitrag zu einem umweltfreundlichen Luftverkehrssystem
PROJEKTINFORMATION
- Auftraggeber: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), Lufthansa Cargo AG (LCAG)
- Laufzeit: 36 Monate, Januar 2014 - Dezember 2016
Zweifelsohne besteht eine dringliche Notwendigkeit für ökologisch nachhaltige Verkehrsangebote. Das aktuelle 5. Luftfahrtforschungsprogramm (LuFo V) fokussiert daher mit der Förderlinie "Ökoeffizientes Fliegen" insbesondere die Erforschung aussichtsreicher Technologien für ein umweltverträgliches Luftverkehrssystem bis zum Jahr 2050. Dieser Anspruch erfordert jedoch neben technischen Anpassungen auch die Optimierung/Neuentwicklung von betrieblichen Verfahren.
Ziel des Projektes ist es, den Luftverkehr auf verschiedenen Planungsebenen hinsichtlich minimaler Auswirkungen der zu erwartenden Emissionen und minimaler Kosten unter Berücksichtigung höchster Sicherheitsstandards zu optimieren. Beginnend bei einem optimierten Netzwerk zur Bedienung der geforderten Nachfrage einer Airline über die Optimierung einer ökoeffizienten und kostenminimalen Flotte, sowie über optimierte Einzeltrajektorien bis hin zur agentenbasierten Simulation des Verkehrsstroms sämtlicher Verbindungen des modellierten Netzwerkes soll hiermit eine innovative Optimierung eines Luftverkehrssystems stattfinden. Diese multikriterielle Optimierung unterliegt jedoch konfligierenden Zielkriterien, da eine Berücksichtigung ökologischer Gesichtspunkte nicht zwingend mit minimalen Kosten verbunden ist.
Eine 4D Trajektorie beschreibt einen Pfad innerhalb eines dreidimensionalen Raumes sowie dem Zeitpunkt, zu welchem sich das Luftfahrzeug an dem Ort befindet. In MEFUL werden Flug-Trajektorien mittels eines multikriteriellen Optimierungsansatzes bestimmt. Diese multikriterielle Optimierung wägt zwischen mehreren konfligierenden Zielfunktionen ab, um das zu lösende Problem zum Gesamtoptimum zu führen. Je nach Wichtung der einzelnen Einflüsse in die Gesamtzielfunktion (hier: Emissionen und Umweltkosten, Betriebskosten, Sicherheit) kann sich die Gestaltung der Trajektorie ändern.
Herkömmlich erfolgte die Berechnung von Flugpfaden auf Basis festgelegter Routenstrukturen und Waypoints, welche sich aus der Gestaltung des Luftraumes zu Flugsicherungszwecken ergeben. Bestenfalls erfolgte in diesem strukturellen Rahmen eine zusätzliche Optimierung nach Windvektoren, was zu möglichst minimaler Flugzeit und dem geringsten Kraftstoffverbrauch führte.
Ziel von MEFUL ist es hingegen, die Kantenbewertung bei der Suche des optimalen Flugpfades um weitere Faktoren wie Emissionskosten zu erweitern. So kann beispielsweise durch Meidung eisübersättigter Lufträume eine Kondensstreifenbildung verhindert werden. Demgegenüber entstehen jedoch weitere luftverkehrliche Emissionen, welche einen Strahlungsantrieb der globalen Erwärmung begünstigen.
Die Optimierung des Luftverkehrssystems zwischen den konfligierenden Zielfunktionen Sicherheit - Ökologie - Kosteneffizienz erfordert eine umfassende und detaillierte Bewertung von Netzwerken, Flotten und Flugverläufen. In welchem Umfang die jeweils zentralen Zielkriterien erreicht werden, wird anhand einer Vielzahl von Indikatoren bewertet. Diese Bewertung erfolgt dabei immer unter Berücksichtigung aller Indikatoren, da so Abhängigkeiten teils gegenläufiger Kriterien abgewogen werden können. Neben den herkömmlichen Bewertungen nach Kosteneffizienz und Sicherheit erfolgt auch neuerliche Beurteilung des Emissionsausstoßes. Die folgende Abbildung 1 enthält für einen Kurzstreckenflug eines A320 mit etwa 400 km Länge die entstehenden CO2-äquivalenten Emissionen. Allgemein weisen Kurzstreckenflüge die geringste Umweltverträglichkeit von Flugbewegungen auf.
