Sommersemester 2008
Performance - Seminar geleitet von Marie-Luise Lange und BBB Johannes Deimling,
mit Studierenden der TU Dresden, Fachbereich Kunstpädagogik in Rehlovice (Tschechien) 2008.
Mehr über die Erfahrungen und Eindrücke der Kursleiter erfahren?
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BBB Johannes Deimling über den Kurs: Sucht euch ein Anfangsbild
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Marie-Luise Lange über den Kurs: Das macht glücklich!!!
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Abschluss
Am Samstag wurden ab 15 Uhr 20 Performances realisiert. 4 Bloecke a 5 Performances, zwischen den Bloecken wurde Pause gemacht. Die Dauer der einzelnen Performances variierte zwischen 3 Stunden und 10 Minuten.
Block 1
1.1 Nicole Gruhne (Stall)
Titel: O.T., 12 Minuten
Handlungsbeschreibung: Ich sitze in einem weißen Raum vor einem Spiegel und betrachte mich in diesem. Das Haar ist gepflegt und zu einem schönen Zopf gebunden. Mein Gesicht ist über und über mit Schminke bedeckt und soll perfekt erscheinen. Nach einem langen, nachdenklichen Blick in den Spiegel zerstöre ich mutwillig all das, was ich meine das es mich schön macht. Mittels eines Wattepads verschmiere ich langsam die geschminkten Augen und die roten Lippen. Das Haar verfilzt immer mehr zu einer hässlichen Krause und die Kleidung ist dem Prozess des Zerreißens zum Opfer gefallen. Das alles lasse ich nach einem kurzen Blick in den Spiegel hinter mir. Da mich das jedoch noch nicht erfüllt drehe ich um und zerstöre all die Spiegel um mich herum.
1.2 Katrin Schleifring (Brauerei)
1.3 Ariane Grille (Wiese)
Titel: Etikettierungen, Dauer 90 Minuten
Handlungsbeschreibung: Neben der Wiese befindet sich eine rechteckige, mit kleinen Steinen gefüllte Fläche. An der Stirnseite befinden sich zwei Paar unterschiedlich farbige Arzthandschuhe. Auf der Wiese vor dem Steinfeld (Länge: ca. 15 Meter) befinden sich ein alter Metalleimer, gefüllt mit Wasser, und ein neues Stück Seife - beides ist mit einem weißen Tuch abgedeckt. Ich beginne meine Performance indem ich alle Zuschauer einzeln ansehe. Ich begebe mich zu den Handschuhen an der Stirnseite und ziehe ein Paar an - langsam und ordentlich. Ich durchquere das Steinfeld barfuss, bleibe auf der anderen Seite stehen, betrachte meine Hände bzw. die Handschuhe und das Paar Handschuhe auf der gegenüberliegenden Seite. Ich gehe zu diesen Handschuhen zurück, ziehe das erste Paar aus, lege es ordentlich an seinen Platz zurück und ziehe das zweite Paar Handschuhe an. Ich gehe wieder zur anderen Seite, betrachte meine Hände, die Handschuhe auf der anderen Seite und gehe zurück um dieses Paar Handschuhe auszuziehen und das andere anzuziehen. Diese Prozedur wird vielmals wiederholt. Es ist heiß, meine Hände schwitzen, die Handschuhe kleben, ich bekomme sie kaum noch von den Fingern. Mein Atem wird intensiver, meine Schritte schneller. Das An- und Ausziehen der Handschuhe wird weniger präzis und ordentlich ausgeführt. Das Hin- und Herlaufen geht weiter bis ich mir am Ende das erste Paar Handschuhe von den Fingern reiße - schließlich auch das zweite. Ich betrachte die Überreste der Handschuhe und gehe zu dem zugedeckten Eimer. Ich setzte mich in die Wiese, nehme die Seife und beginne langsam meine Hände zu waschen. Mein Atem beruhigt sich. Ich wasche meine Hände solange bis das Stück Seife aufgebraucht ist. Ich stehe auf und gehe weg.
