Soziologie des Auditiven
Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert haben akustische Medientechnologien durch Speicherung (Grammophon, Schallplatte) oder Übertragung (Telefon, Radio) auditive Phänomene gesellschaftlich verfügbarer gemacht als je; unter den Bedingungen des Internet, mobiler Musiknutzung und Sounddesign hat sich dies noch weiter forciert. „Auditive Kultur“ wird im 20. Jahrhundert zu einer, in der Soziologie weitgehend vernachlässigten, Sinn(es)dimension, die von technologischen Möglichkeiten (aber auch Restriktionen), von wirtschaftlichen Interessen (aber auch Demokratisierungstendenzen) sowie von den Erfahrungen, Vorlieben und Erwartungen gesellschaftlicher Gruppen (Generationen, Milieus etc.) geprägt ist. Dies zeigt sich deutlich (aber keinesfalls nur) an der populären Musik, in der tradierte Erlebnisweisen, Begrifflichkeiten und ästhetische Formen des Musikalischen in Frage gestellt, aber auch neue Weisen des Hörens und Erlebens auditiver Phänomene erschlossen und gesellschaftlich verbreitet werden. In diesem Forschungsfeld wird eine kultursoziologische Perspektive auf den Wandel und die gesellschaftliche Einbettung der auditiven Kultur v.a. seit dem 20. Jahrhundert entwickelt, die auch die Erkenntnisse der Sound Studies einbezieht.
Forschungsprojekt:
“Time has come today”
Die Eigenzeiten popmusikalischer Chronotope und ihr Beitrag zur temporalen Differenzierung von Lebenswelten seit den 1960er Jahren (Förderzeitraum 4/2014 bis 4/2017)
Teilprojekt im DFG-Schwerpunktprogramm “Ästhetische Eigenzeiten. Zeit und Darstellung in der polychronen Moderne”
Aufsätze:
„Erleben, Verstehen, Vergleichen. Zur Soziologie auditiver Wahrnehmung im 20. Jahrhundert“, in: Zeithistorische Forschungen, Heft 2/2011: Politik und Kultur des Klangs im 20. Jahrhundert (Hg. Daniel Morat, Christine Bartlitz, Jan-Holger Kirsch), S. 269-276.
„Der Sound und sein soziotechnischer Resonanzraum. Zur Archäologie massenkulturellen Hörens“, in: Lutz Hieber/Dominik Schrage (Hg.): Technische Reproduzierbarkeit. Zur Kultursoziologie massenmedialer Vervielfältigung, Bielefeld (Transcript) 2007, S. 135-162.
„ ‚Singt alle mit uns gemeinsam in dieser Minute’. Sound als Politik in der Weihnachtsringsendung 1942“, in: Gethmann/Stauff (Hg.): Politiken der Medien , in: Daniel Gethmann/Markus Stauff (Hg.): Politiken der Medien, Zürich/Berlin (Diaphanes) 2005, S. 267-285.
Buch:
Psychotechnik und Radiophonie. Subjektkonstruktionen in artifiziellen Wirklichkeiten 1918-1932, München (Wilhelm Fink) 2001 (v.a. Teil 2).