Glossar
Beiträge zur Geschichte der Fakultät Mathematik und ihrer Vorgängereinrichtungen von 1828 bis heute.
Erarbeitet von Thomas Riedrich (Autor)
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Akademische Grade an der Mathematik (seit 1946)
Akademische Grade, die an der Fakultät Mathematik bzw. ihren Vorgängereinrichtungen erworben werden konnten bzw. erworben werden können:
Diplom |
Mathematik (1946-2008) |
Bachelor |
Mathematik (seit 2009) |
Master | Mathematik (seit 2012) Wirtschaftsmathematik (seit 2012) Technomathematik (seit 2012) Computational Modeling and Simulation (seit 2018) |
Dr. rer. nat. | Promotion (seit 1946) mit einem Betreuer aus den jeweiligen Instituten (von 1968 bis 1989 auch "Promotion A" genannt) |
Dr. rer. nat. habil. | Habilitation (1956 bis 1968, wieder ab 1990) |
Dr. sc. nat. | Promotion B (1968-1989) auf Antrag mit der Ergänzung durch die docendi, der Titel Dr. sc. nat. konnte nach 1989 auf Antrag in Dr. rer. nat. habil. umgewandelt werden |
BAM: Büro für Anwendungen der Mathematik (seit ca. 1972)
Das Büro für Anwendungen der Mathematik initiierte und vermittelte seit ca. 1972 bis 1989 studentische Arbeiten für Anwender außerhalb der TU Dresden bzw. Arbeiten mit bzw. für andere Sektionen und Institute der Universität.
Beratungszentrum Stochastik (seit 1966)
Anfang der 70er Jahre wurden im Beratungszentrum Stochastik am Wissenschaftsbereich Wahrscheinlichkeitstheorie und Mathematische Statistik (WB WMS) die bisher in loser Form durchgeführten Beratungen zu Problemen der Stochastik im Rahmen des "Beratungszentrums Stochastik" organisiert, wobei planmäßig ein großer Teil der wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen einbezogen wurde und regelmäßige Beratungssprechstunden stattfanden. Die Anfragen kamen von Nutzern aus der Praxis - so aus vielen Betrieben - und aus dem Universitätsbereich der anderen Sektionen und betrafen die Anwendung der Wahrscheinlichkeitstheorie und der mathematischen Statistik bei Aufgabenstellungen in der praktischen Anwendung und aus der Forschung. Ausführliche Informationen über das Beratungszentrum sind in einem Artikel von Gert Maibaum und Regina Storm zu finden: Wiss. Z. Techn. Univers. Dresden, 29 (1980) Heft 1.
Der Bologna-Prozess an der Fachrichtung Mathematik (2009)
Im Rahmen dieses Prozesses wurden im Jahr 2009 an der Fachrichtung die bisher bestehenden Studiengänge Diplom Mathematik, Diplom Wirtschaftsmathematik und Diplom Technomathematik in ein zweistufiges Studium, bestehend aus dem Bachelor Mathematik und drei Masterstudiengängen Mathematik, Wirtschaftsmathematik und Technomathematik umgestellt.
Die Computergeometrie an der Sektion Mathematik (seit 1968)
Eine junge wissenschaftlichen Disziplin war die Computergeometrie, die an der Sektion Mathematik ab 1968 inauguriert wurde. Wesentliche Etappen der Geschichte der Computergeometrie werden in dieser Übersicht vorgestellt.
Dresdner Kolloquium zur Mathematik und ihrer Didaktik (seit 1996)
Von 1996 bis zum Jahr 2017 fand jährlich unter der Leitung von Prof. Dr. Stefan Deschauer das Dresdner Kolloquium zur Mathematik und ihrer Didaktik statt. Für Lehrerinnen und Lehrer aus Sachsen wurden jeweils in einer Ganztagsveranstaltung vier Vorträge aus verschiedenen Gebieten der Mathematik, der Mathematikdidaktik und der Unterrichtspraxis angeboten. Damit hatte es in Sachsen ein Alleinstellungsmerkmal und wurde von Gymnasial- und Berufsschullehrer:innen – auch als Mentorenqualifikation – regelmäßig sehr gut angenommen.