1.4 Madlen Leutert (Kellergewölbe begonnen)
Titel: Leben, Dauer: 120 Minuten
Handlungsbeschreibung: Ich starte mit einem Seil und einem Stein in einem alten, dunklen Raum. Das Seil binde ich um mich und hänge den Stein ein, dann gehe ich durch die Menge und hoffe dass mir alle folgen. Ich gehe über das Gelände und binde immer wenn sich die Möglichkeit bietet Steine an mich! Ich teste aus wie viele Steine ich an mich binden kann. Nach ca. 2 Stunden bin ich gezwungen die Steine von mir zu werfen und die Performance zu beenden. Meine Kraft ist am Ende!
Franka Daneck (Speicherschuppen)
Titel: Bewältigung (I love Rock'n Roll), Dauer: 14 Minuten
Handlungsbeschreibung: Ich lasse mich noch während der Performance meiner Vorgängerin von Valeria in den Speicherschuppen einsperren. So befinde ich mich in einem Raum, welcher kaum Licht hereinlässt. Erst nach einigen Minuten gelingt es mir, mich im Raum zu orientieren und die zahlreich herumliegenden Gegenstände zu erkennen. Ich beginne sogleich mit Arbeitshandschuhen an meinen Händen, die auf dem Boden liegenden Röhre und Stangen im vorderen Bereich des Raumes zu installieren, senkrecht vom Loch in der Decke hinab zum staubigen Fußboden. Eben diese Röhre verbinde ich mit Schnüren. So entsteht ein immer dichteres Netz aus Diagonalen und Schrägen im Speicherschuppen. Ich arbeite mich an diesen schweren Stangen mehrere Minuten ab, bis ich merke, wie die Zuschauer draußen langsam beginnen, in den Raum hineinzuschauen. Ganz entfernt höre ich, wie im Raum über mir die Leute laufen. Als mich die Kräfte nach langer Arbeitszeit verlassen und mir das Raumbild vollständig erscheint, greife ich den Sattel eines alten Motorrads und warte einige Minuten still vor der Tür. Dann kommt Valeria wieder mit dem Schlüssel und schließt das Schloss auf. Das Tageslicht blendet mich und ich laufe mit bebender Brust langsam auf die Wiese hinaus. Dabei verliere ich beide Handschuhe bis ich auch schließlich den Sitz loslasse und stehen bleibe.
Block 2
2.1 Susanne Wahl (Kellergewölbe / Brauerei)
Titel: aus eigener Kraft, Dauer 3 Minuten
Handlungsbeschreibung: Ich befinde mich in einem hohen, dunklen Gewölbe, dessen einzige Lichtquelle ein kleines Oberlicht ist. Ich liege in der Bauchlage mit Blick zum Boden auf einem langen, blauen Tuch, das ich um meine Hüfte gebunden habe. Das andere Ende läuft auf das Publikum zu. Links und Rechts von mir hängen zwei Seile aus dem Oberlicht herab. Ich taste nach den beiden Seilenden und ziehe meinen Oberkörper daran hoch. Ich blicke nach vorn, strecke meine Arme und halte mich. Ich schließe meine Arme mitsamt Seil und öffne sie. Dann greife ich höher und halte dabei aber meinen Oberkörper vom Boden gelöst. Ich ziehe mich weiter an den Seilen hoch, bis ich kniend sitze. Wiederum greife ich höher und ziehe meinen gesamten Körper vom Boden, schwinge und strecke meine Beine, so dass ich zum stehen komme. Ich verharre einen Augenblick, fasse beide Seile zusammen und ziehe mich vom Boden weg. Ich überkreuze die Beine mit dem Seil, stütze mich ab und richte mich auf. Nach weiteren zwei Zügen habe ich mich weit genug vom Boden gelöst und fasse die beiden Seile wieder einzeln. Ich lasse mich hängen, den Blick geradeaus. Langsam rutsche ich hinab, meine Handflächen brennen. Ich lasse los, falle und lande. Ich beende meine Performance stehend, den Blick geradeaus.
