Demokratische Bildung im ländlichen Raum
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Die Studie zur demokratischen Bildung im ländlichen Raum erforscht die komplexen Herausforderungen und Potenziale politischer Bildung in ländlichen Regionen und diskutiert erste Lösungsansätze. Im Zentrum der Ergebnisse stehen die unmittelbaren Beziehungen im ländlichen Raum, die durch die gemeinsam geteilten Lebenswelten und stabile Interaktionsnetzwerke gekennzeichnet sind, aber auch durch die Konfrontation mit verengten Diskursräumen, Konformitätszwängen und Angriffen.
Ergebnisse
Die Studie identifiziert sechs Spannungsfelder, die von politischen Bildner:innen im ländlichen Raum navigiert werden müssen. Dabei werden unter anderem die systemischen Herausforderungen der Finanzierung und bürokratischen Belastung aufgezeigt sowie die Notwendigkeit eines nachhaltigen und inklusiven Ansatzes herausgestellt, um politische Bildung effektiv gestalten zu können.
Demokratische Bildung im ländlichen Raum - ein Spannungsfeld …
- ... zwischen lebensweltlichen Zugängen und Skepsis der Zielgruppen, Beziehungsbarrieren sowie Konformitätszwang
- ... zwischen direktem Zugang zu Entscheidungsträger:innen und Behinderung durch kommunale Politik und Verwaltung
- ... zwischen Bereitschaft zur Solidarität und rechten Strukturen sowie Angriffen auf demokratische Bildungsarbeit
- ... zwischen idyllischer Natur, strukturellen Problemen und städtisch verengten Anforderungen an demokratische Bildungsarbeit
- ... zwischen Mittelvielfalt und fehlender Nachhaltigkeit in der Förderung
- ... zwischen gestaltbaren Freiräumen und didaktischen Unsicherheiten
Darüber hinaus werden Lösungsansätze diskutiert, die den Aufbau und die Pflege von Beziehungen und Netzwerken, langfristige Verankerung und Zusammenarbeit mit lokalen Akteur:innen sowie die systematische Erfassung von Angriffen und deren Prävention thematisieren. Außerdem wird eine gezielte Förderung und Anerkennung der politischen Bildungsarbeit sowie die Entwicklung bildungsimpliziter Veranstaltungen, die eng an die Lebenswelt der ländlichen Bevölkerung angelehnt sind, gefordert. Die Studie betont den Zusammenhang zwischen langfristiger Handlungs- und Finanzierungssicherheit und der Kultivierung von Vertrauen mit wichtigen lokalen Akteur:innen. Es bedarf dazu einer maßgeschneiderten, prozessorientierten Finanzierungsmechanik, die den einzigartigen Kontext ländlicher Einstellungen respektiert. Die Autor:innen plädieren für eine ganzheitliche Strategie politischer Bildungsförderung in Sachsen, die nicht nur, aber im besonderen Maße den Anforderungen verschiedener Regionen gerecht wird.
Die Ergebnisse zeigen, dass politische Bildung im ländlichen Raum spezifische didaktische Ansätze erfordert, die sich von städtischen Modellen unterscheiden und die ein tiefes Verständnis der lokalen Dynamiken und Bedürfnisse voraussetzen. Die Studie betont die Notwendigkeit einer adaptiven, ressourcenbewussten und langfristig orientierten Herangehensweise, um die demokratische Teilhabe und Bildung in ländlichen Gebieten zu stärken und zu fördern.
Abschließend werden Handlungsempfehlungen formuliert, was aus Sicht der JoDDiD konkret für Landespolitik, kommunale Entscheidungsträger:innen und Bildungsprojekte getan werden könnte, um die Situation für demokratische Bildung im ländlichen Raum noch besser zu machen:
Lösungsansätze: WAS ZU TUN IST…
… für die Landespolitik
- Zur Bearbeitung von Konflikten im Kontext der Projekte für demokratische Bildung im ländlichen Raum braucht es Strukturen für Moderation und Mediation.