Dresdner Mathematisches Seminar (seit 1968)
1968 - im Rahmen der Sektionsgründung Mathematik - wurde das "Dresdner Mathematische Seminar" begründet, welches die Aufgabe übertragen bekam, in regelmäßigen Zeitabständen über moderne mathematische Sachverhalte Vorträge von Experten anzubieten. Bis in die Gegenwart finden in diesem Rahmen Fachvorträge eingeladener Wissenschaftler:innen sowie die Antrittsvorlesungen neu berufener Professorinnen und Professoren unserer Fakultät Mathematik statt.
Für die aktuellen Veranstaltungen siehe: Dresdner Mathematisches Seminar (DMS)
Dürer (Ein Buch von Eberhard Schröder, 1980)
Ein außergewöhnlicher Sonderfall eines auf die Angewandte Geometrie orientierten Wissenschaftlers tritt uns in der Persönlichkeit von Dr. rer. nat. habil. Eberhard Schröder
(1920-2011) entgegen. Seine Forschungs- bzw. Veröffentlichungsgebiete sind gekennzeichnet von außerordentlicher Tiefe und Anwendbarkeit und betreffen sowohl theoretische wie auch praxisnahe Problemstellungen.
Stellvertretend für sieben weitere Buchtitel sei dieses seiner Bücher genannt:
Dürer, Kunst und Geometrie: Dürers künstlerisches Schaffen aus der Sicht seiner "Underweysung", Berlin Akademie-Verlag, 1980, und Birkhäuser Basel, 1980 (reprint 2014)
D1 bis D4a: Rechenautomaten (N. J. Lehmann, seit 1948)
Die Entwicklung der Rechenautomaten unter der Leitung von N. J. Lehmann von den ersten Vorarbeiten im Jahr 1948, über die Publikation des kompletten Rechenautomaten D1 im Jahr 1953 bis zur produktionsreifen Entwicklung des Rechenautomaten D4a im Jahr 1964/65 ist auf dieser Webseite dargestellt:
Darstellung der Entwicklung der Maschinellen Rechentechnik / Elektronik (1953-1965)
ECMI - European Master Programme in Industrial Mathematics (seit ca. 1990)
Die Mitwirkung der Mathematik der TU Dresden an ECMI (European Master Programme in Industrial Mathematics) besteht seit ungefähr Anfang der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts insbesondere durch die umfangreichen und effizienten Anstrengungen und Förderungen durch Herrn Professor Helmut Neunzert und Frau Dr. Marion Schulz-Reese von der Mathematik an der Universität Kaiserslautern.
Für das gemeinsame Masterprogramm verschiedener Universitäten wurde vereinbart:
Vorlesungen und Seminare in angewandten mathematischen Disziplinen; Englisch als Unterrichtssprache; unmittelbarer Industriebezug und ein Industriepraktikum; Teilnahme an einer der jährlich stattfindenden internationalen ECMI-Modellierungswochen und ein Auslandssemester an einem ECMI-Zentrum eines anderen Landes.
Ein weiterer Grund für die Einführung der ECMI-Programme war, dass - verstärkt nach dem Jahr 2000 - mehrere osteuropäische Länder ihre Studienprogramme umstellten und sowohl über die EU-Programme Leonardo, ERASMUS, Tempus u.a. als auch über ECMI für die praxisnahen Studiengänge am internationalen Studentenaustausch teilnehmen konnten. In besonderer Weise waren von unserer Fachrichtung (heute Fakultät) Mathematik im Educational Committee aktiv: Professor Gert Bär, Professor Hubert Schwetlick, Professor Martin R. Weber und Dr. Antje Noack.