2.2 Susanne Krüger (Stall)
Titel: Durchlässig, Dauer 15 Minuten
Handlungsbeschreibung: Mein Anfangsbild ist clean: Der Raum ist hell und weitläufig, vor mir erhebt sich eine zufällige Anordnung von ca. 20 Zentimeter langen Stahlrohren, die einer sorgfältig komponierten Reihe von Pergamentpapierrollen gegenüber liegt. Der ganze Raum ist Licht und Weite; das Publikum fügt sich mir gegenübergestellt als grafische Silhouette in mein Bild mit ein. Hinter mir steht mein Weidenkorb, der sich, in das zarte Pergamentpapier eingewickelt, meinem Publikum als durchscheinende Kiste präsentiert und die Stofflichkeit der Rollen aufnimmt. Ich gehe in die Knie und rolle willkürlich einige Rohre auf dem hellen Steinboden, so dass der Klang den hallenden Raum erfüllt. Ich gehe zu den drei Papierrollen hinüber, nehme mir eine und trage sie zu der Anhäufung der Rohre: nun wird das Bild ganz durch den Kontrast der Röhren getragen, die eine fast identische Form haben, aber ganz durch ihre unterschiedliche Materialität geprägt sind. Ich beginne, ganz sanft ein Stahlrohr mit dem Papier einzuwickeln, so dass das feine Papier schließlich den rostenden Stahl umhüllt. Das nun entstandene neue Gebilde wird neu angeordnet, indem ich einen richtungsweisenden Parcours anlege. Während meiner Arbeit ist der Raum erfüllt mit den Geräuschen des Geschehens: meine Schritte, das Rollen der Rohre auf dem Boden, das leise Knistern des Pergaments. Sukzessive wickle ich jedes Stahlrohr ein und füge es der "Brücke" aus Rohren hinzu, die nun den Blick des Betrachters zu der Kiste lenkt. Diese steht vor der weißen Wand, die den Fluchtpunkt des Raumes bildet und mit halbrunden Objekten bestückt ist, die in ihrer Struktur an Blindenschrift erinnern. Als das letzte Rohr umhüllt und die Rolle Papier aufgebraucht ist, folge ich der Spur der Rohre und hole die Kiste. Ich stelle mich neben der Linie aus Rohren auf, halte die Kiste behutsam vor mich und drehe sie langsam um. Es regnet ein Strom von Tischtennisbällen heraus, das leichte Hüpfen der Bälle durchflutet den Raum. Als das letzte Springen verhallt ist, stehe ich neben der linearen Reihe der Rohre, die durch die Struktur der zarten Bälle durchbrochen ist. Durchlässig.
2.3 Cornelia Bliefert (Kellergewölbe / Brauerei)
Titel: Material, Dauer: 8 Minuten
Handlungsbeschreibung: Der von mir ausgewählte Raum war hoch und erinnerte noch an seine ehmalige Monumentalität. In der Mitte des leeren Raumes stabilisierte eine Säule die von Rissen gezeichnete Decke. Diese setzten sich in den Wänden fort und erzeugten, zusammen mit dem feuchten, kühlen Raumklima eine düstere und bedrückende Stille.Ich begann mit dem vorsichtigen und zarten Erfühlen der Säule, schlich um sie herum, ertastete ihre Ecken und Kerben. Ich schabte weiche Haut über rauhen Putz, rieb schwarze Kleidung in grauen Schut, kratze mit Nägeln im Stein, um das Material zu erproben. Wem es aussichtslos erschien, gegen Stein zu springen und zu schlagen, den erinnerten die abgeblätterte Fassade, die klaffenden Risse und tiefen Kerben im Gemäuer, dass kein Material ewig ist. Ich nutze Steine, den Putz zu zerkratzen und was nach dem Steinwurf noch lose war, sollte die Eisenstange herunterkratzen. Ich erfühlte die Säule, schlich um sie herum, ertastete sie und verließ den Säulenraum.
2.4 Susan Jankowski (hinter dem Speicher)
Titel: Zerstören-Wiedergutmachen, Dauer 12 Minuten
Handlungsbeschreibung: Betrachten eines jungen Baumes und allmähliches Berühren der Blätter, Äste. Abrupfen einzelner Blätter, Steigerung durch Abrupfen von Zweigen, später auch mit Hilfe einer Säge. Wiedergutmachen: den übrig gebliebenen Stumpf wiederherstellen. Mullbinden als verartztendes Material, aber auch als auffälliges Mittel in der Natur.
