Komplexität und Nachhaltigkeit
Wie verträgt sich die Vorstellung von einer komplexen Welt mit der Strategie ihrer nachhaltigen Gestaltung? Dies ist aus unserer Sicht die Grundfrage, die sich im Umgang mit dem Nachhaltigkeitskonzept stellt.
Das Nachhaltigkeitskonzept ist global und strategisch ausgerichtet, orientiert auf generationsübergreifende langfristige Wirksamkeit der Gestaltung der Entwicklung und ist mit Zukunftsverantwortung verbunden. Beansprucht das Nachhaltigkeitskonzept mithin die langfristige Gestaltbarkeit von Entwicklung, ist die Vorstellung von Komplexität mit jener von Unsicherheit verbunden.
Wie inzwischen gut erforscht ist, weisen komplexe Prozesse eine hohe Sensitivität gegenüber minimalen Änderungen in den Anfangs- und Randbedingungen bzw. von Prozessvariablen auf. In Verbindung mit der irreversiblen, nicht-linear rückgekoppelten Prozessdynamik wird ein nur sehr eingeschränkt voraussagbares sich selbst organisierendes Geschehen generiert. Dieses Geschehen bewegt sich im Spannungsfeld von Regularität und Chaos, durchschreitet stabile und instabile Phasen, damit immer auch kritische Punkte, auch Bifurkationen genannt, in denen singuläre Ereignisse über die weitere Entwicklung entscheiden.
Diese hier nur angedeuteten Eigenarten von Selbstorganisationsprozessen müssen im Nachhaltigkeitskonzept und dessen Umsetzung berücksichtigt werden. Voraussetzungen hierfür sind
- die weitere Entwicklung des Selbstorganisationskonzeptes auf allgemeinwissenschaftlicher Ebene, in dem synergetische, systemische und evolutionäre Dynamiken unterschieden werden,
- die Erarbeitung einer Tätigkeitstheorie, die auf die besagten Selbstorganisationsforschungen aufbaut, und
- die Untersuchung der Orientierungsleistungen in der kognitiven Navigation der Akteure durch sich selbst organisierende komplexe Tätigkeitskonstellationen.