Kolloquium zur HPC-Systemeinweihung 2024
23. April 2024, 16:00 Uhr - 17:30 Uhr, Andreas-Pfitzmann-Bau
Das wissenschaftliche Kolloquium zu unserer HPC-Cluster-Einweihung lässt Wissenschaftler:innen zu Wort kommen, deren Forschung durch die Nutzung von Hochleistungsrechnern ermöglicht bzw. befördert wird.
Wie uns Supercomputer bei der Energiewende helfen
Prof. Dr. Thomas D. Kühne, Center for Advanced Systems Understanding – CASUS, Görlitz
Die Entwicklung von aus umweltfreundlichen Materialien bestehenden Systemen ist eine wesentliche Voraussetzung für ein grüneres Wirtschaftssystem. Schrittweise Verbesserungen in der Materialentwicklung werden nicht ausreichen. Vielmehr muss eine aktive Erkundung vollkommen neuer Materialien beginnen. In dieser Hinsicht kann datengesteuertes Materialdesign die Entwicklung neuartiger Materialien beschleunigen. Hierbei sind Höchstleistungsrechner bzw. Supercomputer und die clevere Nutzung dieser mithilfe neuer Algorithmen und besserer Hardware-Software-Architekturen immens wichtige Werkzeuge.
Die CASUS-Forschung konzentriert sich auf topologische Materialien (TM), weil sie eine einzigartige elektronische Struktur aufweisen. TMs sind potenzielle Kandidaten für Anwendungen in der Mikroelektronik, Katalyse, Thermoelektrik und für neue magnetische Speichermedien u.a..
Das CASUS-Team hat erfolgreich ein virtuelles Materialscreening eingesetzt, um TM zu identifizieren, die als Photokatalysatoren verwendet werden könnten und untersucht diese Materialien derzeit gemeinsam mit experimentell arbeitenden Wissenschaftler:innen. Die photokatalytische Wasserspaltung ist von der natürlichen Photosynthese inspiriert, bei der Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff – eine dringend benötigte grüne Energiequelle – gespalten wird. Mehrere Einschränkungen behindern jedoch einen erfolgreichen Übergang vom Labor in die Wirtschaft. Die CASUS-Forschung befasst sich mit diesen und anderen Einschränkungen dieser Technologie. So werden am CASUS Supercomputer und Techniken des maschinellen Lernens eingesetzt, um sowohl die Struktur als auch die Struktur-Eigenschafts-Beziehung dieser neuen Materialien vorherzusagen.
Thomas D. Kühne studierte Informatik sowie rechnergestützte Wissenschaften An der ETH Zürich und promovierte im Jahr 2008 im Bereich Theoretischer Physik. Anschließend arbeitete er für ein Jahr als Postdoktorand an der Harvard University. Seine bisherige Forschung konzentriert sich vor allem auf die Untersuchung komplexer Systeme in kondensierten Phasen mit Hilfe rechnergestützter Methoden, insbesondere wässriger Systeme, wie Wassergrenzflächen oder biologisch relevanter Reaktionen in Wasserlösungen. Seit 2010 war Thomas D. Kühne Juniorprofessor für Theoretische Chemie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, bis er 2014 die Professur für Theoretische Grenzflächenchemie der Universität Paderborn übernahm. Seit September 2018 hat Thomas D. Kühne dort den Lehrstuhl für Theoretische Chemie inne.
Astrometrie mit Gaia: Entschlüsselung des kosmischen Tanzes
Prof. Dr. Sergei A. Klioner, Lohrmann-Observatorium und Institut für planetare Geodäsie, TU Dresden
Gaia ist ein spezielles astrometrisches Weltraumteleskop der europäischen Raumfahrtagentur ESA, welches 2013 gestartet wurde. Gaia vermisst 3-dimensionale Positionen und 3-dimensionale Geschwindigkeiten von ca. zwei Milliarden Sternen, Galaxien, Quasaren und Objekten des Sonnensystems. Die Ergebnisse von Gaia werden als eine wissenschaftliche Revolution in der Astronomie angesehen und wurden bisher in ca. 10.000 referierten Publikationen benutzt. Die Datenverarbeitung von Gaia stellt eine der größten Berechnungen in der Geschichte der Astronomie dar. Die Benutzung von HPC-Anlagen der TU Dresden hat zu dem Erfolg des Projektes maßgebend beigetragen.
Sergei A. Klioner studierte Astronomie und Himmelsmechanik nachdem er 1991 in diesem Fachbereich promovierte. Sein Hauptforschungsinteresse gilt der Weltraum-Astrometrie, der Himmelsmechanik, der allgemeine Relativitätstheorie und metrische Gravitationstheorien sowie der Computeralgebra. Seit 2004 trat er eine Stelle als Privatdozent an der Technischen Universität Dresden an. Seit 2000 arbeitet Prof. Dr. Sergei A. Klioner für das ESA Weltraumprojekt Gaia und ist seit 2007 Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats dieses Projekts.
Beyond the Scalpel: Revolutionizing Surgery with AI and Robotics
Prof.in Dr. Stefanie Speidel, Nationales Centrum für Tumorerkrankungen Dresden, TU Dresden
Die Chirurgie als Hightech-Disziplin hat sich in den letzten Jahrzehnten rasant weiterentwickelt. Neue technologische Innovationen im Krankenhaus, insbesondere moderne Operationssäle mit digitalen Geräten und Robotern, generieren große Datenmengen, die ein enormes Potenzial für eine Verbesserung der Operation darstellen. Die effiziente Nutzung dieser Daten während der Operation, einem komplexen und zeitkritischen Prozess, hängt jedoch weiterhin stark von der Erfahrung des OP-Personals ab. Der Vortrag gibt Einblicke in das Thema KI-gestützte Chirurgie und gibt zahlreiche Beispiele zur Optimierung der Therapie entlang des chirurgischen Behandlungspfads. Ziel ist es, mittels Künstlicher Intelligenz (KI) die Zusammenarbeit zwischen Chirurg:innen und cyberphysikalischen Systemen zu verbessern, chirurgische Skills durch Quantifizierung von Expertise zu demokratisieren und für Maschinen zugänglich zu machen.
Stefanie Speidel studierte an der Universität Karlsruhe (TU) sowie am Royal Institute of Technology Stockholm (Schweden). Sie forschte als Postdoktorandin an der Universität Heidelberg und leitete seit 2012 eine eigene Nachwuchsgruppe, „Computer-assisted Surgery“, am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Stefanie Speidel konnte bereits eine Reihe wissenschaftlicher Auszeichnungen sammeln, darunter den Technology Award der European Association for Endoscopic Surgery (2007), den Maria Gräfin von Linden Preis (2011) und ein Margarete-von-Wrangell-Fellowship (2011). Zweimal wurde sie außerdem für hervorragende Lehre ausgezeichnet. Seit 2017 ist Prof. Stefanie Speidel Professorin für Translationale Chirurgische Onkologie am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC). Ihr Forschungsinteresse gilt intelligenten Assistenzsystemen für den Operationssaal.