2.5 Undine Gey (Wiese / Teich)
Block 3
3.1 Konstanze Schütze (Raum über Pizzeria)
Titel: Geschenk, Dauer 210 Minuten
Handlungsbeschreibung: Auf ein kleines Rad mit zwei Haltegriffen gestützt, erklimme ich die Treppe vom Hof zum Raum. Die Zuschauer hören meine dumpfen Schläge bereits vor meiner Ankunft und kurz darauf rolle ich zum Boden gebeugt mit beinahe ausgestrecktem Körper wackelig unter großem Kraftaufwand in den Raum hinein. Der Raum ist geprägt durch typisches Baustellenmaterial - ein kleines Gerüst, einige Eimer, Bürsten, Stangen, ein Bock und ein viel zu kleiner Stuhl. Alles ist deutlich benutzt und nur wenige Minuten vorher noch in Gebrauch gewesen. An der Fensterfront steht etwas seitlich eingerückt eine weiße Kommode auf der ein blauer, sehr großer Nagel liegt. In der anderen Ecke des Raumes hängt eine kleine verrostete Gabel an einem Faden von der Decke. Nachdem ich mich auf dem "Zwergenstuhl" niedergelassen habe, wippe ich eine Weile mit beiden Beinen auf dem kleinen Rad herum - vor zurück. Dann stehe ich auf und gehe an den Zuschauern vorbei zur Tür und hole mir einen Ziegelstein von einem Stapel. Mit diesem Ziegelstein beginne ich in der vordersten Ecke Striche zum anderen Ende des Raumes zu ziehen. Dabei umfahre ich Gegenstände die auf dem Boden liegen mit dem Stein. Stück für Stück bildet sich ein Muster auf dem Boden aus. Nachdem ich den Boden bearbeitet habe, setzte ich mich ein weiteres mal auf den Stuhl und wippe. Mit der Stopfnadel aus meiner Rocktasche beginne ich in der äußersten Ecke von oben nach unten auf den verbliebenen Stellen mit altem Putz Striche mit geringen Abstand zu kratzen. Dabei bewege ich mich nur auf den Baumaterialien fort. So klettere ich über Gerüste, Kommode Fensterbretter kratzend zur anderen Seite des Raumes. Die Performance endet nachdem der ganze Raum sichtbar oder unsichtbar in Streifen gehüllt ist, die Nadel abgeschliffen und die Dunkelheit hereingebrochen ist, in aller Stille auf dem kleinen Stuhl wippend.
3.2 Susan Richter (Stall)
Titel: Weiter, Dauer 20 Minuten
Handlungsbeschreibung: In einem weißen, sehr neutralen Raum mit Betonboden, begann ich von der Mitte des Raumes einen Block von neun über- und nebeneinander gestapelten Pflastersteinen gerade in Richtung Wand vor mir herzuschieben. Dies war sehr schwer aufgrund der Reibung zwischen Steinen und Betonboden. In der Hälfte meines Weges bis zur Wand (noch 5 Meter ca. Von der Wand entfernt) kam das Publikum hinzu. Das Schieben der Steine hinterließ eine schwach erkennbare Spur auf dem Boden. Als ich an der Wand angekommen war, versuchte ich die Steine mit aller Kraft weiterzuschieben, was durch die Wand natürlich unmöglich war, aber die Möglichkeit nach rechts oder links weiterzuschieben bestand. Nach einer Weile wechselte ich also die Richtung und schob die Steine in die rechte äußere Ecke. Nun war es mir nicht mehr möglich die Steine anderswo hinzuschieben. Ich schob die Steine immer weiter gegen die Wand, ohne Erfolg sie weiterschieben zu können. Ich schob trotzdem weiter und wollte nicht aufgeben, bis meine Kräfte schließlich am Ende waren.