Statement of the Partner universities developing the European Master Programme in Industrial Mathematics (2009)
The ECMI-programme Mathematics for Industry at the Technical University Dresden (1990-2013), Autor M. R. Weber
Ehrenpromotionen an der Mathematik
Durch eine Ehrenpromotion am Bereich Mathematik und Naturwissenschaften (bzw. den Vorgängereinrichtungen) wurde Wissenschaftlern auf Grund besonderer Leistungen der Titel Dr. hc. (honoris causa) verliehen.
Nachfolgend sind die "Mathematik"- Ehrendoktoren seit 1946 aufgeführt:
1963 | Alwin Walther Heinrich Blaschke, Dr.-Ing. E.h. |
1965 | Bela Gyula Szökefalvi-Nagy |
1975 | Viktor Michailowitsch Gluschkov, Dr.-Ing. E.h. |
1977 | Ljubomir Iliev |
1981 | Konrad Zuse Juri Iwanowitsch Martschuk |
1983 | Pentti Laasonen Anatoli Dorodnizyn |
1984 | Milos Zlamal |
1990 | Lothar Collatz |
1991 | Karl Hinderer Jindrich Necas |
1994 | Heinz Bauer |
2001 | Dietrich Stoyan |
2006 | Miloslav Feistauer |
2010 | Hellmuth Stachel |
2016 | Heinz Langer |
Erlebnisland Mathematik in den Technischen Sammlungen der Stadt Dresden
(seit 2008)
Das ERLEBNISLAND MATHEMATIK DRESDEN ist das Ergebnis einer Kooperation der Technischen Sammlungen Dresden mit der Fakultät Mathematik der Technischen Universität Dresden. Diese Kooperation begann im Jahre 2008 und wird seitdem ständig fortgesetzt. Einen großen Beitrag zur Entstehung leistete auch die erhebliche finanzielle Förderung seitens des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus in den Jahren 2008-2011. Angeregt durch das von Herrn Prof. Beutelspacher aufgebaute und geleitete Mathematikum in Gießen konnte ein gänzlich eigenständiges Konzept einer “Mathematik zum Anfassen” in den Technischen Sammlungen Dresden – entwickelt insbesondere durch die damaligen wissenschaftlichen Direktoren Herrn Professor Bernhard Ganter und Herrn Professor Volker Nollau – realisiert werden.
Erlebnisland Mathematik
Fern- und Abendstudium an der TH/TU Dresden (seit 1950)
Im Studienjahr 1950/51 startete das Angebot des Fern- bzw. Abendstudiums für Berufstätige in den naturwissenschaftlichen und technischen Disziplinen. 2300 Berufstätige begannen in diesem Jahr - ohne Unterbrechung ihrer Berufstätigkeit - ein Studium mit dem Ziel eines Hochschulabschlusses an ausgewählten Hochschuleinrichtungen und insbesondere an der Technischen Hochschule Dresden (ab 1961 TU Dresden). Die TH Dresden wurde als eine der ersten hohen Bildungsstätten mit der Durchführung des Hochschulfernstudiums in den naturwissenschaftlich-technischen Disziplinen betraut und so konnten bereits im Dezember 1950 schon 1123 Fernstudenten an der TH begrüßt werden. Für diese neue Form des Studiums wurde an der TH eine Abteilung Fernstudium eingerichtet und in vielen großen Städten - so in Leipzig, Erfurt, Magdeburg, Rostock und Berlin - sogenannte Konsultationsstützpunkte zur Beratung und für Prüfungsveranstaltungen. Für das Studium wurden sogenannte Lehrbriefe erstellt - bereits Anfang März 1951 lagen die ersten Lehrbriefe für spezielle mathematische und andere Wissensgebiete vor. Für die praxisorientierte Ingenieurmathematik wurden im Laufe der Zeit allein in der Mathematik 22 solcher Lehrbriefe erstellt - vorrangig durch die Angehörigen der Fachrichtung. Die Leitung dieser Arbeiten oblag dem Prodekan für das Fernstudium: Prof. Dr. Karl Maruhn (1904-1976).