Die durch den Luftverkehr erzeugten Emissionen sind grundsätzlich nach Art ihrer Auswirkung zu unterscheiden. Diese Unterscheidung bedarf auch einer differenzierten Bewertung der Emissionen und Berücksichtigung in der Optimierung. Ein Großteil wirkt sich auf den Strahlungshaushalt des Systems Erde-Atmosphäre aus und bewirkt langfristig eine Abkühlung oder Erwärmung der Erdoberflächentemperatur. Weitere der in Abb. 1 gekennzeichneten Emissionen haben Auswirkungen auf die Luftqualität oder den Gesundheitszustand von Mensch und Tier, vorrangig in Flughafennähe.
Emissionen mit signifikanten Auswirkungen auf den Strahlungshaushalt der Erde sind Kohlendioxid, Ruß und Wasserdampf, Stickoxide (größte Auswirkungen auf den Ozonhaushalt) sowie schwefelhaltige Verbindungen (Vorläufer strahlungswirksamer Aerosole) und Auswirkungen der Kondensstreifen.
Als Emissionen mit signifikanten Auswirkungen auf die Luftqualität und Gesundheit von Lebewesen konnten Kohlenmonoxid, unverbrannte Kohlenwasserstoffe sowie Lärm identifiziert werden. Auch die Emission Schwefeldioxid wird in unteren Luftschichten ausgewaschen und ist ein Bestandteil des sauren Regens.
Die Emissionen werden für jeden Flug quantifiziert und über deren Strahlungsantrieb (Radiative Forcing, RF) als Verhältnis zum Strahlungsantrieb von CO2 in ein Global Warming Potential (GWP) überführt. Mithilfe des GWP wird die CO2-äquivalente Menge an emittierter Substanz mit gleicher Strahlungswirksamkeit bestimmt. H2SO4, NOX und BC werden entsprechend [1] und [2] quantifiziert. Die Funktionen für Klimakosten hängen von der Flughöhe und Ort des Fluges ab und werden nach [3], [4] und [5] berechnet. Anhand des Emissionshandels lassen sich diese Emissionen anschließend als externe Umweltkosten formulieren.
Literaturverzeichnis
[1] |
M. Schaefer, „Methodologies for Aviation Emission Calculation- A comparison of alternative approaches towards 4D global investigations,“ Diploma Thesis , Berlin University of Technology, 2006. |
[2] |
A. Kugele, F. Jelinek und R. Gaffal, „Aircraft Particulate Matter Emission Estimation through all Phases of Flight,“ EUROCONTROL Experimental Centre, 2005. |
[3] |
J. Fuglestvedt, K. Shine, T. Berntsen, J. Cook, D. Lee, A. Stenke, R. Skeie, G. Velders und I. Waitz, „Transport Impacts on Atmosphere and Climate: Metrics,“ Atmospheric Environment, 44, pp. 4648-4677, 2010. |
[4] |
A. Skowron, D.S. Lee und R. R. De León, „Variation of radiative forcings and global warming potentials from regional NOx emissions,“ Atmospheric Environment 104, pp. 69-78, 2015. |
[5] |
T. Stocker, D. Qin, G.-K. Plattner, M. Tignor, S. K. Allen, J. Boschung, A. Nauels, Y. Xia, V. Bex und P. Midgley, „The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental,“ Cambridge, United Kingdom and New York, NY, USA, Cambridge University Press, 2013, p. 1535 pp. |
Zur Optimierung von Trajektorien erfolgt die iterative Anwendung eines Flugleistungsmodells und eines Algorithmus zur lateralen Pfadsuche durch die Simulationsumgebung TOMATO (TOolchain for Multicriteria Aircraft Trajectory Optimization). Ursprünglich für die Zwecke von MEFUL entwickelt, wird TOMATO in weiteren Projekten der Professur genutzt und gegebenenfalls angepasst.
Das am Institut entwickelte Flugleistungsmodell COALA (Compromised Aircraft performance model with Limited Accuracy) ermöglicht die Modellierung optimierter und von Wegpunkten losgelöster Trajektorien je Luftfahrzeug-Triebwerkskombination unter Einzug realer Wetterbedingungen. Originär aus MEFUL entstanden, wird COALA für weitreichende Forschungszwecke am Institut um neue Funktionen erweitert.
Luftverkehrsnetzwerke sind ein Spiegelbild der Strategie der Fluggesellschaft (Netzwerkcarrier, Low-cost-carrier oder Hybridstrukturen) und sind Wesentlich für die Erzielung eines operativen Gewinnes. In MEFUL wird der Fokus der Netzwerkentwicklung auf die Verkehrsnachfrageprognose und Bereitstellung von Umsteigemöglichkeiten gelegt und eng mit den optimalen Einsatzbereichen der aktuellen und zukünftigen Flotten abgestimmt.