3.3 Susanne Bauer (Stall) Titel: Einzigartig, Dauer 10 Minuten
Handlungsbeschreibung: Ich stehe mit einem Spiegel in der Hand in der Mitte des Raumes. Der Spiegel ist so gedreht, dass ich mich darin ansehen kann. Zu Beginn meiner Performance halte ich ihn auf Höhe meines Gesichtes, so dass es für den Zuschauer nicht sichtbar ist. Langsam bewege ich den Spiegel vor meinem Körper hinab und "spiegele" mich selbst. Nachdem ich das einige Male gemacht habe, drehe ich den Spiegel so, dass die Spiegelseite den Zuschauern zugewandt ist und sie sich sehen können. Der Spiegel ist auf der Höhe meiner Brust. Ich gehe wahllos auf eine Person aus dem Kreis meiner Zuschauer zu und bleibe auf etwa einen Schritt Entfernung vor ihr stehen. Langsam hebe ich den Spiegel bis auf meine Kopfhöhe an. Das Spiegelbild der Person vor mir wandert mit bis sich ihr Kopf auf meinem dahinter liegenden realen Schultern spiegelt. Nach kurzem Verharren senke ich den Spiegel wieder und gehe auf einen weiteren meiner Zuschauer zu. Ich wiederhole die Spiegelung bei ihm und auch bei anderen Zuschauern. Nach einer Weile gehe ich zurück auf meinen Anfangspunkt im Raum und lege den Spiegel auf die Stelle an der ich am Anfang stand. Jetzt hole ich Kohle aus meiner Tasche und schreibe auf den Boden: "Alle Menschen sind gleich". Meine Hände sind von der Kohle ganz schwarz gefärbt (Eigentlich wollte ich sie an dieser Stelle in mein Gesicht reiben, was ich allerdings bei der eigentlichen Performance vor Aufregung dann vergaß). Ich gehe zum Spiegel, hebe ihn auf und stelle mich auf die Stelle an der er lag. Dann drehe ich ihn dem Publikum zu. Ich bewege mich im Halbkreis, so dass sich meine Beobachter eigentlich darin spiegeln müssten. Jetzt hebe ich den Spiegel über mich und verweile kurz in dieser Haltung bis ich ihn zum Abschluss auf den Boden zu meinen Füßen fallen lasse und er zersplittert.
3.4 Nicole Otte (Stall)
Titel: Versuch, Dauer 10 Minuten
Handlungsbeschreibung: Der Raum ist neutral, die Bühne weiß gestrichen und leer bis auf einen auf dem Boden liegenden Baumstamm und ein darauf gelegtes Rundbrett. Ich komme in den Raum, in der einen Hand einen Apfel, in der anderen ein Strickknäuel. Ich steige auf das Rundbrett und fange an, damit auf dem Baumstamm zu balancieren. Durch ungleiches Gewicht des Rundbrettes auf beiden Seiten und die Rundungen des Baumstammes und des Brettes ist das Balancieren schwierig. Durch die Anstrahlung mit Baulampen entstehen an der Wand hinter mir Schatten. Nach einer Weile fange ich an, den Apfel mit dem rotfarbenen Strick zu umwickeln. Die gleichzeitige Konzentration auf das Balancieren und das Einwickeln ist schwer, das Einwickeln gerät in den Rhythmus des Balancierens und dauert so kürzer als gedacht. Zwischendrin verliere ich die Balance und stolpere vom Brett, steige aber nach einer kurzen Atempause wieder auf und wickle Apfel und Hand zusammen in den Strick ein, bis mein Arm in einem großen roten Stumpf endet. Am Schluss versuche ich, den eingewickelten Apfel von mir zu werfen. Ich verlasse den Raum und damit endet die Performance.
3.5 Helene Cersovsky (Stall / Teich)
Titel: Welten (světy), Dauer: ca. 60 min.
Handlungsbeschreibung: Ich sitze im weißen Raum auf dem Boden, es dämmert. Langsam hole ich aus meinen Hosen- und Jackentaschen sehr viel Streichholzschachteln hervor und lege sie ungeordnet auf dem Boden neben mir, um dann jeweils ein Streichholz anzuzünden und es auf dem Boden auszudrücken, wo es einen braunen Fleck hinterläßt. Als die Flecken ungefähr einen Viertelkreisbogen beschreiben, stehe ich auf und gehe aus dem Zuschauerkreis hinaus zur Tür. Ich ziehe meine Schuhe aus und gehe barfuß draußen weiter bis zum Teich. Ich setzte mich ins Gras und beginne mit der gleichen Prozedur wie drinnen; ich ziehe Streichholzschachteln hervor, zünde jeweils ein Streichholz an und bringe es am Boden zum Erlöschen, wobei im feuchten Gras allerdings keine Brandspuren entstehen. Nach einigen Versuchen stehe ich wieder auf, gehe zurück, ziehe beim Hineingehen meine Schuhe wieder an, setze mich ungefähr an die gleiche Stelle und füge der begonnenen Kreiszeichnung weitere Flecken hinzu. So pendle ich mehrmals zwischen dem weißen Raum und dem Rasen am Teich hin und her, wobei ich mir am Teich verschiedene Plätze suche, bis ich ihn so einmal umkreist habe. Als die Kreisform drinnen auf dem Boden fast geschlossen ist, stopfe ich alle Streichholzschachteln wieder in meine Taschen, gehe hinaus und werfe sie schnell und heftig in den Teich. Mit einem am Teichrand liegenden Käscher hole ich diejenigen von ihnen, die ich erreiche, wieder ein, trage sie in meinen Taschen in den weißen Raum, setze mich und reibe etliche Streichhölzer an den Zündflächen der nassen, halb kaputten Schachteln, ohne einen Funken zu erzeugen, bis diese noch zerstörter sind. Ich hinterlasse einen Haufen aus teilweise zerfetzten, nassen Streichholzschachteln und Streichhölzern neben der unvollendeten Kreiszeichnung.