- Im Umgang mit Angriffen auf politische Bildung bedarf es zum einen der Schaffung von Sichtbarkeit solcher Angriffe, zum anderen einer systematischen Dokumentation, Unterstützungstrukturen sowie politischem Rückhalt und Stärkung der Betroffenen.
- Die Förderlogik muss für den ländlichen Raum angepasst werden:
- Projekte müssen finanzielle und zeitliche Ressourcen für Vernetzung, Kooperation und Beziehungsaufbau schaffen können,
- Programme müssen eine echte Offenheit und Flexibilität für die Ausgestaltung von Ansprache, Formaten und Themen ermöglichen,
- Wirkung sollte durch prozessorientierte qualitative Evaluation statt nur durch quantifizierte Parameter nachweisbar sein.
- Es braucht nachhaltige und dem ländlichen Raum entsprechende Finanzierungsstrukturen, das heißt vor allem längere Förderperioden bzw. die Ermöglichung einer ausreichenden Grundfinanzierung.
- Strukturen zur Professionalisierung der Bildner:innen sollten ausgebaut werden.
- Es bedarf strategischer Konzeptionen demokratischer Bildung in Sachsen, die ressortübergreifend komplementär statt konkurrenzbasiert ausgerichtet sind.
… für die Kommunalpolitik
- Kommunen sollten Vernetzung fördern und koordinieren.
- Es braucht kommunale Strukturen für Moderation und Mediation bei Konfliktfällen.
- In Kommunen sollten trotz diverser Positionen gemeinsame demokratische Ziele zwischen allen Akteur:innen identifiziert und genutzt werden.
- Handlungsstrategien im Umgang mit Angriffen und Anfeindungen sollten (weiter-)entwickelt werden.
- Es sollte eine reflexive Offenheit gegenüber Projekten demokratischer Bildung und ein anerkennender und wertschätzender Umgang etabliert werden.
… für demokratische Bildungsprojekte im ländlichen Raum
- Als Grundlage von politischen Bildungsprojekten im ländlichen Raum müssen Beziehungen, Netzwerke und Kooperationen in die Bevölkerung aufgebaut werden, um politische Selbstwirksamkeit der Zielgruppe zu ermöglichen.
- Zur Etablierung der Schaffung von Zugang in die Kommune und Bevölkerung bedarf es Bindung zu Gatekeeper:innen.
- Es braucht einen langen Atem bzw. eine gewisse Resilienz für eine langfristige Verankerung in der Region.
- Projekte sollten in Kooperation mit Land und Kommune Schutzkonzepte für Angriffe auf Bildungsarbeit erarbeiten.
- Vor dem Hintergrund ländlicher Spezifika ist es sinnvoll bildungsimplizite Veranstaltungen und lebensweltliche Entlastungsangebote zu schaffen.
- Bildner:innen brauchen weitere Professionalisierung hinsichtlich Didaktik, Organisationswissen zu Öffentlichkeitsarbeit, Förderstrukturen, Management und Prozessorientierung.
- Innerhalb der Projekte bedarf es einer reflexiven Offenheit gegenüber konservativ-demokratischen Einstellungen.
Download: Die Studie kann hier heruntergeladen werden.
Medien-Echo
Hier ist die Pressemitteilung der TU Dresden zur Veröffentlichung der Studie.
Hier geht's zu einem zusammenfassenden Bericht auf Deutschlandfunk Nova.
MDR Wissen berichtete hier über die Studienergebnisse.
Autor:innen
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
NameDavid Jugel
John-Dewey-Forschungsstelle für die Didaktik der Demokratie
Eine verschlüsselte E-Mail über das SecureMail-Portal versenden (nur für TUD-externe Personen).
Büro:
Gerberbau (GER), Raum 015
01062 Dresden
Sprechzeiten:
nach Vereinbarung
Wissenschaftliche Hilfskraft
NameCelina Hertel
John-Dewey-Forschungsstelle für die Didaktik der Demokratie
Eine verschlüsselte E-Mail über das SecureMail-Portal versenden (nur für TUD-externe Personen).
Mitarbeit
Prof. Dr. Anja Besand
Rico Lewerenz
Celina Schönbrodt