Die Optimierung zu einem ökoeffizienten Luftverkehrsnetzwerk erfolgt derart, dass geringe Kosten sowie Emissionen bei der Bedienung einer gegebenen Nachfrage entstehen. Bei Bedarf kann das Modell mit Ergebnissen aus Wirtschafts- und Marktmodellierung gespeist werden. Die Lösung erfolgt anschließend mittels eines linearen Optimierungsmodells für eine Luftverkehrsgesellschaft. Die grundlegenden Funktionen sind:
- Modellierung auf Nachfragebasis unter Minimierung von Kosten
- variable Anzahl an zentralen Hubs mit simultaner Lagebestimmung
- Suche reiner Hub-Verbindungen bis stark verflochtenem Netzwerk von Point-to-Point-Verbindungen
- grundlegende Zuordnung eines Flottentyps und Bestimmung der Anzahl an Flügen
Untersuchungen für ein Netzwerk mit 40 Knoten haben ergeben, dass der optimale Hubfaktor für dieses Netzwerk bei 0,2-0,35 zu finden ist. Der Hubfaktor ist der Quotient aus der Anzahl von Hub and Spoke Verbindungen (grau) und Point to Point Verbindungen (gelb). Bei zunehmenden Emissionskosten verringert sich der Hubfaktor aufgrund höherer Kostenbewertung von Hubverbindungen.
Durch obiges Beispiel konnte auch gezeigt werden, dass regional unterschiedlich bewertete Emissionen auch bei stark überhöhten Emissionshandelspreisen kaum Auswirkungen auf die Netzwerkstruktur zeigen. Da jedoch im asiatischen Raum die Wirkung von Stickoxiden auf die globale Erwärmung höher als in Europa ist, führen hohe Emissionskosten zu Verkehrsverlagerungen dieser Fluggesellschaft. Dabei verschiebt sich eine geringe Anzahl ehemals asiatischer Flüge der Fluggesellschaft westwärts, was alternativ zur Deckung der bestehenden Nachfrage zu höheren Endpreisen führt.
Im Rahmen des Projektes wurden folgende Forschungsergebnisse publiziert:
- Judith Rosenow, Stanley Förster, Martin Lindner, Hartmut Fricke (2017): Impact of Multi-critica Optimized Trajectories on European Traffic Density, Efficiency and the Environment, 12. USA/Europe Air Traffic Management Research and Development Seminar (ATM2017), Seattle
- Judith Rosenow, Martin Lindner, Hartmut Fricke (2017): Impact of climate costs on airline network and trajectory optimization: a parametric study, CEAS Aeronautical Journal, Volume 8
- Judith Rosenow, Stanley Förster and Hartmut Fricke (2016): Continous Climb Operations with Minimum Fuel Burn, SESAR Innovation Days, Delft
- Stanley Förster, Judith Rosenow, Martin Lindner, and Hartmut Fricke (2016): A toolchain for optimizing trajectories under real weather conditions and realistic flight performance Greener Aviation Brussels
- Martin Lindner, Stanley Förster, Judith Rosenow and Hartmut Fricke (2016): Ecological impact of air traffic control en-route charging zones in multi criteria optimized flight paths, Greener Aviation Brussels
- Martin Lindner, Stanley Förster, Judith Rosenow and Hartmut Fricke (2016): Potential of integrated aircraft rotation and flight scheduling with modeled tailsign performance, DGLR Kongress Braunschweig
- Judith Rosenow and Hartmut Fricke (2016): Flight performance modeling to optimize trajectories, DGLR Kongress Braunschweig
- Judith Rosenow, Hartmut Fricke (2016): Trajektorienoptimierung mit multikriteriellen Zielfunktionen, Symposium ATM Research & Industrie
- Judith Rosenow, Stanley Förster, Martin Lindner and Hartmut Fricke (2016): Multi-objective trajectory optimization, International Transportation,Special Edition 1, Volume 68
- Sabrina Groth, Judith Rosenow and Hartmut Fricke (2016): Aviation-induced nitrogen oxide emissions and their effect on the energy budget of the Earth-atmosphere system, International Conference on Research in Air Transportation (ICRAT), Philadelphia; USA - Pennsylvania
- Martin Lindner and Hartmut Fricke (2016): Potenziale und Herausforderungen der Integration von Formationsflügen in den Luftraum, 25. Verkehrswissenschaftliche Tage Dresden
- Judith Rosenow, Franziska Dieke-Meier, Christian Seiß and Hartmut Fricke (2015): Auf der Suche nach der optimalen Flugbahn, DFS Transmission 02/2015