Block 4
4.1 Sara Sparmann (Schuppenwand)
Titel: Kern, Dauer 5 Minuten
Handlungsbeschreibung: Anfangsbild: leere Hauswand, Scheinwerferlicht, Nacht. Bringe Leiter ins Bild hinein (rechts nach links). Papier in der Mitte auf Wiese ausrollen. Umriss I aufrecht liegend mit weißer Kreide zeichnen. Umriss I mit Leiter und Klebeband an die Hauswand kleben. Papier in der Mitte auf Wiese ausrollen. Umriss II in Fötusstellung liegend mit weißer Kreide zeichnen. Umriss II mit Leiter und Klebeband an die Hauswand kleben. Zwei Stöcke neben der Scheinwerferlampe holen (optische Verlängerung der Arme). Hauswand mit Schatten ausmessen. Näher an Hauswand gehen. Sprung über Umriss II. Angedeutete Schläge mit Schattenspiel auf Umriss I. Auf Lampe zugehen. Stöcke rechts links wegwerfen. Aus dem Bild hinausgehen. Endbild: Hauswand mit zwei Umrissen und Leiter
4.2 Elfi Glasenapp (Kellergewölbe)
4.3 Valeria Drotskaja (Stall)
Titel: Heimat, Dauer 15 Minuten
Handlungsbeschreibung: Bekleidet mit einem Sommerkleid stehe ich am Ende des grossen, weissen Raumes. Hinter mir lehnt eine Leiter, ein Besen und Brotscheiben und Folie liegen daneben auf dem Boden. Ich ziehe das Kleid aus und lege es zur Seite. Mit dem Besen ziehe ich um mich herum einen Kreis und kehre den Dreck innerhalb dieses Kreises zu einem Häufchen in der Mitte zusammen. Ich stelle die hölzerne Klappleiter auf. Ich nehme eine Brotscheibe, gehe die Leiter rauf und stecke die Brotscheiben auf eine Eisenstange die etwa einen Meter aus der Decke ragt. Ich steige die Leiter herab und hole eine weitere Scheibe Brot, steige die Leiter empor und stecke das Brot auf die Stange. Ich wierdehole diese Handlung solange bis alle Brotscheiben auf der Stange aufgereiht sind. Ich breite die Folie aus und umwickele mit einem Ende die Brotscheiben, der Rest der Folie hängt herab. Ich stelle die Leiter an die Wand und nehme ein Stück Folie, laufe im Kreis und wickele mich gehend in die Folie ein. Eingewickelt bleibe ich einen Moment ruhig stehen. Mit meinem Mund sauge ich an der Plastikfolie. Mit dem mit erzeugten Druck zwischen Mund und Folie, platzt diese und ein schluchzender Ton wird hörbar. Mit der Dauer der Handlung wird die Folie immer löchriger und ich kann mich aus meinem Kokon befreien. Ich gehe in den zu Beginn gezogenen Kreis und "wasche" meine Arme und mein Gesicht mit dem Dreck. Ich stehe auf (Schlussbild).
