Politische & Berufliche Bildung
Das Projekt
Seit Frühjahr 2012 haben wir an der Technischen Universität
Dresden ein Forschungsprojekt gestartet, dass sich mit den
Ausgangsbedingungen, Problemen aber auch Chancen der
politischen Bildung im Bereich der beruflichen Bildung
beschäftigt. In diesem Forschungsprojekt, dass mit
Unterstützung der BOSCH Stiftung finanziert wird, möchten wir
uns mit diesem Bildungsbereich beschäftigen, weil wir den
Eindruck haben, dass dies in der Vergangenheit viel zu wenig
geschehen ist, dabei liegen hier wichtige Chancen für die
politische Bildung verborgen.
Ausgangslage
Politische Bildung ist von jeher ein fester allgemeinbildender
Bestandteil in Berufsausbildungen. Ganz gleich in welcher
Schulart eine berufliche Qualifikation erworben wird, immer
findet während des beruflichen Lernens auch politisches Lernen
statt. Es scheint jedoch so, als findet in der Politikdidaktik
die berufliche Bildung recht wenig Beachtung. Was sind die
Ursachen dieses Problems?
Eine vermutete Ursache könnte im Ausbildungsprofil der
Politikdidaktikerinnen und Politikdidaktiker liegen, die im
Regelfall über keinerlei Vorerfahrungen in diesem
herausforderungsreichen und außergewöhnlich heterogenen
Bildungsbereich verfügen. Die Folgen daraus sind für angehende
Lehrerinnen und Lehrer spürbar, beispielsweise in der
Ausgestaltung der Lehrangebote, die oftmals an den Konzeptionen
für den allgemeinbildenden Schulbereich orientiert sind, jedoch
keinen besonderen Blick auf den berufsbildenden Bereich
gewähren.
Auch kann in der bereits erwähnten Heterogenität des
Berufsbildungsbereiches eine weitere Ursache angenommen werden.
Der Berufsbildungssektor in Deutschland ist zersplittert – in
verschiedene Schultypen mit ganz unterschiedlich strukturierten
Berufsausbildungen unterschiedlicher Dauer, gekennzeichnet
durch heterogene Zugangsvoraussetzungen für die einzelnen
Ausbildungsrichtungen und nicht zuletzt in eine hohe Anzahl –
immerhin 344 – verschiedener Ausbildungsberufe. Diese
Zersplitterung trägt Rechnung in allen allgemeinbildenden
Fächern im berufsbildenden Bereich und damit auch in der
politischen Bildung, da ihre Einbindung je nach Schulart und
Ausbildungsberuf sehr verschiedenartig strukturiert ist.
Und nicht zuletzt die Einbindung der allgemeinbildenden Fächer
in eine lernfeldorientierte Ausbildungsstruktur scheint
entscheidend die Problemlage zwischen politischer und
beruflicher Bildung zu prägen. Seit der Implementierung der
Lernfeldstruktur entsteht ein völlig neues und sehr komplexes
didaktisches Spannungsverhältnis zwischen den
allgemeinbildenden Fächern mit ihrer bisher gewohnten
eigenständigen Systematik und den Lernfeldern, die komplexe
berufliche Handlungszusammenhänge und -situationen abbilden. In
diesem Spannungsfeld bewegt sich auch die politische Bildung
und es wird klar, wie bedeutend eine Neubestimmung des
Verhältnisses von politischer und beruflicher Bildung wird.
Im Ergebnis bedeutet das aber auch, dass die Lehrerinnen und
Lehrer im Berufsbildungssystem bei der Entwicklung didaktischer
Konzeptionen für ihren Sozial- und Gemeinschaftskundeunterricht
weitgehend auf sich gestellt sind, sich dabei aber mit den
genannten Problemlagen konfrontiert sehen.
Projektziel
In diesem Projekt soll das Spannungsverhältnis zwischen
politischer und beruflicher Bildung eingehend untersucht und
damit auch die genannten Problemlagen sowie die Bedarfe in
diesem Bereich vertiefend analysiert werden. Ausgehend von
dieser Analyse und unter Berücksichtigung bereits vorhandener
didaktischer Konzeptionen für andere Schulbereiche aber auch
für andere allgemeinbildende Fächer im Berufsbildungsbereich
soll ein tragfähiges Modell entwickelt werden, wie politische
Bildung in der beruflichen Bildung gestaltet werden kann. Damit
soll es den Lehrerinnen und Lehrern möglich werden, die Inhalte
des politischen Unterrichts an das berufliche Lernen
anzuknüpfen und dabei auf eine didaktische Konzeption
zurückgreifen zu können, die sie in der Inhaltsauswahl aber
auch in der Gestaltung der Lern- und Arbeitsmittel unterstützt.
Und gleichzeitig soll so eine Grundlage geschaffen werden, die
Lehrangebote für Lehramtsstudierende für berufsbildende Schulen
an den Hochschulen zu spezifizieren und auf eine theoretisch
tragfähige Basis zu stellen, ohne nur auf die Konzeptionen aus
dem allgemeinbildenden Schulbereich zurückgreifen zu müssen.