Die Dauer der Fernstudienzeit wurde in der Regel mit 7 Jahren veranschlagt, in Einzelfällen konnte schon nach 5 Studienjahren das Diplom (also der Titel Dipl.-Ing.) erzielt werden. Eine darüber hinausgehende, besondere Delegierung zum Erwerb der Promotion erfolgte - soweit bekannt - im allgemeinen nicht bzw. wurde sie von den delegierenden Betrieben sogar abgelehnt.
Das Fernstudium wurde in dieser Form bis 1990 fortgeführt. Nach 1990 wurde das Fernstudium als universitäres Fernstudium in den Fachrichtungen "Konstruktiver Ingenieurbau" bzw. "Grundlagen des Maschinenwesens" eingerichtet und das Studienmaterial für Mathematik erneut in überarbeiteter Form bereitgestellt.
(Quelle: Geschichte der Technischen Universität Dresden 1828-1988, VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1988)
GAMM - Gesellschaft für Angewandte Mathematik und Mechanik (seit 1922)
"Die GAMM wurde im Jahre 1922 von Ludwig Prandtl und Richard von Mises gegründet.
Die Gesellschaft fördert die wissenschaftliche Entwicklung sämtlicher Gebiete der Angewandten Mathematik und der Mechanik. Als Vermächtnis der Gründungsväter pflegt sie in besonderem Maße die internationale Zusammenarbeit in der Angewandten Mathematik sowie auf allen Teilgebieten der Mechanik und Physik, die zu den Grundlagen der Ingenieurwissenschaften zählen. Sie hatte wesentlichen Anteil am Fortschritt der Hydro- und Aerodynamik, der Festkörpermechanik sowie der Numerischen und Industriellen Mathematik."
Zitat: https://www.gamm-ev.de/index.php/de/ueber-uns.html (18.02.2020)
Historische Rechenmaschinen - Eine Sammlung an der Fakultät Mathematik (seit 1978)
Initiator der Sammlung "Historische Rechenmaschinen" war Professor N. J. Lehmann.
Die Sammlung wurde 1978 anlässlich der Jahrestage 150 Jahre TH/TU Dresden und 100 Jahre Deutsche Rechenmaschinenproduktion zusammengestellt. (1878 wurde die erste Rechenmaschinenfabrik in Deutschland in Glashütte / Sachsen gegründet.)
Bestandteile dieser Sammlung sind:
• Mechanische Rechenmaschinen vorwiegend aus Glashütte
• Entwicklung von programmierbaren Rechenautomaten an der TH/TU Dresden
• Mechanische Recheninstrumente und Analogrechner
Sammlung Historische Rechenmaschinen an der Technischen Universität Dresden
Lehrexport: Zur Mathematikausbildung für Studierende anderer Fachrichtungen
Das Arbeitsgebiet der Fakultät für Mathematik und Naturwissenschaften umfasste die mathematisch-naturwissenschaftlichen Grundlagenfächer, deren Studium für fast alle Studierenden der Technischen Hochschule in Dresden notwendig war. Daraus ergab sich für die Fachrichtung Mathematik die Aufgabe, nicht allein die Ausbildung von jungen Wissenschaftler:innen in der Mathematik zu gewährleisten, sondern sich auch in starkem Maße mit der mathematischen Grundlagenausbildung der künftigen Naturwissenschaftler:innen und Diplom-Ingenieure zu befassen. Das bedeutete, dass für die Mathematik-Vorlesungen für Studierende anderer Fachrichtungen die Hochschullehrer der Fachrichtung Mathematik verantwortlich waren und auch die umfangreichen obligatorischen Übungen durch Angehörige der Fachrichtung durchgeführt und betreut wurden. Diese Gestaltung der Ausbildung ist bis heute Standard geblieben.