4.4 Isabel Eisfeld (Brauereigebäude oben, bewachsene Fläche)
Titel: Einladung an Vorgestern, Dauer: 15 Minuten
Handlungsbeschreibung: Gemeinsam mit dem Publikum gehe ich im Dunkeln zum Eingang des ruinösen Brauerei-Gebäudes. Ich warte kurz, dann gehe ich mit dem Lichtkegel einer Taschenlampe die Treppe hoch bis zu meinem eigentlichen Anfangspunkt. Die Lampe nach unten gerichtet verharre ich mehrere Minuten, bis sich die Menge durch die Dunkelheit nach oben getastet hat. Die drei Räume, die ich für die Performance gewählt habe, sind durch Türrahmen miteinander verbunden. Ich betrete den ersten Raum, hänge die Taschenlampe an einem Seil auf, sodass durch ihr Schwingen der Raum spärlich beleuchtet wird. Lautes Quaken von Fröschen löst die Stille ab. Ich ziehe meinen Pullover aus und hänge ihn an einen Haken. Dann ziehe ich meine Schuhe aus und stelle sie ab. Ich gehe barfuß zwischen Schutt über einen steinigen, pflanzenbewachsenen Pfad bis in den dritten Raum. Dort hänge ich eine zweite Taschenlampe an ein Seil, ohne sie anzumachen. Ich setze mich auf den Stuhl unter dem Fenster des Raumes und starre an die gegenüberliegende Wand. So verharre ich. Allmählich findet sich das Publikum im und um den Eingang des dritten Raumes ein. Wenige Taschenlampen fahren suchend die Wände des Raumes entlang. Ich lege ein rostiges Stück einer Harke behutsam auf einen der mit Luft gefüllten gelben Säcke, die zu einer Mauer vor dem Fenster aufgestapelt sind. Allmählich lösen sich einzelne Müllsäcke und gleiten zu Boden. Zum Teil wird ihre Bahn durch quer durch den Raum gespannte weiße Schnüre verändert. Ich gehe zu der Taschenlampe und mache sie an. Dann gehe ich durch die Menge vor in den ersten Raum. Außer einer kaputten Kloschüssel befinden sich dort ein Spiegel, eine grüne Gießkanne und ein Nachttischchen mit einer Schublade. Nach mehrmaligem Öffnen und Schließen dieser Schublade ziehe ich ein Stück Pastellkreide heraus. An die Wand über dem zweiten Türrahmen schreibe ich: >>Bist du glücklich.<< Dann verlasse ich den Raum und schließlich das Brauereigebäude. Ich warte an die Hauswand gelehnt, bis auch die ZuschauerInnen das Gebäude verlassen haben.
4.5 Shuah Brotherton (Brauereigewölbe)
Titel: o.T., Dauer 8 Minuten.
Handlungsbeschreibung: Der Raum ist etwas moderig, nass-kalt, dunkel. Die Farbe platzt von den Wänden und der Boden ist erdig und nass. Der Raum ist nicht Sehr groß (etwa 16qm) dafür aber sehr hoch (etwa 5-6m). In der Decke ist mittig eine quadratische Fensterluke zum Dach. Diese ist komplett offen. Die Zuschauer kommen nach Ansage in den Raum. Dort hänge ich kopfüber von einem Seil. In den Händen halte ich ein altes Rad (Felge und Schlauch von einem Fahrrad, mit teilweise abstehenden Speichen). Rad und Hände sind etwa einen Meter vom Boden entfernt. Das Seil ist um die Fesseln meine Füße befestigt und führt zur Dachluke über einen dort befestigten Balken und wieder zurück nach unten. Im Raum ist er an einen Haken in der Wand befestigt. Ich trabe ein weißes Laken, von Hüfte bis zu den Füßen, der Oberkörper ist mit weißen Mullbinden eingewickelt.Ich bewege mich nicht, jedenfalls nicht mit eigener Körperkraft. Es ist aber eine leichte Schwingung da, und ich drehe mich leicht um die eigene Achse. Der Raum ist dunkel, die einzige Lichtquelle kommt vom Seil etwa 1,50m über meinen Füssen, in Form von drei Taschenlampen. Diese scheinen einen Spot auf mich, der aber nicht besonders hell ist. Es ist Nacht, also kommt von der Fensterluke nicht sehr viel Licht. An diesem Abend regnet es, so dass im schein der Taschenlampe, die Regentropfen zu sehen sind. Der Zuschauer kann um mich herum laufen.
Photos: Marie-Luise Lange und BBB Johannes Deimling