- Judith Rosenow, Martin Linder and Hartmut Fricke (2015): Assessment of Air Traffic networks considering multi- criteria targets in network and trajectory optimization, Deutscher Luft- und Raumfahrtkongress 2015, Rostock
- Judith Rosenow and Hartmut Fricke (2015): Angle dependence of the extinction of solar radiation of individual condensation trails, Proceedings of the 4th International Conference on Transport, Atmosphere and Climate, 22-25 June, Bad Kohlgrub, Germany
- Valentin Minning (StA): Optimierte Einsatzplanung des A320 NEO am Beispiel der Lufthansa Passage
- Matthias Asmus (StA): Überführung existenter Algorithmen zur Konflikterkennung auf wegpunktlose Flugtrajektorien
- Yannic Brodersen (DA): Entwicklung und Bewertung von Formationsflugszenarien unbemannter Frachtluftfahrzeuge mit Hilfe eines Schnellzeitsimulationstools
- Robert Brühl (DA): SMS Umsetzung identifizierter flugbetrieblicher Sicherheitskennzahlen (SPI)
- Carina Hieke (DA): Entwicklung eines Algorithmus zur Konflikterkennung und -lösung wegpunktloser Flugtrajektoren
- Sebastian Wilker (DA): Lokale Verbesserung der Einsatzplanung von Luftfahrzeugen durch sequentielle Handlungsempfehlungen
- Felix Steinmeier (StA): Entwicklung einer methodischen Verfahrensweise zur Ermittlung von Ausweichrouten im Falle eines Triebwerkausfalles auf der standartisierten Abflugroute (SID)
- Richard Hofmann (StA): Visionäre Luftfahrtzeug-Konzepte - Verlagerung des innerdeutschen Luftverkehrs auf die Schiene weiterhin nachhaltig?
- Jan Bumke (StA): Erweiterung von Flughafen-Entgeltstrukturen um eine standardisierte und verstärkte Internationalisierung externer Umweltkosten
- Philipp Schubert (DA): Optimierung der Flottenzuordnung und Umlaufplanung einer Luftverkehrsgesellschaft unter Berücksichtigung von Instandhaltungsintervallen
- Fabian Kalb (StA): Ökologische Auswirkungen einer kostenfallbasierten Entscheidung zur Instandhaltung der Luftfahrzeugzelle
- Hannes Braßel (StA): Functional Failure Analysis Regarding Airworthiness, Airspace Integration and Air Traffic Control for Remotely Piloted Aircraft Systems (RPAS) Sustaining a Partial Loss of Information Transfer on the C3-Link
- Dominik Link (StA): Potential der Bereitstellung von aufbereiteten Flugverlaufsdaten als Informationsquelle für Cockpitpersonal am Beispiel der Lufthansa Passage
- Carina Hieke (StA): Entwicklung einer Entscheidungsempfehlung für die Verwendung der APU im Fahrzeugabfertigungsprozess am Beispiel der Lufthansa Passage
- Philipp Büttner (DA): Implementierung von Safety Performance Indikatoren zur Bewertung von mittels Flugleistungsmodell generierten Flugtrajektorien
- Sascha Pohlers (DA): Zeitkosten- und Kraftstoffeinsparpotential ferngesteuerter Luftfahrzeuge
- Alexander Pilz (DA): Modellbildung und Anwendung einer weiterführenden Internationalisierung externer Kosten im Luftverkehr
- Marco Jany (StA): Lokale Optimierung von mittels Heuristiken generierten kostenseitig suboptimalen Airline Netzwerken
- Sebastian Wilker (StA): Bewertung der operationellen Flexibilität von Luftfahrzeug-Flotten anhand möglicher Konfigurationen in einer Fluggesellschaft
- Johannes Albrecht (StA): Multikriterielle Optimierung von Flugtrajektorien moderner Strahlflugzeuge
- Sabrina Groth (DA): Luftverkehrlich emittierte Stickoxide und deren Einfluss auf den Strahlungshaushalt der Atmosphäre
- Nadine Parpat (DA): Konzeption von ökonomisch optimierten Routenstrukturen für Luftverkehrsgesellschaften im Jahr 2050 unter Berücksichtigung minimaler ökologischer Auswirkungen
- Jonas Trost (DA): Konzeption und Implementierung eines Flottenkonfigurators für Luftverkehrsgesellschaften im Jahr 2050
- Bruno B. Hass (StA): Potentialanalyse von FODA Flugverlaufsdaten zur analytischen Beschreibung des Betriebsverhaltens von Triebwerken
- Sabrina Groth (StA): Identifikation von flugbetrieblichen Leistungskennzahlen (EPI) zur Bemessung des ökologischen Fußabdrucks eines Einzelfluges
- Stefano Bianchi (MA): Calculation of the resulting thrust of a turbo-jet aircraft