Feb 24, 2022
Neue Publikation zu Inzivilität in der politischen Social-Media-Kommunikation
Soziale Medien sind heute ein essentieller Bestandteil der politischen Kommunikation: Vor allem zu Wahlkampfzeiten, aber auch im politischen Alltagsgeschäft nutzen Politiker:innen Social-Media-Plattformen wie Twitter oder Facebook, um Informationen zu verbreiten, zum Gang an die Wahlurne zu mobilisieren oder mit Bürger:innen zu interagieren. Der Ton in sozialen Medien ist jedoch häufig rau und gerade in Kommentaren zu politischen Posts stößt man immer wieder auf Beleidigungen und Pöbeleien. Doch welche Merkmale sind dafür verantwortlich, dass Nutzer:innen solche inzivilen Kommentare von Nutzer:innen hinterlassen?
In einem neuen Aufsatz, der nun in der Fachzeitschrift Frontiers in Political Science erschienen ist, widmen sich Julian Unkel (LMU München) und Anna Sophie Kümpel (TU Dresden) genau dieser Frage. Aufbauend auf einer automatisierten Inhaltsanalyse einer großen Menge an Social-Media-Posts von Mitgliedern des Kongresses der Vereinigten Staaten (n = 253.884) und den dazugehörigen Kommentaren (n = 49.508.863) untersuchen die Autor:innen, wie die Plattform, auf der ein Post veröffentlicht wurde (Facebook vs. Twitter) sowie verschiedene Merkmale des Ausgangsposts und persönliche Eigenschaften der postenden Politiker:innen – wie etwa deren Geschlecht oder Ethnie – mit dem Auftreten von inzivilen Kommentaren in Zusammenhang stehen.
Die Befunde zeigen zunächst, dass ca. 23 Prozent aller Kommentare als „inzivil“ klassifiziert werden können, also Vorwürfe der Unehrlichkeit, Verleumdungen oder sonstige abwertende und vulgäre Bezeichnungen enthalten. Es gibt jedoch auffällige zeitliche und kontextuelle Dynamiken. So scheint man inzivile Kommentare häufiger auf Twitter zu finden als auf Facebook und ihre Menge nimmt auch dann zu, wenn bereits im Ausgangspost inzivil kommuniziert wurde, also die Politiker:innen selbst einen rauen Ton angestimmt haben. Der Einfluss (wahrgenommener) persönlicher Eigenschaften der Politiker:innen ist insgesamt weniger eindeutig. Im Beitrag werden die Ergebnisse ausführlich diskutiert und in den gegenwärtigen Forschungsdiskurs eingeordnet.