Leibniz-Rechenmaschine (Nachbau unter N. J. Lehmann, 1985)
Auf Anregung der Akademie der Wissenschaften wurde zur Ehrung ihres Gründers, Gottfried Wilhelm Leibniz, ab 1985 an der Sektion Mathematik unter wissenschaftlicher Anleitung von N. J. Lehmann die „letzte“ Leibniz’sche Rechenmaschine nachgebaut (Foto). Die Herstellung der Einzelteile für den Dresdner Nachbau erfolgte mit modernen Maschinen nach den aktuellen Fertigungstechnologien durch qualifizierte Mitarbeiter in der fachrichtungseigenen Werkstatt. Heute befindet sich ein Exemplar dieses Nachbaus im Deutschen Museum in München. Eine Beschreibung ist auf den Seiten 27-31 in der Würdigung von Prof. Manfred Ludwig, 2011, zu finden: Das Leben und Wirken von Prof. N. J. Lehmann - Zum 90. Geburtstag.
Mathematikstudium an der TH / TU Dresden (seit 1946)
Ab 1946 erfolgte eine Neuordnung des Mathematikstudiums durch F. A. Willers.
Für das Studium, das mit dem Titel "Diplom-Mathematiker" abschloss, wurde festgelegt:
(1) Alle Studierenden durchlaufen ein Praktikum in Numerischer Mathematik.
(2) Alle Studierenden durchlaufen ein "Technisches Nebenfach" (mit Belegen und Prüfungen), wobei hierbei u.a. zur Wahl standen: Strömungslehre (3 Semester, Professor Krienes), Theoretische Physik (Professor Macke), Baustatik, Elektrotechnik und Maschinenbau.
Praktikum und Technisches Nebenfach waren in dieser Form viele Jahrzehnte obligatorischer Bestandteil des Diplom-Studiums Mathematik.
Mathematische Modelle - Eine Sammlung an der Fakultät Mathematik
Zur Sammlung „Mathematische Modelle“, die am Institut für Geometrie beheimatet ist, gehören über 400 Objekte, die eine lange Tradition des Visualisierens dokumentieren. Einige historische Modelle stammen noch aus dem 19. Jh., die neuesten aus dem 3D- Drucker. In ihrer langjährigen Geschichte wurde die Sammlung betreut z.B. durch Dr. sc. Eberhard Schröder (Institut für Geometrie, später am WB Analysis), einem herausragenden Vertreter der konstruktiven, anschaulichen Geometrie, anschließend durch Professor Gerhard Geise (Konstruktive Geometrie, Getriebelehre, Verzahnungsgeometrie, Messtechnik, Werkstoffdiagnostik, Beleuchtungsgeometrie, CAGD) und heute von Professor Daniel Lordick.
Neben den Exponaten gibt es heute auch das Digitale Archiv Mathematischer Modelle, welches mit seiner Datenbank eine der größten Sammlungen mathematischer Modelle in Deutschland für die Recherche am Bildschirm erschließt. Die Modelle sind mit Fotos und Text dargestellt und klassifiziert und können nach einer Vielzahl von Kriterien oder anhand der Abbildungen aufgesucht werden. Modelle machen selbst komplexe räumliche Sachverhalte auf unmittelbare Weise begreifbar.
Sammlung Mathematische Modelle an der Technischen Universität Dresden
MINÖL - Lehrwerk (seit 1973)
Die Lehrbuchreihe "Mathematik für Ingenieure, Naturwissenschaftler, Ökonomen und Landwirte" (MINÖL) wurde ab 1973 im Auftrag des Ministeriums für Hoch- und Fachschulwesen erarbeitet, wobei Herausgeber, Autoren und Gutachter erfahrene Hochschullehrer waren. Sie umfasste den in den Studienplänen vorgesehenen Lehrstoff für die Mathematikausbildung der genannten Disziplinen, bot die Möglichkeit zur Vertiefung sowie Spezialisierung und unterstützte die Individualisierung des Studiums. Ihr modularer Aufbau ermöglicht die Auswahl der für eine Fachrichtung notwendigen Bände. Die Reihe ist sowohl im Direkt- als auch im Fernstudium sowie in postgradualen Studien und bei der selbstständigen Weiterbildung einsetzbar. Bis zum Ende der achtziger Jahre entstanden 23 Bände und 4 begleitende Übungsaufgabenhefte (Ü1 - Ü4).
