Demokratische Kompetenzen im Diskurs entwickeln
In diesem Projekt geht es um die systematische didaktische Begleitung des BMFSFJ-Modellprojektes "Demokratische Kompetenzen im Diskurs entwickeln", angesiedelt an der Europäischen Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsstätte Weimar. Konkret bedeutet dies, dass wir an der TU Dresden die didaktische Begleitung und Auswertung der Tagesseminare für Jugendliche ab der 9. Jahrgangsstufe durchführen.
Zielstellungen: Auf den Grundlagen der didaktischen Begleitung und vor dem Hintergrund der vorhandenen fachlichen Erkenntnisse in der Materialforschung berät und unterstützt die TU Dresden, vertreten durch die Professur für Didaktik der politischen Bildung, die EJBW bei der Materialentwicklung von zwei Kompetenzbereichen und entwickelt konkrete Methoden- und Materialienempfehlungen.
Die Werkstatttagung im Dezember 2011
Der Lehrstuhl für Didaktik der Politischen Bildung der TU Dresden und die Europäische Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsstätte Weimar veranstalteten dazu am 02.12.2011 eine gemeinsame Werkstatt-Tagung. Diese Tagung unter dem Titel „Demokratische Kompetenzen im Diskurs entwickeln“ verfolgte die Zielstellung, einen Austausch über Anforderungen und Erfahrungen im Bildungsbereich Demokratievermittlung zu initiieren, der insbesondere auf die Frage fokussiert ist, wie Materialien aussehen könnten oder aussehen sollten, die im Bereich der Demokratievermittlung eingesetzt werden.
Dr. Nils Weichert eröffnete die Tagung und verdeutlichte den Spannungsbogen der Veranstaltung, indem er hinterfragte, was eine demokratische Kompetenz überhaupt sei und welche Bedeutung diese für unsere Gesellschaft haben könne. Im Anschluss begrüßte Frau Prof. Dr. Anja Besand die Tagungsteilnehmer, um noch einmal auf den erwünschten Diskurs zwischen Theoretikern und Praktikern zu verweisen. Dieser spiegelte sich auch im geplanten Ablauf wieder: Panel 1 betrachtete theoretische Grundlagen und neue Entwicklungen in möglichen Zielgruppen, Panel 2 stellte die Erfahrungen von zwei unterschiedlichen Materialentwicklungsprojekten in den Mittelpunkt und Panel 3 legte den Schwerpunkt auf die praktischen Anwendererfahrungen der Demokratievermittlung.
Dr. Werner Friedrichs stellte theoretische Erklärungsansätze aus der Perspektive der Postdemokratie vor. Er eröffnete mit der kontroversen Frage, ob die Occupy-Bewegung mit ihrer gewählten Artikulations- und Protestform einen Mangel an demokratischen Kompetenzen aufweise. Er begriff politische Bildung als Artikulationsprozess und folgte Chantal Mouffe, die keine Dysfunktionalität von Institutionen, sondern den zunehmenden Einfluss privilegierter Eliten in unserer Gesellschaft feststellt. Wenn man radikale Äußerungen nicht zulasse, entstehe kein politischer Raum, so Friedrichs. Die Occupy-Bewegung partizipiere schon durch die Artikulation ihrer Forderungen. Politischer Bildung kommt demnach die Aufgabe zu, Artikulation zu fördern und Alternativen kenntlich zu machen.
Gabriele Rohmann vom Archiv der Jugendkulturen e.V. Berlin knüpfte an diese theoretischen Betrachtungen mit einer erfrischenden Vorstellung alternativer Lebensstile in Jugendkulturen an. Extreme Jugendliche sind nach ihren Erfahrungen kaum erreichbar, Zielgruppen für politische Bildung können eher Mitläufer oder das Umfeld dieser Jugendlichen sein. Erfolgversprechend sind anerkennende und emanzipatorische Angebote oder Peer-Learning und Mentoring-Programme mit reflektierten Szene-Angehörigen.
Das zweite Panel stellte Erfahrungen aus Materialentwicklungsprojekten in den Mittelpunkt. Thomas Heppener, Leiter des Anne-Frank-Zentrums, stellte digitale Materialien, politische Comics und Events der Berliner Institution vor. Er beleuchtete Meilensteine für die Entwicklung von Materialien, insbesondere stellte er das Problem der Zusammenarbeit verschiedener Professionen im Materialentwicklungsprozess und die damit verbundenen Reibungsflächen heraus. Florian Wenzel, Materialentwickler des Centrums für angewandte Politikforschung in München, vertiefte angesprochene Punkte und ergänzte um Erfahrungen aus seinem Haus. Bei der Entwicklung von Demokratie-Lern-Programmen sei das Spannungsverhältnis von Institution, Programm und Personal einzubeziehen. In der anschließenden Diskussion wurde noch einmal auf die Notwendigkeit von Kooperationen zwischen außerschulischen Projekten und die Verstetigung von Demokratie-Lern-Projekten hingewiesen.
Agnes Scharnetzky eröffnete das dritte Panel, welches nun die Erfahrungen der Anwender zusammenführte. Sie stellte konkrete Projekte des Vereins Aktion Zivilcourage vor und bewertete die Impulse der vorangestellten Referate aus ihrer Praxisperspektive.