26.07.2022
#54 Der politische Turing-Test
In der politischen Erkenntnistheorie wird kognitive Empathie bzw. das Verstehen konträrer Positionen als eine wichtige Voraussetzung deliberativer Demokratie diskutiert und als Kompetenz verstanden, die dazu beiträgt, gesellschaftlicher Polarisierung entgegen zu wirken. Denn nur, wenn wir in der Lage sind, konträre Positionen zu verstehen, sind wir auch in der Lage, unsere Einstellungen, Werte und Interessen deliberativ miteinander zu verhandeln, anstatt uns gegenseitig bspw. als irrational abzuwerten und als Konsequenz in den eigenen Echokammern abzuschotten.
Eine Möglichkeit, kognitive Empathie zu messen und gleichzeitig zu befördern, besteht in der Durchführung des von dem Ökonomen Bryan Caplan entwickelten politischen Turing-Tests. Dieser funktioniert in Anlehnung an die Idee Alan Turings, der Mitte des 20. Jahrhunderts einen ähnlichen Test entwickelt hatte, um festzustellen, ob ein Computer menschenähnliche Intelligenz erreicht habe, folgendermaßen: Eine Person wird aufgefordert, sich in die Position ihrer ideologischen bzw. politischen Gegner:in hineinzuversetzen und aus dieser Rolle heraus befragen zu lassen. Wenn eine (neutrale) Beobachter:in nicht zwischen dieser Person und einer echten Vertreter:in der eingenommenen Position unterscheiden kann, kann der Person kognitive Empathie zugeschrieben werden.
Warum nicht dieses simple Prinzip in ein Spiel, eine Performance oder einen Workshop übersetzen? Uns gefällt die Idee jedenfalls so gut, dass wir gerade dabei sind, sie für die Build Peace Konferenz in ein installatives Material zu überführen, das die Teilnehmenden dazu einlädt, ihre eigene kognitive Empathie zu testen und sich in ihr zu üben. Das entwickelte Material stellen wir dann natürlich wieder in unserem Shop für euch zur Ausleihe bereit. Haltet also die Augen offen..