Politik im Freien Theater
Im Projekt "Politische Köpfe" arbeiten Studierende und Mitarbeiter der HfBK Dresden (Abteilung Theaterplastik) und der TU Dresden (Institut für Politikwissenschaft) gemeinsam an der Konzeption und Gestaltung von möglichst anschaulichen Portraits politischer Denker. Vergleichbar einem langen Teekesselspiel entwickeln die Studierenden und Mitarbeiter des Instituts für Politikwissenschaft zunächst möglichst plastische Erzählungen über verschiedene politische Denker und versuchen einen angemessenen und trotz allem kompakten Überblick über deren Denken und Schaffen zu vermitteln. Auf dieser Grundlage und mit dieser Hilfe sind die Studierenden der HfBK Dresden gehalten, diese Informationen in plastischen Büsten konkret werden zu lassen. Im Winter 2011/12 werden auf dieser Grundlage insgesamt 7 politische Denker und eine Denkerin portraitiert. Die entsprechenden Tandems aus jeweils einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin bzw. Studierenden des Instituts für Politikwissenschaft und eines Studenten oder einer Studentin der Hochschule für Bildende Künste Dresden, die über das Wintersemester zusammenarbeiten, treffen sich seit November regelmäßig.
Die Politik und die Köpfe. Gedanken zur politikdidaktischen Perspektive des Projektes In der Politikwissenschaft neigen wir dazu unseren Gegenstand – also die Politik – für eine ziemlich abstrakte Sache zu halten. Politik ist und soll rational verfasst sein und sich nicht an Oberflächlichem aufhalten. Politik ist mit dem Kopf gemacht und richtet sich an Köpfe. Um Politik zu begreifen muss man Bücher lesen – oder zumindest die Zeitung. Zu oft wird dabei vergessen, dass wir uns dem Politischen auch über die Augen, über den Körper und über die Erscheinungsweisen nähern. Was wurde nicht schon über Putin mit nacktem Oberköper, Berlusconis falschen Haaransatz, den dünnen und den dicken Joschka Fischer oder Helmut Kohls Bauch geschrieben. In der Politik interessiert uns nicht nur das Denken – wir interessieren uns auch für die Menschen. Das ist auch bei politischen Theoretikern nicht anders. Warum beispielsweise haben der Leviathan und Thomas Hobbes die gleiche Frisur und den gleichen Bart? Warum setzt sich gerade Jürgen Habermas für den herrschaftsfreien Diskurs ein? Warum sieht John Rawls auf vielen Bildern aus wie ein Geistlicher? Wir wollen uns in diesem Projekt den politischen Denkern über ihre konkreten Erscheinungsweisen, über ihre Köpfe nähern. Studierende und Mitarbeiter des Instituts für Politikwissenschaft vermitteln aus diesem Grund die zentralen Konzepte und Gedanken großer politischer Denker wie Hobbes, Kant, Rawls, Rousseau, Dewey Arendt oder Habermas an Studierende der HfBK Dresden und arbeiten so mit ihnen gemeinsam an plastischen Portraits dieser Persönlichkeiten. Dabei üben sie sich in der anschaulichen Vermittlung dessen, was sie bei uns am Institut gelernt haben. Wie kann man Habermas herrschaftsfreien Diskurs darstellen, so dass ihn jeder auf den ersten Blick versteht. Was ist mit Rawls Schleier des Unwissens? Was ist überhaupt das markante an diesen Konzepten? Diese und ähnliche Fragen treiben unsere Studierende, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Projekt gerade um. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse und freuen uns, dass wir durch dieses Projekt dem langfristigen Ziel einer Ausstellung politischer Fragen und Persönlichkeiten in unserem Institut ein ganzes Stück näher kommen werden. Prof. Dr. Anja Besand Professur für Didaktik der politischen Bildung |
Gedanken zur künstlerischen Umsetzung des Projekts „Politische Köpfe“ aus der Perspektive der HfbK Der menschliche Kopf gehört seit Jahrtausenden zu den zentralen Bildthemen in der Kunst und zieht sich durch alle wesentlichen kunstgeschichtlichen Epochen bis in die Gegenwart. Dabei kommt dem Porträt in der Plastik eine besondere Rolle zu, da es die Porträtierten den Betrachtern direkt dreidimensional gegenüberstellt und sich so eine ganz andere Beziehung zwischen Rezipient und Werk aufbaut als bei einem zweidimensionalen Abbild. Dieser besondere Aspekt der Porträtplastik wurde zur (oft idealisierten) Herrscherdarstellung, der zeitlosen Verewigung schöner Frauen und Männer oder aber beim Respekt vor der geistigen Größe von Dichtern, Denkern, Komponisten oder aber Staatsmännern bei der künstlerischen Umsetzung von den Künstlern ausgenutzt. Dabei spielten und spielen geschichtliche politische und kulturelle Verhältnisse eine wichtige Rolle. Das Erarbeiten eines plastischen Porträts einer konkreten historischen Persönlichkeit nach einer Bildvorlage gehört deshalb zu den wesentlichen künstlerischen Studienaufgaben unserer Theater¬plastik¬studenten innerhalb des Hauptstudiums.Denn oft wird in der Theater-, Film- und Ausstellungspraxis das Porträt eines Platon, eines Jacques Offenbach, eines Bismarck, Lenin oder gar Hitler in stilistisch und plastisch sicherer Umsetzung benötigt (die ausgewählten Beispiele entstammen sämtlichst eigener Erfahrung). Das von Anja Besand angeregte gemeinsame Projekt gibt unseren Studenten nun im Rahmen dieser Aufgabenstellung die besondere Möglichkeit, bedeutende Geistesgrößen der Philosophie und Politikwissenschaft nach eigener Sichtweise plastisch zu gestalten. Das stärkt ihre plastische Souveränität einerseits und bringt neue Sichtweisen nicht nur auf die von ihnen porträtierten Personen. Denn durch die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit jeweils einem Studenten der Politikwissenschaft erschließt sich die geistige Dimension der Werke und Wirkungen der ausgewählten „ Köpfe“ im Arbeitsprozess ganz anders. Dieses gemeinsame Arbeitserlebnis, das haben schon die ersten Arbeitstreffen gezeigt, bereichert sowohl die künstlerische als auch die wissenschaftliche Arbeit ungemein. Und „nebenbei“ entsteht so im Institut für Politikwissenschaft der TU Dresden eine „Galerie der politischen Köpfe“, die von weiteren Studienjahrgängen immer weiter ergänzt und vervollständigt wird und damit den geisteswissenschaftlichen Ort gestaltet. Und obendrein zeigt, dass das menschliche Porträt in Fortführung seiner humanistischen Traditionslinie auch in der zeitgenössischen Plastik einen wichtigen Platz einnehmen kann. Prof. Ulrich Eißner Leiter der Fachklasse Theaterplastik Fachhochschulstudiengang Theaterausstattung Fakultät II der HfBK Dresden |