Modellrechenautomat (N. J. Lehmann, H. Kadner, 1958)
Anfänglich wurden die ersten Programme zur Bearbeitung in einem programmgesteuerten Rechner direkt in dem jeweiligen Code für Zahlen und Befehle verschlüsselt eingegeben. Der Rechner besaß als „Betriebssystem" lediglich ein Programm zum Einlesen von Codes und zur Ausgabe von Dezimalzahlen. Zur Verdeutlichung dieser Funktionsweise - eigentlich auch der heutigen PCs - wurde 1958 von N. J. Lehmann und H. Kadner zu Lehrzwecken ein Modellrechner gebaut. An diesem sind die logischen Abläufe mit Hilfe von elektrischen Lämpchen visuell zu erleben und nachvollziehbar.
Der Modellrechner befindet sich heute als Dauerleihgabe in den Technischen Sammlungen Dresden. Weitere Informationen in Manfred Ludwig: Das Leben und Wirken von Prof. N. J. Lehmann - Zum 90. Geburtstag
Monographien und herausragende Forschungsergebnisse von Dresdner Mathematiker:innen
Nachfolgend werden aus den zahlreichen Büchern und Publikationen historisch prägende Buchveröffentlichungen Dresdner Mathematiker:innen (in unvollständiger, subjektiver Auswahl durch den Verfasser) aufgeführt:
O. Schlömilch | Handbuch der Mathematik, 1881 |
A. Harnack | Die Grundlagen der Theorie des logarithmischen Potentials und der eindeutigen Potentialfunktionen in der Ebene, 1887 (Dieses Buch enthält die "Harnack'sche Ungleichung" in ihrer ursprünglichen Form.) |
G. Helm | Die Grundlehren der höheren Mathematik, 1910 |
M. Lagally | Vorlesungen über Vektorrechnung, 1928 (6. Auflage 1959) |
F. A. Willers |
Elementarmathematik, 1948, 13. Auflage 1968 |
M. V. Hasse | Grundbegriffe der Mengenlehre und Logik, 1966, 10. Auflage 1989 |
P-H. Müller u.a. | Wahrscheinlichkeitsrechnung und Mathematische Statistik - Lexikon der Stochastik, 1970, 5. Auflage 1991 |
J. H. Metz | Schaltalgebra. Grundlage digitaler Schaltungen, 1970, 2. Auflage 1972 |
Für die neuere Zeit seien hier anfänglich genannt: |
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H.-G. Roos | Numerik partieller Differentialgleichungen, 1994 |
H.-G. Roos, H. Schwetlick |
Numerische Mathematik, 1999 |
R. Picard, D. F. McGhee |
Partialdifferential equations: a unified Hilbert space approach, 2011 |
Partielle Differentialgleichungen, ein Schwerpunktthema am Institut für Analysis
Das Institut für Analysis hat stets ein ausgesprochen breites Leistungsspektrum in Forschung und Lehre vertreten. Einer von mehreren Schwerpunkten kann mit dem Schlagwort “Partielle Differentialgleichungen” umschrieben werden. Solche Gleichungen ergeben sich bei der Modellierung der Dynamik von Kontinua, wie sie zur Vereinfachung bei der Modellierung von komplexen Systemen mit einer Unzahl an beteiligten Agenten Verwendung finden. Als Beispiele seien hier schlaglichtartig die Dynamik von Festkörpern und Fluiden, wie sie in der Elastizitätstheorie bzw. Strömungsdynamik behandelt werden, wobei die „Agenten“ hier Atome und Moleküle sind, sowie die Modelle der Epidemiologie, mit gefährdeten Menschen als „Agenten“, genannt. Es kann daher wenig überraschen, dass partielle Differentialgleichungen (oder Systeme von solchen) in zahllosen Anwendungsfällen auftreten und zum Kern der modernen ingenieurwissenschaftlichen
und naturwissenschaftlichen Disziplinen zählen. Eine ausführlichere Darstellung ist zu finden in Partielle Differentialgleichungen, ein Schwerpunktthema am Institut für Analysis von Rainer Picard (2022).
