James Joyce und W.B. Yeats sind Persönlichkeiten, die wir unmittelbar mit dem Irland des 20. Jahrhundert verbinden. Dass es sich bei ihnen um nobelpreisgekrönte Schriftsteller handelt, ist bekannt, weniger aber, dass die irische Moderne ebenso zahlreiche bildende Künstler hervorgebracht hat. Gerade das Celtic Revival Movement, welches vor allem mit W. B. Yeats in Verbindung gebracht wird, ist ohne Maler wie Harry Clarke oder die irische Arts and Crafts Bewegung nicht denkbar. Im Kontext der irischen Unabhängigkeitsbewegung forderten irische Schriftsteller und Maler um 1900 die Rückbesinnung auf die eigenen Wurzeln. Unter Rückgriff auf eine keltische, vom englischen Einfluss unberührte Tradition wollten sie zugleich eine kulturelle Moderne begründen. So empfahl W. B. Yeats dem Schriftstellerkollegen John M. Synge: „Give up Paris […] Go to the Arran [sic] Islands […]; express a life that has never found expression.“ Geographisch, politisch und kulturell machte man das eigentliche Irland im Westen des Landes aus, dessen ursprünglicher Eindruck von Malern wie Paul Henry, Jack B. Yeats und Sean Keating facettenreich in Bildern festgehalten wurde.
In der Folge näherten sich Vertreter der irischen Avantgarde, wie die Künstlerin Mainie Jellett, beeinflusst vom französischen Kubismus in abstrakter Manier erneut dem Thema des irischen Westens und vereinten auf diese Weise Strömungen der europäischen Moderne mit landeseigener Tradition. Dieser kulturelle Austausch lässt sich für viele weitere Künstler und Gruppierungen belegen. So sind im Werk Harry Kernoffs Verbindungen zur sowjetischen Kunst auszumachen, während die White Stag Group den Einfluss Englands und der Bloomsbury Group aufzeigt.
Im Seminar soll anhand ausgewählter Künstler und deren Werken zunächst auf die Merkmale der irischen Kunst und in einem weiteren Schritt auf internationale Bezugnahmen eingegangen werden. Die einzelnen Beispiele kultureller Transferleistungen werden zeigen, dass die irische Kunst nicht am Rande Europas, sondern viel näher an dessen Zentrum verortet werden muss. Wir werden dabei mit der Kunst und Kultur des Celtic Revival beginnen, um über den irischen Impressionismus, Galeriegründungen, internationale Ausstellungsbeteiligungen und andere Themen der irischen Moderne schließlich zur Konzeptkunst von Brian O’Doherty und zu Sean Scullys Farbfeldern zu gelangen.
Die zu erbringenden Leistungen im Seminar bestehen aus einem Referat und einem begleitenden Handout sowie einer Seminararbeit. Für das gute Gelingen des Seminars sind zudem eine rege Beteiligung durch Anwesenheit und Wortbeiträge sowie die Bereitschaft, ein Referat zu übernehmen, unabdingbar. Folgender Semesterapparat mit grundlegenden Literaturtiteln wird ab Beginn des Seminars in der SLUB bereitstehen: SMA Z 032. Die Auftaktsitzung, deren Teilnahme sich dringend empfiehlt, findet am 15.10.2015 statt. Interessenten an frühen Referatsthemen mögen sich direkt mit der Seminarleiterin (elisabeth.ansel@tu-dresden.de) in Verbindung setzen; dann können Themen schon vor der ersten Seminarsitzung vergeben werden.
Einführende Literatur:
- Allen, Nicholas: Modernism, Ireland and civil war, Cambridge [u.a.] 2009.
- Barber, Fionna: Irish Art since 1900, London 2013.
- Bhreathnach-Lynch, Síghle: Ireland's art. Ireland's history representing Ireland, 1845 to present, Omaha 2007.
- Breuer, Rolf: Irland. Eine Einführung in seine Geschichte, Literatur und Kultur, München 2003.
- Brown, Terence: Ireland. A social and cultural history. 1922-2002, London 2004.
- Steward, James Christen [Hrsg.]: When time began to rant and rage. Figurative painting from twentieth-century Ireland, London 1998.
- Keown, Edwina und Taafe, C. [Hrsg.]: Irish Modernism. Oxford, Bern, Berlin, Frankfurt am Main, Wien [u.a.] 2010.
- Townshend, Charles: Ireland. The 20th Century, London [u.a.] 1999.
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