FEE - Frühzeitige Erkennung und Entscheidungsunterstützung für kritische Situationen im Produktionsumfeld
Projektinformation
Projektdauer: 2014-2017
Koordinator: ABB AG, Forschungszentrum Deutschland, Dr. Guido Sand
Projektpartner: ABB AG, RapidMiner GmbH, Universität Kassel - Fachgebiet Mess- und Regelungstechnik, Universität Kassel - Fachgebiet Wissensverarbeitung, Technische Universität Dresden - Professur für Prozessleittechnik
Anwendungspartner: BASF SE, PCK Raffinerie, INEOS Köln
Website: www.fee-projekt.de
Vorhabensbeschreibung
Moderne prozesstechnische Anlagen vieler Branchen wie der Chemie-, Pharmazie- oder Baustoffindustrie verfügen heutzutage meist über einen hohen Automatisierungsgrad, durch den erst ein durchgehend wirtschaftlicher Betrieb möglich wird. Andererseits führt diese hohe Automatisierung dazu, dass Anlagenfahrer und andere Bediener im Gegensatz zu früher kaum Erfahrungen mit dem dynamischen Verhalten der Anlagen und dem Ablauf der industriellen Prozesse sammeln können. Dieses Erfahrungswissen fehlt dann gerade in unerwarteten Betriebszuständen, so dass Bediener dann von der Vielzahl an Alarmen und Meldungen (sogenannte Alarmschauer) überfordert sind. Solche kritischen Situationen können zu Gefahren für Menschen und Umwelt sowie zu Produktionsausfällen und Schäden an Maschinen und Anlagen führen.
Aus diesem Grund wird es immer wichtiger, Bediener hochautomatisierter Produktionsanlagen durch Assistenzsysteme zur Echtzeit-Analyse und Ad-hoc-Entscheidungsfindung in kritischen Situationen zu unterstützen. Allerdings haben sich bisherige Systeme auf Grundlage theoretischer Prozessmodelle oder manueller Wissensakquisition wegen der hohen Kosten für Erstellung und Nachführung bei Anlagenänderungen nicht durchsetzen können. In der praktischen Anwendung dominieren stattdessen das kontinuierliche Anpassen von Alarmgrenzwerten sowie der Einsatz verschiedener Filter zur Reduktion der Alarmanzahl. Auch werden Visualisierungskonzepte untersucht, die Anlagenfahrern eine einfachere Orientierung in kritischen Situationen erlauben sollen. All diese Ansätze sind jedoch nicht in der Lage, durch intelligente Analyse vorhandener Daten wirkliche handlungsrelevante Empfehlungen für Bediener abzuleiten.
Das Verbundvorhaben FEE hat sich daher zum Ziel gesetzt, diese Probleme mit den Techniken von BigData anzugehen. So werden die in den Anlagen seit Jahren aufgezeichneten heterogenen Daten von Sensoren, aus Engineering- und anderen Datenbanken, aus Prozess-Informations-Management-Systemen (PIMS) sowie aus Schichtbüchern und Betriebsvorschriften in einem Data Warehouse integriert. Darauf aufbauend werden unter Einsatz spezifischer Techniken zur Analyse umfangreicher und heterogener Daten neuartige Echtzeit-Methoden entwickelt, wobei historische Daten auf den aktuellen Kontext bezogen werden. Hierfür wird eine spezielle Architektur mit verschiedenen Schichten entwickelt, in denen langlaufende Berechnungen ausgeführt, neu ankommende Daten verarbeitet und Ergebnisdaten an die Anwendung übergeben werden. Im Rahmen der vorgesehenen Softwarelösung werden zunächst existierende Daten analysiert und statistische Modelle entwickelt, die im Sinn eines lernenden Systems im Laufe der Zeit an neue Daten und Ereignisse angepasst werden. Die so erzeugten Modelle werden permanent zur Entscheidungsunterstützung angewendet.
Auf Grundlage der angestrebten Ergebnisse sollen Ereignisse, die zu kritischen Situationen führen können, frühzeitig erkannt und proaktive Handlungsalternativen aufgezeigt werden. Dazu sollen Bediener durch Likelihood-Alarme frühzeitig gewarnt und mit interaktiven Assistenzfunktionen zur Ad-hoc-Analyse sowie zur Entwicklung von Eingriffsstrategien unterstützt werden. Durch die Einbindung von Praxisanwendern aus der chemischen Industrie sowie einer Mineralölraffinerie werden spezifische Anwendungsszenarien identifiziert, anhand der die entwickelte Architektur und Methodik evaluiert werden kann. Im Vorhaben werden mit Blick auf weitere Endanwender, darunter auch KMU, neuartige Softwarekomponenten zur Entscheidungsunterstützung für kritische Situationen im Produktionsumfeld prototypisch realisiert. Zusätzlich werden Benchmarks zur Verfügung gestellt, so dass Universitäten und Unternehmen, die im Bereich Big Data aktiv sind, eigene Big-Data-Ansätze im Vergleich praxisnah testen und so ihre technologische Wettbewerbsfähigkeit verbessern können. Außerdem soll über die Mitarbeit in wirtschaftsnahen Gremien die Standardisierung von Datenformaten und Schnittstellen vorangebracht werden.