Rechenbüro (F. A. Willers, 1951)
F. A. Willers initiierte 1951 die Gründung eines Rechenbüros als eine Dienstleistungs-einrichtung für alle Fachrichtungen der TH Dresden sowie für Kunden aus der Industrie.
Leiter des Rechenbüros war Andreas Schubert, der mit ca. 10 Kolleginnen - den "Technischen Rechnerinnen" wie die Berufsbezeichnung damals hieß - im Zwei-Schichtbetrieb an elektromechanischen Rechenmaschinen die Auftragsarbeiten erledigte.
Ein Beispiel für Auftragsarbeiten aus der Industrie waren Berechnungen für die Konstruktion von Flugzeugen für die sich damals entwickelnde DDR-Flugzeugindustrie. Nachfolgende Einrichtungen (im weitesten Sinne) wie das Rechenzentrum der TH Dresden - das nicht zur Fachrichtung Mathematik gehörte - setzten diese Tradition erfolgreich fort.
Sektionsleistungsschau (seit 1971)
In der Sektionsleistungsschau präsentierten sich von 1971 bis 1989 studentische Arbeiten, z.B. Diplom- und Praktikumsarbeiten sowie Auftragsarbeiten im Zusammenhang mit Aufgabenstellungen aus der Praxis. Hierzu gab es jährliche Ausstellungen im ersten Obergeschoss im Verbindungsgang zwischen dem B- und C-Flügel des Willers-Baus.
Versicherungstechnisches Seminar
Dresden war unter den „Vorreitern“ bei der Institutionalisierung der Versicherungsmathematik im deutschen Hochschulwesen. Als wichtige Ereignisse sind hier zu nennen: die Gründung des Statistischen Seminars 1875, die Gründung des Dresdner Versicherungsseminars 1896 durch Georg Helm (es war das zweite nach dem Göttinger Seminar und das erste, das an die Mathematik angebunden war) und die Errichtung des Lehrstuhls für Versicherungsmathematik mit zugehörigem Seminar im Jahr 1919. Paul Eugen Böhmer hatte diesen Lehrstuhl bis 1945 inne, sein Lehrstuhl war in Deutschland der erste und während seiner Wirkungszeit der einzige, der ganz der Versicherungsmathematik gewidmet war. Erst 1993 wurde an der TU Dresden wieder einen Lehrstuhl für Versichungsmathematik eingerichtet: Professor Klaus D. Schmidt war Lehrstuhlinhaber bis zu seinem Ruhestand im Jahr 2016.
Quelle: Waltraud Voss, Zur Geschichte der Versicherungsmathematik an der TU Dresden bis 1945, Dresdner Schriften zur Versicherungsmathematik 1/2001
Wahrscheinlichkeitsrechnung und Mathematische Statistik - Lexikon der Stochastik (seit 1970)
Das Lexikon entstand in der 1. Auflage 1970 unter der Federführung von P.H. Müller in einem großen Autorenkollektiv: Gerd Christoph, Heinz Gillert, Andreas Hahnewald-Busch, Uwe Küchler, Rolf Kühne, Heinz Langer, Gert Maibaum, Peter Neumann, Volker Nollau, Ludwig Paditz, Lothar Partzsch, Franz Schmidt, Regina Storm, Dietrich Stoyan, Wolfgang Winkler und Gisela Wittwer. Im Vorwort der 5. Auflage von 1991 im Akademie-Verlag heißt es: "Das Lexikon der Stochastik soll dazu dienen, das Grundwissen der Wahrscheinlichkeitstheorie und Mathematischen Statistik sowie zugehöriger Anwendungsgebiete anhand alphabetisch geordneter Stichworte darzustellen. Um dem umfassenden Gebiet der Stochastik Rechnung zu tragen, erfordert dies, sowohl auf theoretische als auch praktische Fragen einzugehen, wobei eine exakte Beschreibung nur mittels mathematischer Formulierungen erfolgen kann. Benutzer, denen es mehr auf unmittelbare Anwendungen (z.B. Test, Schätzungen) ankommt, finden die jeweiligen Verfahren und Formeln weitgehend gebrauchsfertig bereitgestellt."
Weiterbildungszentrum Mathematische Kybernetik und Rechentechnik (seit 1970)
Das Weiterbildungszentrum Mathematische Kybernetik und Rechentechnik (MKR) führte seit ca. 1970 bis etwa 1989 Lehrgänge für Industrieanwender zu rechentechnischen Fragen durch und sorgte für die Bekanntmachung aktueller Forschungsergebnisse durch Seminare (u.a. durch Herrn Schipke und Herrn Brachold), Tagungen und Veröffentlichungen. Dazu gehörten z.B. auch die Zusammenstellung von Bibliographien zu mathematischen Themen, die in den Fokus der Anwendung rechentechnischer Methoden rückten (als Beispiel ist hier die Titelseite von Heft 10/74 zu sehen).
Werkstatt für den Bau elektronisch gesteuerter Ziffernrechenmaschinen (N. J. Lehmann, seit 1955)
Als eine Besonderheit an unserer Fachrichtung ist 1955 der Aufbau einer fachrichtungs-eigenen Werkstatt für den Bau elektronisch gesteuerter Ziffernrechenmaschinen unter der Leitung von N. J. Lehmann zu nennen. In ihr waren Mechaniker und Elektroniker tätig, die die Aufgabe hatten, die vorhandene Technik zu warten und neue Rechenmaschinen zu konstruieren. In dieser Werkstatt erfolgte der Nachbau einer funktionsfähigen Leibniz-Rechenmaschine (Foto, siehe auch Glossareintrag Leibniz-Rechenmaschine). Eine Beschreibung ist auf den Seiten 27-31 in der Würdigung von Prof. Manfred Ludwig, 2011, zu finden: Das Leben und Wirken von Prof. N. J. Lehmann - Zum 90. Geburtstag.
ZAMM - Zeitschrift für Angewandte Mathematik und Mechanik (seit 1921)
Die Zeitschrift wurde 1921 von R. v. Mises, einem Pionier anwendungsorientierter Mathematik (Strömungsmechanik, Wahrscheinlichkeitstheorie), in Berlin gegründet. Nach der Emigration von v. Mises im Jahr 1934 übernahm E. I. Trefftz (TH Dresden) bis zu seinem Tod 1937 die Redaktion. Im Anschluss daran übernahm F. A. Willers die Herausgabe der Zeitschrift und nahm diese Aufgabe für 22 Jahre mit äußerster Gewissenhaftigkeit bis zum Jahr 1959 wahr. Die Zeitschrift für Angewandte Mathematik und Mechanik (ZAMM), die als erste deutsche mathematische Zeitschrift ab 1947 wieder erschien, ermöglichte den Professoren der Anfangsjahre 1946-1960 schnell wieder den Anschluss an das internationale Niveau zu finden. Danach übernahm Helmut Heinrich 1959 die Herausgabe der Zeitschrift und nutzte die Chance, eine Vielzahl von Zeitschriften die im "westlichen Ausland" herausgegeben wurden, gegen eine entsprechende Anzahl von Exemplaren der ZAMM (die in der DDR gedruckt wurde) "einzutauschen".
Im Jahr 1970 endete die "Dresdner Zeit" der Herausgabe der ZAMM.